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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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wie Amsterdam, sollte für keine Prämie, hoch
oder niedrig, eine mäßige Assekuranz zu be-
schaffen gewesen seyn? Oder wenn in Holland
kein Mensch sein Geld an eine so geringe
Gefahr hätte setzen wollen, stand dann meinen
Beauftragten nicht Hamburg, Copenhagen,
oder London, oder jeder andre Handelsort
frei und offen? -- Allein es war klar, (und
in diesem Urtheil hatt' ich alle Sachverstän-
digen auf meiner Seite) daß die feinen Her-
ren es für zuträglicher gehalten hatten, die
Assekuranz gar nicht auszubieten, sondern es
immerhin im Vertrauen auf meine Tüchtig-
keit und die anderweitigen günstigen Umstände
zu wagen. Lief die Fahrt glücklich ab, wie
zu hoffen war, so würden sie nicht vergessen
haben, mir die Assekuranz-Prämie gehörig
anzurechnen: nun aber, da ich Havarey hatte,
entschuldigten sie sich als Schurken; wie es
auch die Folge sattsam erwiesen hat.

Was war nun zu thun? -- Jch saß
in der Klemme, und mußte abermals auf
Schiff und Ladung Bodmerey zeichnen. Jn-
deß erhielt es mich noch einigermaassen bei
gutem Muthe, daß ich der gewissen Hoff-
nung lebte, das saubre Paar seiner Schelme-
rei zu überweisen, und so wieder zu dem
Meinigen zu gelangen. Jch gieng also wie-
der in See und langte bald darauf glücklich
in Königsberg an. Kaum aber hatt' ich

wie Amſterdam, ſollte fuͤr keine Praͤmie, hoch
oder niedrig, eine maͤßige Aſſekuranz zu be-
ſchaffen geweſen ſeyn? Oder wenn in Holland
kein Menſch ſein Geld an eine ſo geringe
Gefahr haͤtte ſetzen wollen, ſtand dann meinen
Beauftragten nicht Hamburg, Copenhagen,
oder London, oder jeder andre Handelsort
frei und offen? — Allein es war klar, (und
in dieſem Urtheil hatt’ ich alle Sachverſtaͤn-
digen auf meiner Seite) daß die feinen Her-
ren es fuͤr zutraͤglicher gehalten hatten, die
Aſſekuranz gar nicht auszubieten, ſondern es
immerhin im Vertrauen auf meine Tuͤchtig-
keit und die anderweitigen guͤnſtigen Umſtaͤnde
zu wagen. Lief die Fahrt gluͤcklich ab, wie
zu hoffen war, ſo wuͤrden ſie nicht vergeſſen
haben, mir die Aſſekuranz-Praͤmie gehoͤrig
anzurechnen: nun aber, da ich Havarey hatte,
entſchuldigten ſie ſich als Schurken; wie es
auch die Folge ſattſam erwieſen hat.

Was war nun zu thun? — Jch ſaß
in der Klemme, und mußte abermals auf
Schiff und Ladung Bodmerey zeichnen. Jn-
deß erhielt es mich noch einigermaaſſen bei
gutem Muthe, daß ich der gewiſſen Hoff-
nung lebte, das ſaubre Paar ſeiner Schelme-
rei zu uͤberweiſen, und ſo wieder zu dem
Meinigen zu gelangen. Jch gieng alſo wie-
der in See und langte bald darauf gluͤcklich
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[234/0250] wie Amſterdam, ſollte fuͤr keine Praͤmie, hoch oder niedrig, eine maͤßige Aſſekuranz zu be- ſchaffen geweſen ſeyn? Oder wenn in Holland kein Menſch ſein Geld an eine ſo geringe Gefahr haͤtte ſetzen wollen, ſtand dann meinen Beauftragten nicht Hamburg, Copenhagen, oder London, oder jeder andre Handelsort frei und offen? — Allein es war klar, (und in dieſem Urtheil hatt’ ich alle Sachverſtaͤn- digen auf meiner Seite) daß die feinen Her- ren es fuͤr zutraͤglicher gehalten hatten, die Aſſekuranz gar nicht auszubieten, ſondern es immerhin im Vertrauen auf meine Tuͤchtig- keit und die anderweitigen guͤnſtigen Umſtaͤnde zu wagen. Lief die Fahrt gluͤcklich ab, wie zu hoffen war, ſo wuͤrden ſie nicht vergeſſen haben, mir die Aſſekuranz-Praͤmie gehoͤrig anzurechnen: nun aber, da ich Havarey hatte, entſchuldigten ſie ſich als Schurken; wie es auch die Folge ſattſam erwieſen hat. Was war nun zu thun? — Jch ſaß in der Klemme, und mußte abermals auf Schiff und Ladung Bodmerey zeichnen. Jn- deß erhielt es mich noch einigermaaſſen bei gutem Muthe, daß ich der gewiſſen Hoff- nung lebte, das ſaubre Paar ſeiner Schelme- rei zu uͤberweiſen, und ſo wieder zu dem Meinigen zu gelangen. Jch gieng alſo wie- der in See und langte bald darauf gluͤcklich in Koͤnigsberg an. Kaum aber hatt’ ich

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/250>, abgerufen am 27.11.2024.