meynte ich wirklich, er sey toll geworden; sobald ich jedoch seine wahre Meynung ahn- dete, den Muth und die Geistesgegenwart seiner Schiffsmannschaft auf die Probe zu setzen, so schrie ich tapfer mit: "Feuer! Steuerbord Feuer!" und es gab einen Lärm am Borde, der hinten und vorn und aus allen Winkeln gräßlich zusammendröhnte.
Da nun auch schon seit einiger Zeit unsre Kanonen, mit Kugeln geladen, bereit standen, so währte es auch keine drei Minuten, daß die ganze volle Lage gegen den eingebildeten Korsaren abgefeuert wurde. Sofort hieß es: "Schiff gewendet!" und als dies im Nu geschehen war: "Feuer! Vom Backbord Feuer! Am Steuerbord geladen! -- Wieder wenden! Vom Steuerbord Feuer! Am Backbord ge- laden!" -- und so lustig fort, bis der Kon- stabler zu mir herantrat, um zu melden, daß das Oxhoft voll Kartuschen glücklich in die Juft verplatzt sey. Jch brachte die Meldung an den Kapitain, und "Gut!" sagte dieser -- "Nun laß die Maroccaner nur kommen!"
"Aber" -- unterbrach er sich plötzlich -- "Entern -- entern wollen die Hunde! Die sollen sich bei uns die Nasen verbrennen! Halloh! Allmann auf seinen Posten!" -- Flugs traten, angewiesener Maassen, 40 Mann auf dem halben Deck zusammen; Jeder ergriff sein geladenes Gewehr aus der dort in Be-
meynte ich wirklich, er ſey toll geworden; ſobald ich jedoch ſeine wahre Meynung ahn- dete, den Muth und die Geiſtesgegenwart ſeiner Schiffsmannſchaft auf die Probe zu ſetzen, ſo ſchrie ich tapfer mit: „Feuer! Steuerbord Feuer!‟ und es gab einen Laͤrm am Borde, der hinten und vorn und aus allen Winkeln graͤßlich zuſammendroͤhnte.
Da nun auch ſchon ſeit einiger Zeit unſre Kanonen, mit Kugeln geladen, bereit ſtanden, ſo waͤhrte es auch keine drei Minuten, daß die ganze volle Lage gegen den eingebildeten Korſaren abgefeuert wurde. Sofort hieß es: „Schiff gewendet!‟ und als dies im Nu geſchehen war: „Feuer! Vom Backbord Feuer! Am Steuerbord geladen! — Wieder wenden! Vom Steuerbord Feuer! Am Backbord ge- laden!‟ — und ſo luſtig fort, bis der Kon- ſtabler zu mir herantrat, um zu melden, daß das Oxhoft voll Kartuſchen gluͤcklich in die Juft verplatzt ſey. Jch brachte die Meldung an den Kapitain, und „Gut!‟ ſagte dieſer — „Nun laß die Maroccaner nur kommen!‟
„Aber‟ — unterbrach er ſich ploͤtzlich — „Entern — entern wollen die Hunde! Die ſollen ſich bei uns die Naſen verbrennen! Halloh! Allmañ auf ſeinen Poſten!‟ — Flugs traten, angewieſener Maaſſen, 40 Mann auf dem halben Deck zuſammen; Jeder ergriff ſein geladenes Gewehr aus der dort in Be-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0267"n="251"/>
meynte ich wirklich, er ſey toll geworden;<lb/>ſobald ich jedoch ſeine wahre Meynung ahn-<lb/>
dete, den Muth und die Geiſtesgegenwart<lb/>ſeiner Schiffsmannſchaft auf die Probe zu<lb/>ſetzen, ſo ſchrie ich tapfer mit: „Feuer!<lb/>
Steuerbord Feuer!‟ und es gab einen Laͤrm<lb/>
am Borde, der hinten und vorn und aus<lb/>
allen Winkeln graͤßlich zuſammendroͤhnte.</p><lb/><p>Da nun auch ſchon ſeit einiger Zeit unſre<lb/>
Kanonen, mit Kugeln geladen, bereit ſtanden,<lb/>ſo waͤhrte es auch keine drei Minuten, daß<lb/>
die ganze volle Lage gegen den eingebildeten<lb/>
Korſaren abgefeuert wurde. Sofort hieß es:<lb/>„Schiff gewendet!‟ und als dies im Nu<lb/>
geſchehen war: „Feuer! Vom Backbord Feuer!<lb/>
Am Steuerbord geladen! — Wieder wenden!<lb/>
Vom Steuerbord Feuer! Am Backbord ge-<lb/>
laden!‟— und ſo luſtig fort, bis der Kon-<lb/>ſtabler zu mir herantrat, um zu melden, daß<lb/>
das Oxhoft voll Kartuſchen gluͤcklich in die Juft<lb/>
verplatzt ſey. Jch brachte die Meldung an den<lb/>
Kapitain, und „Gut!‟ſagte dieſer —„Nun<lb/>
laß die Maroccaner nur kommen!‟</p><lb/><p>„Aber‟— unterbrach er ſich ploͤtzlich —<lb/>„Entern —<hirendition="#g">entern</hi> wollen die Hunde! Die<lb/>ſollen ſich bei uns die Naſen verbrennen!<lb/>
Halloh! Allmañ auf ſeinen Poſten!‟— Flugs<lb/>
traten, angewieſener Maaſſen, 40 Mann auf<lb/>
dem halben Deck zuſammen; Jeder ergriff<lb/>ſein geladenes Gewehr aus der dort in Be-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[251/0267]
meynte ich wirklich, er ſey toll geworden;
ſobald ich jedoch ſeine wahre Meynung ahn-
dete, den Muth und die Geiſtesgegenwart
ſeiner Schiffsmannſchaft auf die Probe zu
ſetzen, ſo ſchrie ich tapfer mit: „Feuer!
Steuerbord Feuer!‟ und es gab einen Laͤrm
am Borde, der hinten und vorn und aus
allen Winkeln graͤßlich zuſammendroͤhnte.
Da nun auch ſchon ſeit einiger Zeit unſre
Kanonen, mit Kugeln geladen, bereit ſtanden,
ſo waͤhrte es auch keine drei Minuten, daß
die ganze volle Lage gegen den eingebildeten
Korſaren abgefeuert wurde. Sofort hieß es:
„Schiff gewendet!‟ und als dies im Nu
geſchehen war: „Feuer! Vom Backbord Feuer!
Am Steuerbord geladen! — Wieder wenden!
Vom Steuerbord Feuer! Am Backbord ge-
laden!‟ — und ſo luſtig fort, bis der Kon-
ſtabler zu mir herantrat, um zu melden, daß
das Oxhoft voll Kartuſchen gluͤcklich in die Juft
verplatzt ſey. Jch brachte die Meldung an den
Kapitain, und „Gut!‟ ſagte dieſer — „Nun
laß die Maroccaner nur kommen!‟
„Aber‟ — unterbrach er ſich ploͤtzlich —
„Entern — entern wollen die Hunde! Die
ſollen ſich bei uns die Naſen verbrennen!
Halloh! Allmañ auf ſeinen Poſten!‟ — Flugs
traten, angewieſener Maaſſen, 40 Mann auf
dem halben Deck zuſammen; Jeder ergriff
ſein geladenes Gewehr aus der dort in Be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/267>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.