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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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andern Schulbuben über mein Abentheuer
noch ausgelacht zu werden. Niemand hatte
Mitleid mit meinem Unstern; ausgenommen
ein einziges gutherziges Mädchen, die älteste
Tochter des Kaufmanns, Herrn Seeland.
(Wenn ich mich recht entsinne, nannte man
sie Dörtchen) Dörtchen also steckte mir den
letzten Abend, mit Thränen in den Augen,
ihre Semmel zu; konnt' es aber nicht so
heimlich abthun, daß es nicht von den An-
dern wäre gesehen und verrathen worden.
Die Semmel ward mir vom Lehrer wieder
abgenommen und confiscirt. Jch weinte;
sie weinte; Herr Schütz selbst konnte sich
dessen nicht erwehren. Jch bekam meine
Semmel zurück: aber bloß -- wie er hin-
zusetzte -- um das gute Kind zu beruhi-
gen. -- Jch habe nachher, im Jahre 1782
(Also nach Verlauf von 34 Jahren!) die
Freude gehabt, dieses nemliche Dörtchen
Seeland in Memel wieder anzutreffen.
Jhre Eltern waren in ihrem Wohlstande
zurückgekommen, den sie damals durch eine
Auswanderung nach Rußland zu verbessern
hofften. Jch hatte jene Semmel noch nicht
vergessen; und es hat mir wohlgethan, sie
einigermaaßen vergelten zu können.

Endlich, da ich etwa eilf Jahre alt seyn
mochte, sollte es, zu meiner unsäglichen

andern Schulbuben uͤber mein Abentheuer
noch ausgelacht zu werden. Niemand hatte
Mitleid mit meinem Unſtern; ausgenommen
ein einziges gutherziges Maͤdchen, die aͤlteſte
Tochter des Kaufmanns, Herrn Seeland.
(Wenn ich mich recht entſinne, nannte man
ſie Doͤrtchen) Doͤrtchen alſo ſteckte mir den
letzten Abend, mit Thraͤnen in den Augen,
ihre Semmel zu; konnt’ es aber nicht ſo
heimlich abthun, daß es nicht von den An-
dern waͤre geſehen und verrathen worden.
Die Semmel ward mir vom Lehrer wieder
abgenommen und confiſcirt. Jch weinte;
ſie weinte; Herr Schuͤtz ſelbſt konnte ſich
deſſen nicht erwehren. Jch bekam meine
Semmel zuruͤck: aber bloß — wie er hin-
zuſetzte — um das gute Kind zu beruhi-
gen. — Jch habe nachher, im Jahre 1782
(Alſo nach Verlauf von 34 Jahren!) die
Freude gehabt, dieſes nemliche Doͤrtchen
Seeland in Memel wieder anzutreffen.
Jhre Eltern waren in ihrem Wohlſtande
zuruͤckgekommen, den ſie damals durch eine
Auswanderung nach Rußland zu verbeſſern
hofften. Jch hatte jene Semmel noch nicht
vergeſſen; und es hat mir wohlgethan, ſie
einigermaaßen vergelten zu koͤnnen.

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mochte, ſollte es, zu meiner unſaͤglichen

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[18/0034] andern Schulbuben uͤber mein Abentheuer noch ausgelacht zu werden. Niemand hatte Mitleid mit meinem Unſtern; ausgenommen ein einziges gutherziges Maͤdchen, die aͤlteſte Tochter des Kaufmanns, Herrn Seeland. (Wenn ich mich recht entſinne, nannte man ſie Doͤrtchen) Doͤrtchen alſo ſteckte mir den letzten Abend, mit Thraͤnen in den Augen, ihre Semmel zu; konnt’ es aber nicht ſo heimlich abthun, daß es nicht von den An- dern waͤre geſehen und verrathen worden. Die Semmel ward mir vom Lehrer wieder abgenommen und confiſcirt. Jch weinte; ſie weinte; Herr Schuͤtz ſelbſt konnte ſich deſſen nicht erwehren. Jch bekam meine Semmel zuruͤck: aber bloß — wie er hin- zuſetzte — um das gute Kind zu beruhi- gen. — Jch habe nachher, im Jahre 1782 (Alſo nach Verlauf von 34 Jahren!) die Freude gehabt, dieſes nemliche Doͤrtchen Seeland in Memel wieder anzutreffen. Jhre Eltern waren in ihrem Wohlſtande zuruͤckgekommen, den ſie damals durch eine Auswanderung nach Rußland zu verbeſſern hofften. Jch hatte jene Semmel noch nicht vergeſſen; und es hat mir wohlgethan, ſie einigermaaßen vergelten zu koͤnnen. Endlich, da ich etwa eilf Jahre alt ſeyn mochte, ſollte es, zu meiner unſaͤglichen

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/34>, abgerufen am 23.11.2024.