nenhöhe zugegen zu seyn, um den Stand des Schiffs nach Länge und Breite in das Schiffstagebuch einzutragen.
Solchergestalt kam ich (nachdem Kapitain Harmelin mir schon früher aufgegeben hatte, von unserm Konstabler ein Faß halbgefüllter Kartuschen anfertigen zu lassen) einst in dieser Zeit des Morgens zu ihm in die Ka- jüte, um meinen nächtlichen Rapport abzu- statten, und verwunderte mich nicht wenig, als ich ihn am Tische, den Kopf auf beiden Händen liegend, wie im tiefen Traume sitzen sah; -- übrigens nackt und bloß, bis auf ein paar linnene Hosen und das Hemde, das an beiden Armen bis hoch an die Achseln hin- auf aufgestreift und mit rothen Tüchern fest- gebunden war. Das gelockte Haar hieng ihm rings um den Kopf auf den Tisch hinab, und vor ihm auf demselben lag ein blanker Schiffshauer.
Wie wild und furchtbar er mir in die- sem Aufzuge auch erschien, so fing ich doch an zu lachen; und eben wollt' ich fragen, was diese Maskerade zu bedeuten habe, als er mich martialisch anblickte, den Säbel er- griff, aufsprang, an mir vorbei eilte und, indem er auf's Verdeck stürzte, aus vollem Halse schrie: "Ho, da der Feind! Ho, da der Feind! "-- Feuer! Vom Steuerbord Feuer!" -- Jn der ersten Ueberraschung
nenhoͤhe zugegen zu ſeyn, um den Stand des Schiffs nach Laͤnge und Breite in das Schiffstagebuch einzutragen.
Solchergeſtalt kam ich (nachdem Kapitain Harmelin mir ſchon fruͤher aufgegeben hatte, von unſerm Konſtabler ein Faß halbgefuͤllter Kartuſchen anfertigen zu laſſen) einſt in dieſer Zeit des Morgens zu ihm in die Ka- juͤte, um meinen naͤchtlichen Rapport abzu- ſtatten, und verwunderte mich nicht wenig, als ich ihn am Tiſche, den Kopf auf beiden Haͤnden liegend, wie im tiefen Traume ſitzen ſah; — uͤbrigens nackt und bloß, bis auf ein paar linnene Hoſen und das Hemde, das an beiden Armen bis hoch an die Achſeln hin- auf aufgeſtreift und mit rothen Tuͤchern feſt- gebunden war. Das gelockte Haar hieng ihm rings um den Kopf auf den Tiſch hinab, und vor ihm auf demſelben lag ein blanker Schiffshauer.
Wie wild und furchtbar er mir in die- ſem Aufzuge auch erſchien, ſo fing ich doch an zu lachen; und eben wollt’ ich fragen, was dieſe Maskerade zu bedeuten habe, als er mich martialiſch anblickte, den Saͤbel er- griff, aufſprang, an mir vorbei eilte und, indem er auf’s Verdeck ſtuͤrzte, aus vollem Halſe ſchrie: „Ho, da der Feind! Ho, da der Feind! „— Feuer! Vom Steuerbord Feuer!‟ — Jn der erſten Ueberraſchung
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nenhoͤhe zugegen zu ſeyn, um den Stand
des Schiffs nach Laͤnge und Breite in das
Schiffstagebuch einzutragen.
Solchergeſtalt kam ich (nachdem Kapitain
Harmelin mir ſchon fruͤher aufgegeben hatte,
von unſerm Konſtabler ein Faß halbgefuͤllter
Kartuſchen anfertigen zu laſſen) einſt in
dieſer Zeit des Morgens zu ihm in die Ka-
juͤte, um meinen naͤchtlichen Rapport abzu-
ſtatten, und verwunderte mich nicht wenig,
als ich ihn am Tiſche, den Kopf auf beiden
Haͤnden liegend, wie im tiefen Traume ſitzen
ſah; — uͤbrigens nackt und bloß, bis auf ein
paar linnene Hoſen und das Hemde, das an
beiden Armen bis hoch an die Achſeln hin-
auf aufgeſtreift und mit rothen Tuͤchern feſt-
gebunden war. Das gelockte Haar hieng
ihm rings um den Kopf auf den Tiſch hinab,
und vor ihm auf demſelben lag ein blanker
Schiffshauer.
Wie wild und furchtbar er mir in die-
ſem Aufzuge auch erſchien, ſo fing ich doch
an zu lachen; und eben wollt’ ich fragen,
was dieſe Maskerade zu bedeuten habe, als
er mich martialiſch anblickte, den Saͤbel er-
griff, aufſprang, an mir vorbei eilte und,
indem er auf’s Verdeck ſtuͤrzte, aus vollem
Halſe ſchrie: „Ho, da der Feind! Ho, da
der Feind! „— Feuer! Vom Steuerbord
Feuer!‟ — Jn der erſten Ueberraſchung
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/266>, abgerufen am 17.07.2024.
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