Nestroy, Johann: Der böse Geist Lumpacivagabundus, oder: Das liederliche Kleeblatt. Wien, 1835. Zwirn (betrachtet ihn von oben bis unten). Armer Mensch, wie siehst Du aus! Knieriem. Du hast's Ursach, daß Dich wunderst, wie ein Anderer ausschaut. Zwirn. Kamerad, mir scheint, wir seyn alle Zwei mit unsern Kapitalien in Ordnung. -- Du, mir ist's noch schlecht gangen. Knieriem. Mir ist's auf die Letzt gar nicht mehr gangen; denn ich bin g'sessen, zwei Monat in Arrest. Zwirn. Aber nobel hab' ich das Meinige durchgebracht, das braucht einmal nix. Knieriem. Ich hab a Reis' am Rhein g'macht -- da sind gar kuriose Weinkeller -- so oft ich zu viel trunken hab, allemal war meine Brieftaschen weg. Unbegreif- lich! Dann hab' ich im Rausch immer Händel an- g'fangt, Straf zahlen müssen, wie ich nix mehr g'habt hab, habens mich eing'sperrt -- mit einem Wort, nichts als unverschuldete Unglücksfälle! Zwirn. Wir seyn halt jetzt alle Zwei betteltutti. Zwirn (betrachtet ihn von oben bis unten). Armer Menſch, wie ſiehſt Du aus! Knieriem. Du haſt’s Urſach, daß Dich wunderſt, wie ein Anderer ausſchaut. Zwirn. Kamerad, mir ſcheint, wir ſeyn alle Zwei mit unſern Kapitalien in Ordnung. — Du, mir iſt’s noch ſchlecht gangen. Knieriem. Mir iſt’s auf die Letzt gar nicht mehr gangen; denn ich bin g’ſeſſen, zwei Monat in Arreſt. Zwirn. Aber nobel hab’ ich das Meinige durchgebracht, das braucht einmal nix. Knieriem. Ich hab a Reiſ’ am Rhein g’macht — da ſind gar kurioſe Weinkeller — ſo oft ich zu viel trunken hab, allemal war meine Brieftaſchen weg. Unbegreif- lich! Dann hab’ ich im Rauſch immer Händel an- g’fangt, Straf zahlen müſſen, wie ich nix mehr g’habt hab, habens mich eing’ſperrt — mit einem Wort, nichts als unverſchuldete Unglücksfälle! Zwirn. Wir ſeyn halt jetzt alle Zwei betteltutti. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0097" n="91"/> <sp who="#ZWI"> <speaker> <hi rendition="#g">Zwirn</hi> </speaker><lb/> <stage>(betrachtet ihn von oben bis unten).</stage><lb/> <p>Armer Menſch, wie ſiehſt Du aus!</p> </sp><lb/> <sp who="#KNI"> <speaker><hi rendition="#g">Knieriem</hi>.</speaker><lb/> <p>Du haſt’s Urſach, daß Dich wunderſt, wie ein<lb/> Anderer ausſchaut.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZWI"> <speaker><hi rendition="#g">Zwirn</hi>.</speaker><lb/> <p>Kamerad, mir ſcheint, wir ſeyn alle Zwei mit<lb/> unſern Kapitalien in Ordnung. — Du, mir iſt’s<lb/> noch ſchlecht gangen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KNI"> <speaker><hi rendition="#g">Knieriem</hi>.</speaker><lb/> <p>Mir iſt’s auf die Letzt gar nicht mehr gangen;<lb/> denn ich bin g’ſeſſen, zwei Monat in Arreſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZWI"> <speaker><hi rendition="#g">Zwirn</hi>.</speaker><lb/> <p>Aber nobel hab’ ich das Meinige durchgebracht,<lb/> das braucht einmal nix.</p> </sp><lb/> <sp who="#KNI"> <speaker><hi rendition="#g">Knieriem</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich hab a Reiſ’ am Rhein g’macht — da ſind<lb/> gar kurioſe Weinkeller — ſo oft ich zu viel trunken<lb/> hab, allemal war meine Brieftaſchen weg. Unbegreif-<lb/> lich! Dann hab’ ich im Rauſch immer Händel an-<lb/> g’fangt, Straf zahlen müſſen, wie ich nix mehr<lb/> g’habt hab, habens mich eing’ſperrt — mit einem<lb/> Wort, nichts als unverſchuldete Unglücksfälle!</p> </sp><lb/> <sp who="#ZWI"> <speaker><hi rendition="#g">Zwirn</hi>.</speaker><lb/> <p>Wir ſeyn halt jetzt alle Zwei betteltutti.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0097]
Zwirn
(betrachtet ihn von oben bis unten).
Armer Menſch, wie ſiehſt Du aus!
Knieriem.
Du haſt’s Urſach, daß Dich wunderſt, wie ein
Anderer ausſchaut.
Zwirn.
Kamerad, mir ſcheint, wir ſeyn alle Zwei mit
unſern Kapitalien in Ordnung. — Du, mir iſt’s
noch ſchlecht gangen.
Knieriem.
Mir iſt’s auf die Letzt gar nicht mehr gangen;
denn ich bin g’ſeſſen, zwei Monat in Arreſt.
Zwirn.
Aber nobel hab’ ich das Meinige durchgebracht,
das braucht einmal nix.
Knieriem.
Ich hab a Reiſ’ am Rhein g’macht — da ſind
gar kurioſe Weinkeller — ſo oft ich zu viel trunken
hab, allemal war meine Brieftaſchen weg. Unbegreif-
lich! Dann hab’ ich im Rauſch immer Händel an-
g’fangt, Straf zahlen müſſen, wie ich nix mehr
g’habt hab, habens mich eing’ſperrt — mit einem
Wort, nichts als unverſchuldete Unglücksfälle!
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Zitationshilfe: | Nestroy, Johann: Der böse Geist Lumpacivagabundus, oder: Das liederliche Kleeblatt. Wien, 1835, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nestroy_lumpacivagabundus_1835/97>, abgerufen am 16.02.2025. |