"Frauchen!" sagte ich bei meiner Wie- derkehr -- "Das sieht betrübt mit Jhrem Eigenthum aus! -- Jch fürchte, Sie kriegt in Jhrem Leben keine Faser wieder davon zu sehen. So und so ist mir's damit gegangen." -- Die Unglückliche weinte und seufzte. Jndeß schleppten wir noch einen schweren Kleider- kasten an und in's Boot, und was sie noch von Geräthschaften geborgen hatte. Sie selbst trug ich, trotz ihrer Wohlbeleibtheit, indem ich bis an den halben Leib durch's Wasser watete, gut oder übel ebenfalls hinein, und fuhr ab. Unterweges gewann sie wieder etwas Muth und Redseligkeit. Sie nannte mir ihres Mannes Namen, (den ich aber wieder vergessen habe) und daß er ein Brannt- weinbrenner gewesen, sammt ihren andern häuslichen Umständen. Die ganze Brandge- schichte, vom ersten Feuerlärm an, und ihren Schreck, und was sie und ihre Nachbarn ge- dacht und gesagt und vermuthet -- Das Alles bekam ich anzuhören, und wahrschein- lich noch sehr Vieles mehr, wenn wir nicht schon früher bei der Holzwiese angelangt gewesen wären.
Hier ward das unordentliche Getümmel der räuberischen Dienstfertigkeit um die arme Frau fast noch ärger, als bei meiner ersten Landung. Endlich drängte man mich ganz von ihr ab, und ich sah sie nur noch aus
der
„Frauchen!‟ ſagte ich bei meiner Wie- derkehr — „Das ſieht betruͤbt mit Jhrem Eigenthum aus! — Jch fuͤrchte, Sie kriegt in Jhrem Leben keine Faſer wieder davon zu ſehen. So und ſo iſt mir’s damit gegangen.‟ — Die Ungluͤckliche weinte und ſeufzte. Jndeß ſchleppten wir noch einen ſchweren Kleider- kaſten an und in’s Boot, und was ſie noch von Geraͤthſchaften geborgen hatte. Sie ſelbſt trug ich, trotz ihrer Wohlbeleibtheit, indem ich bis an den halben Leib durch’s Waſſer watete, gut oder uͤbel ebenfalls hinein, und fuhr ab. Unterweges gewann ſie wieder etwas Muth und Redſeligkeit. Sie nannte mir ihres Mannes Namen, (den ich aber wieder vergeſſen habe) und daß er ein Brannt- weinbrenner geweſen, ſammt ihren andern haͤuslichen Umſtaͤnden. Die ganze Brandge- ſchichte, vom erſten Feuerlaͤrm an, und ihren Schreck, und was ſie und ihre Nachbarn ge- dacht und geſagt und vermuthet — Das Alles bekam ich anzuhoͤren, und wahrſchein- lich noch ſehr Vieles mehr, wenn wir nicht ſchon fruͤher bei der Holzwieſe angelangt geweſen waͤren.
Hier ward das unordentliche Getuͤmmel der raͤuberiſchen Dienſtfertigkeit um die arme Frau faſt noch aͤrger, als bei meiner erſten Landung. Endlich draͤngte man mich ganz von ihr ab, und ich ſah ſie nur noch aus
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„Frauchen!‟ ſagte ich bei meiner Wie-
derkehr — „Das ſieht betruͤbt mit Jhrem
Eigenthum aus! — Jch fuͤrchte, Sie kriegt in
Jhrem Leben keine Faſer wieder davon zu ſehen.
So und ſo iſt mir’s damit gegangen.‟ —
Die Ungluͤckliche weinte und ſeufzte. Jndeß
ſchleppten wir noch einen ſchweren Kleider-
kaſten an und in’s Boot, und was ſie noch
von Geraͤthſchaften geborgen hatte. Sie ſelbſt
trug ich, trotz ihrer Wohlbeleibtheit, indem
ich bis an den halben Leib durch’s Waſſer
watete, gut oder uͤbel ebenfalls hinein, und
fuhr ab. Unterweges gewann ſie wieder
etwas Muth und Redſeligkeit. Sie nannte
mir ihres Mannes Namen, (den ich aber
wieder vergeſſen habe) und daß er ein Brannt-
weinbrenner geweſen, ſammt ihren andern
haͤuslichen Umſtaͤnden. Die ganze Brandge-
ſchichte, vom erſten Feuerlaͤrm an, und ihren
Schreck, und was ſie und ihre Nachbarn ge-
dacht und geſagt und vermuthet — Das
Alles bekam ich anzuhoͤren, und wahrſchein-
lich noch ſehr Vieles mehr, wenn wir nicht
ſchon fruͤher bei der Holzwieſe angelangt
geweſen waͤren.
Hier ward das unordentliche Getuͤmmel
der raͤuberiſchen Dienſtfertigkeit um die arme
Frau faſt noch aͤrger, als bei meiner erſten
Landung. Endlich draͤngte man mich ganz
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/192>, abgerufen am 16.02.2025.
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