Auge davon; behielt mein Schiff, als freies Eigenthum, unter den Füßen und konnte damit fahren nach Lust und Belieben, um meine Scharte wieder auszuwetzen. Letzteres beschloß ich denn auch auf der Stelle, indem ich mir vornahm, mit Ballast nach Noir- moutiers abzugehen, dort eine Ladung Salz für eigne Rechnung einzunehmen und hier- nächst in Königsberg loszuschlagen. Zum Ankauf jener Waare wollten mir meine Am- sterdammer, Correspondenten, die schon ge- nannten Herren Kock und van Goens, gegen Bodmerey auf Schiff und Ladung, die Gelder in Frankreich formiren.
Ehe ich jedoch zum Werk schreiten konnte, hatte ich zuvor noch reine Rechnung mit meinem Schiffsvolk zu machen, welches, ausser dem neuhinzugekommenen Steuermann und einem Jungen, aus sechs Matrosen bestand. Dies verwilderte Gezücht hatte nicht minder gottlos gelebt und hausgehalten, als der nichtsnutzige Schiffer selbst; und weil auch er in keinen reinen Schuhen steckte, hatt' er's ihnen nicht abschlagen dürfen, während der Reise Vorschuß über Vorschuß an sie zu zahlen. Dabei waren auch hierinn seine Pa- piere so confuse, daß ich darnach den eigent- lichen Betrag ihrer aufgenommenen Gelder auf keine Weise ausmitteln konnte. Auf jeden Fall aber waren sie so beträchtlich, daß
Auge davon; behielt mein Schiff, als freies Eigenthum, unter den Fuͤßen und konnte damit fahren nach Luſt und Belieben, um meine Scharte wieder auszuwetzen. Letzteres beſchloß ich denn auch auf der Stelle, indem ich mir vornahm, mit Ballaſt nach Noir- moutiers abzugehen, dort eine Ladung Salz fuͤr eigne Rechnung einzunehmen und hier- naͤchſt in Koͤnigsberg loszuſchlagen. Zum Ankauf jener Waare wollten mir meine Am- ſterdammer, Correſpondenten, die ſchon ge- nannten Herren Kock und van Goens, gegen Bodmerey auf Schiff und Ladung, die Gelder in Frankreich formiren.
Ehe ich jedoch zum Werk ſchreiten konnte, hatte ich zuvor noch reine Rechnung mit meinem Schiffsvolk zu machen, welches, auſſer dem neuhinzugekommenen Steuermann und einem Jungen, aus ſechs Matroſen beſtand. Dies verwilderte Gezuͤcht hatte nicht minder gottlos gelebt und hausgehalten, als der nichtsnutzige Schiffer ſelbſt; und weil auch er in keinen reinen Schuhen ſteckte, hatt’ er’s ihnen nicht abſchlagen duͤrfen, waͤhrend der Reiſe Vorſchuß uͤber Vorſchuß an ſie zu zahlen. Dabei waren auch hierinn ſeine Pa- piere ſo confuſe, daß ich darnach den eigent- lichen Betrag ihrer aufgenommenen Gelder auf keine Weiſe ausmitteln konnte. Auf jeden Fall aber waren ſie ſo betraͤchtlich, daß
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0226"n="210"/>
Auge davon; behielt mein Schiff, als freies<lb/>
Eigenthum, unter den Fuͤßen und konnte<lb/>
damit fahren nach Luſt und Belieben, um<lb/>
meine Scharte wieder auszuwetzen. Letzteres<lb/>
beſchloß ich denn auch auf der Stelle, indem<lb/>
ich mir vornahm, mit Ballaſt nach Noir-<lb/>
moutiers abzugehen, dort eine Ladung Salz<lb/>
fuͤr eigne Rechnung einzunehmen und hier-<lb/>
naͤchſt in Koͤnigsberg loszuſchlagen. Zum<lb/>
Ankauf jener Waare wollten mir meine Am-<lb/>ſterdammer, Correſpondenten, die ſchon ge-<lb/>
nannten Herren Kock und van Goens, gegen<lb/>
Bodmerey auf Schiff und Ladung, die Gelder<lb/>
in Frankreich formiren.</p><lb/><p>Ehe ich jedoch zum Werk ſchreiten konnte,<lb/>
hatte ich zuvor noch reine Rechnung mit<lb/>
meinem Schiffsvolk zu machen, welches, auſſer<lb/>
dem neuhinzugekommenen Steuermann und<lb/>
einem Jungen, aus ſechs Matroſen beſtand.<lb/>
Dies verwilderte Gezuͤcht hatte nicht minder<lb/>
gottlos gelebt und hausgehalten, als der<lb/>
nichtsnutzige Schiffer ſelbſt; und weil auch<lb/><hirendition="#g">er</hi> in keinen reinen Schuhen ſteckte, hatt’<lb/>
er’s ihnen nicht abſchlagen duͤrfen, waͤhrend<lb/>
der Reiſe Vorſchuß uͤber Vorſchuß an ſie zu<lb/>
zahlen. Dabei waren auch hierinn ſeine Pa-<lb/>
piere ſo confuſe, daß ich darnach den eigent-<lb/>
lichen Betrag ihrer aufgenommenen Gelder<lb/>
auf keine Weiſe ausmitteln konnte. Auf<lb/>
jeden Fall aber waren ſie ſo betraͤchtlich, daß<lb/></p></div></body></text></TEI>
[210/0226]
Auge davon; behielt mein Schiff, als freies
Eigenthum, unter den Fuͤßen und konnte
damit fahren nach Luſt und Belieben, um
meine Scharte wieder auszuwetzen. Letzteres
beſchloß ich denn auch auf der Stelle, indem
ich mir vornahm, mit Ballaſt nach Noir-
moutiers abzugehen, dort eine Ladung Salz
fuͤr eigne Rechnung einzunehmen und hier-
naͤchſt in Koͤnigsberg loszuſchlagen. Zum
Ankauf jener Waare wollten mir meine Am-
ſterdammer, Correſpondenten, die ſchon ge-
nannten Herren Kock und van Goens, gegen
Bodmerey auf Schiff und Ladung, die Gelder
in Frankreich formiren.
Ehe ich jedoch zum Werk ſchreiten konnte,
hatte ich zuvor noch reine Rechnung mit
meinem Schiffsvolk zu machen, welches, auſſer
dem neuhinzugekommenen Steuermann und
einem Jungen, aus ſechs Matroſen beſtand.
Dies verwilderte Gezuͤcht hatte nicht minder
gottlos gelebt und hausgehalten, als der
nichtsnutzige Schiffer ſelbſt; und weil auch
er in keinen reinen Schuhen ſteckte, hatt’
er’s ihnen nicht abſchlagen duͤrfen, waͤhrend
der Reiſe Vorſchuß uͤber Vorſchuß an ſie zu
zahlen. Dabei waren auch hierinn ſeine Pa-
piere ſo confuſe, daß ich darnach den eigent-
lichen Betrag ihrer aufgenommenen Gelder
auf keine Weiſe ausmitteln konnte. Auf
jeden Fall aber waren ſie ſo betraͤchtlich, daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/226>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.