See-Kameraden, so durft' ich mich doch schon um meiner kleinen Statur willen nicht tauglich zu einem regelrechten Soldaten hal- ten; und darum stand mir's auch nie zu Sinn, meinem großen Friedrich, so sehr ich ihn auch verehrte, in Reihe und Glied, und mit dem Schießprügel auf der Schul- ter, zu dienen. Denke man sich also mei- nen Schreck, als ein gutmeynender Freund unter dem angekommenen Werber-Corps (Er hieß Lemcke) meinem Vater insgeheim vertraute: Sämmtliche junge Bursche in der Stadt, von 14 Jahren und drüber, wären bereits notirt; und um eilf Uhr würden die Thore geschlossen, die Brauchbarsten dar- unter aufgegriffen und gleich mit dem näch- sten Morgen nach Sachsen auf den Trans- port gegeben werden.
Jetzt war es neun Uhr Morgens. Hier galt es demnach kein Säumens; ich sollte fürerst nach der Münde flüchten und mich dort verbergen. Nur zu bald kam auch dorthin das Geschrei, daß alle Vorhersagun- gen meines Warners pünktlich eingetroffen und das Ordonnanz-Haus bereits voll von neuen Rekruten stecke. Mein Vater ließ mir durch eine vertraute Frau sagen, daß auch bei ihm genaue Haussuchung nach mir geschehen sey. Jch möchte mich daher un-
See-Kameraden, ſo durft’ ich mich doch ſchon um meiner kleinen Statur willen nicht tauglich zu einem regelrechten Soldaten hal- ten; und darum ſtand mir’s auch nie zu Sinn, meinem großen Friedrich, ſo ſehr ich ihn auch verehrte, in Reihe und Glied, und mit dem Schießpruͤgel auf der Schul- ter, zu dienen. Denke man ſich alſo mei- nen Schreck, als ein gutmeynender Freund unter dem angekommenen Werber-Corps (Er hieß Lemcke) meinem Vater insgeheim vertraute: Saͤmmtliche junge Burſche in der Stadt, von 14 Jahren und druͤber, waͤren bereits notirt; und um eilf Uhr wuͤrden die Thore geſchloſſen, die Brauchbarſten dar- unter aufgegriffen und gleich mit dem naͤch- ſten Morgen nach Sachſen auf den Trans- port gegeben werden.
Jetzt war es neun Uhr Morgens. Hier galt es demnach kein Saͤumens; ich ſollte fuͤrerſt nach der Muͤnde fluͤchten und mich dort verbergen. Nur zu bald kam auch dorthin das Geſchrei, daß alle Vorherſagun- gen meines Warners puͤnktlich eingetroffen und das Ordonnanz-Haus bereits voll von neuen Rekruten ſtecke. Mein Vater ließ mir durch eine vertraute Frau ſagen, daß auch bei ihm genaue Hausſuchung nach mir geſchehen ſey. Jch moͤchte mich daher un-
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See-Kameraden, ſo durft’ ich mich doch
ſchon um meiner kleinen Statur willen nicht
tauglich zu einem regelrechten Soldaten hal-
ten; und darum ſtand mir’s auch nie zu
Sinn, meinem großen Friedrich, ſo ſehr
ich ihn auch verehrte, in Reihe und Glied,
und mit dem Schießpruͤgel auf der Schul-
ter, zu dienen. Denke man ſich alſo mei-
nen Schreck, als ein gutmeynender Freund
unter dem angekommenen Werber-Corps
(Er hieß Lemcke) meinem Vater insgeheim
vertraute: Saͤmmtliche junge Burſche in der
Stadt, von 14 Jahren und druͤber, waͤren
bereits notirt; und um eilf Uhr wuͤrden
die Thore geſchloſſen, die Brauchbarſten dar-
unter aufgegriffen und gleich mit dem naͤch-
ſten Morgen nach Sachſen auf den Trans-
port gegeben werden.
Jetzt war es neun Uhr Morgens. Hier
galt es demnach kein Saͤumens; ich ſollte
fuͤrerſt nach der Muͤnde fluͤchten und mich
dort verbergen. Nur zu bald kam auch
dorthin das Geſchrei, daß alle Vorherſagun-
gen meines Warners puͤnktlich eingetroffen
und das Ordonnanz-Haus bereits voll von
neuen Rekruten ſtecke. Mein Vater ließ
mir durch eine vertraute Frau ſagen, daß
auch bei ihm genaue Hausſuchung nach mir
geſchehen ſey. Jch moͤchte mich daher un-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/101>, abgerufen am 28.11.2024.
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