vorher hie und da wohl zweideutig und über die Achsel angesehen worden, so wurde ich seitdem, Gott weiß es! von Bekannten und Unbekannten mit unverdienter Güte und Liebe behandelt.
Mein gutes Glück, das ich in diesem Jahre mit meinem kleinen Schiffe gehabt hatte, machte mich, wenn auch nicht über- müthig, doch zuversichtlich. Jch war ein junger Mensch und wollte mich noch besser in der Welt versuchen, um es desto gewisser in der Welt zu etwas zu bringen. Meinem Absehen nach mußt' ich ein neues und größe- res Schiff haben, womit ich mich in die Nordsee und über den Kanal hinaus wagen dürfte, anstatt bloß in der Ostsee, wie in einer Entenpfütze, umher zu leyern. Neben- her verließ ich mich auch wohl auf mein Ge- schick, womit ich mir das Glück, auch wenn es mir den Rücken kehren wollte, wohl zu erzwingen gedachte. Leider hatte oder ach- tete ich damals die Erfahrung noch nicht, daß zum Laufen kein Schnellseyn hilft, und sollt' es erst noch mit einem Schaden lernen.
Ueberhaupt hab' ich es erst spät begrif- fen, daß lediglich Alles vom Glück abhängt und Dieses durch Fleiß und Geschick allein sich nicht erzwingen lassen will. Wohl aber hätt' ich es an meinen eigenen dummen Streichen (woran ich es leider! nie habe
vorher hie und da wohl zweideutig und uͤber die Achſel angeſehen worden, ſo wurde ich ſeitdem, Gott weiß es! von Bekannten und Unbekannten mit unverdienter Guͤte und Liebe behandelt.
Mein gutes Gluͤck, das ich in dieſem Jahre mit meinem kleinen Schiffe gehabt hatte, machte mich, wenn auch nicht uͤber- muͤthig, doch zuverſichtlich. Jch war ein junger Menſch und wollte mich noch beſſer in der Welt verſuchen, um es deſto gewiſſer in der Welt zu etwas zu bringen. Meinem Abſehen nach mußt’ ich ein neues und groͤße- res Schiff haben, womit ich mich in die Nordſee und uͤber den Kanal hinaus wagen duͤrfte, anſtatt bloß in der Oſtſee, wie in einer Entenpfuͤtze, umher zu leyern. Neben- her verließ ich mich auch wohl auf mein Ge- ſchick, womit ich mir das Gluͤck, auch wenn es mir den Ruͤcken kehren wollte, wohl zu erzwingen gedachte. Leider hatte oder ach- tete ich damals die Erfahrung noch nicht, daß zum Laufen kein Schnellſeyn hilft, und ſollt’ es erſt noch mit einem Schaden lernen.
Ueberhaupt hab’ ich es erſt ſpaͤt begrif- fen, daß lediglich Alles vom Gluͤck abhaͤngt und Dieſes durch Fleiß und Geſchick allein ſich nicht erzwingen laſſen will. Wohl aber haͤtt’ ich es an meinen eigenen dummen Streichen (woran ich es leider! nie habe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0186"n="170"/>
vorher hie und da wohl zweideutig und uͤber<lb/>
die Achſel angeſehen worden, ſo wurde ich<lb/>ſeitdem, Gott weiß es! von Bekannten und<lb/>
Unbekannten mit unverdienter Guͤte und<lb/>
Liebe behandelt.</p><lb/><p>Mein gutes Gluͤck, das ich in dieſem<lb/>
Jahre mit meinem kleinen Schiffe gehabt<lb/>
hatte, machte mich, wenn auch nicht uͤber-<lb/>
muͤthig, doch zuverſichtlich. Jch war ein<lb/>
junger Menſch und wollte mich noch beſſer<lb/>
in der Welt verſuchen, um es deſto gewiſſer<lb/>
in der Welt zu etwas zu bringen. Meinem<lb/>
Abſehen nach mußt’ ich ein neues und groͤße-<lb/>
res Schiff haben, womit ich mich in die<lb/>
Nordſee und uͤber den Kanal hinaus wagen<lb/>
duͤrfte, anſtatt bloß in der Oſtſee, wie in<lb/>
einer Entenpfuͤtze, umher zu leyern. Neben-<lb/>
her verließ ich mich auch wohl auf mein Ge-<lb/>ſchick, womit ich mir das Gluͤck, auch wenn<lb/>
es mir den Ruͤcken kehren wollte, wohl zu<lb/>
erzwingen gedachte. Leider hatte oder ach-<lb/>
tete ich damals die Erfahrung noch nicht,<lb/>
daß zum Laufen kein Schnellſeyn hilft, und<lb/>ſollt’ es erſt noch mit einem Schaden lernen.</p><lb/><p>Ueberhaupt hab’ ich es erſt ſpaͤt begrif-<lb/>
fen, daß lediglich Alles vom Gluͤck abhaͤngt<lb/>
und Dieſes durch Fleiß und Geſchick allein<lb/>ſich nicht erzwingen laſſen will. Wohl aber<lb/>
haͤtt’ ich es an meinen eigenen dummen<lb/>
Streichen (woran ich es leider! nie habe<lb/></p></div></body></text></TEI>
[170/0186]
vorher hie und da wohl zweideutig und uͤber
die Achſel angeſehen worden, ſo wurde ich
ſeitdem, Gott weiß es! von Bekannten und
Unbekannten mit unverdienter Guͤte und
Liebe behandelt.
Mein gutes Gluͤck, das ich in dieſem
Jahre mit meinem kleinen Schiffe gehabt
hatte, machte mich, wenn auch nicht uͤber-
muͤthig, doch zuverſichtlich. Jch war ein
junger Menſch und wollte mich noch beſſer
in der Welt verſuchen, um es deſto gewiſſer
in der Welt zu etwas zu bringen. Meinem
Abſehen nach mußt’ ich ein neues und groͤße-
res Schiff haben, womit ich mich in die
Nordſee und uͤber den Kanal hinaus wagen
duͤrfte, anſtatt bloß in der Oſtſee, wie in
einer Entenpfuͤtze, umher zu leyern. Neben-
her verließ ich mich auch wohl auf mein Ge-
ſchick, womit ich mir das Gluͤck, auch wenn
es mir den Ruͤcken kehren wollte, wohl zu
erzwingen gedachte. Leider hatte oder ach-
tete ich damals die Erfahrung noch nicht,
daß zum Laufen kein Schnellſeyn hilft, und
ſollt’ es erſt noch mit einem Schaden lernen.
Ueberhaupt hab’ ich es erſt ſpaͤt begrif-
fen, daß lediglich Alles vom Gluͤck abhaͤngt
und Dieſes durch Fleiß und Geſchick allein
ſich nicht erzwingen laſſen will. Wohl aber
haͤtt’ ich es an meinen eigenen dummen
Streichen (woran ich es leider! nie habe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/186>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.