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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
damit/ wem beliebete zu trincken/ von dem Weine schöpffete
und tranck/ so viel und oft er wolte/ worbey sich denn diese Bau-
ren recht barbarisch erzeigeten/ wie sie es auch sonst waren.

Weil ich aber ein Türckisch Kleid anhatte/ fragten sie
mich/ ob ich ein Christe were/ denen ich theils auf Türckisch/
theils auch mit Zeichen zuverstehen gab/ daß ich ein Christ
were/ worüber sie denn höchlich erfreuet worden und haben
auß ihren Wein-Kübeln den Wein/ wie Wasser geschöpffet
und auff mich loß getruncken. Es ist aber auf den Morgen auß
solcher Freude und Lust eine ziemliche Unlust kommen/ deren
wir uns zwar nicht versehen hetten. Es ist aber dieselbe/ kurtz
zuerzehlen/ daher entstanden:

Als wir damahls von Pieroth mit andern Rossen abge-
reiset und zwey davon nicht wol fort konten/ ist uns ein Bauer
mit etzlichen Rossen begegnet/ mit dem unser Türcke ein
Wechsel hielt und unsere Schwache für seine frische gab/ iedoch
mit der Bedinge und Verheissung/ daß er sie zu Isvvor wieder
finden solte/ wie denn auch warhafftig geschehen were. Es
war aber der Bauer keines Wegs zu frieden und kömmt uns
nach gegen Morgen voller Zorn und Unmuth in besagtes
Dorff und beklagt sich gegen seine noch volle Nachbarn und
Mitbauren/ wie es ihm mit uns gestern ergangen were/ gleich
da wir uns ietzt zur Reise fertig machten und wieder fortreisen
wolten/ massen wir übernacht schlecht accommodament ge-
habt und unter freyem Himmel im Hofe verlieb nehmen müs-
sen. Da kommen die Bauren mit Prügeln und grosser unge-
stühm auf uns zu und schlugen tapffer auf den Türcken und
Postilion loß/ ich aber/ der ich bereits zu Pferde saß/ habe mich
aller Orthe fleissig umgesehen/ ob ich auch was haben solte: al-
lein es ist doch gleichwol das Ungewitter neben hingestrichen
und haben mich vielleicht/ daß ich mich den Abend zuvor ei-
nen Christen erkläret/ geniessen lassen.


Weil

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
damit/ wem beliebete zu trincken/ von dem Weine ſchoͤpffete
und tranck/ ſo viel und oft er wolte/ worbey ſich denn dieſe Bau-
ren recht barbariſch erzeigeten/ wie ſie es auch ſonſt waren.

Weil ich aber ein Tuͤrckiſch Kleid anhatte/ fragten ſie
mich/ ob ich ein Chriſte were/ denen ich theils auf Tuͤrckiſch/
theils auch mit Zeichen zuverſtehen gab/ daß ich ein Chriſt
were/ woruͤber ſie denn hoͤchlich erfreuet worden und haben
auß ihren Wein-Kuͤbeln den Wein/ wie Waſſer geſchoͤpffet
und auff mich loß getruncken. Es iſt aber auf den Morgen auß
ſolcher Freude und Luſt eine ziemliche Unluſt kommen/ deren
wir uns zwar nicht verſehen hetten. Es iſt aber dieſelbe/ kurtz
zuerzehlen/ daher entſtanden:

Als wir damahls von Pieroth mit andern Roſſen abge-
reiſet und zwey davon nicht wol fort konten/ iſt uns ein Bauer
mit etzlichen Roſſen begegnet/ mit dem unſer Tuͤrcke ein
Wechſel hielt und unſere Schwache fuͤr ſeine friſche gab/ iedoch
mit der Bedinge und Verheiſſung/ daß er ſie zu Isvvor wieder
finden ſolte/ wie denn auch warhafftig geſchehen were. Es
war aber der Bauer keines Wegs zu frieden und koͤmmt uns
nach gegen Morgen voller Zorn und Unmuth in beſagtes
Dorff und beklagt ſich gegen ſeine noch volle Nachbarn und
Mitbauren/ wie es ihm mit uns geſtern ergangen were/ gleich
da wir uns ietzt zur Reiſe fertig machten und wieder fortreiſen
wolten/ maſſen wir uͤbernacht ſchlecht accommodament ge-
habt und unter freyem Himmel im Hofe verlieb nehmen muͤſ-
ſen. Da kommen die Bauren mit Pruͤgeln und groſſer unge-
ſtuͤhm auf uns zu und ſchlugen tapffer auf den Tuͤrcken und
Poſtilion loß/ ich aber/ der ich bereits zu Pferde ſaß/ habe mich
aller Orthe fleiſſig umgeſehen/ ob ich auch was haben ſolte: al-
lein es iſt doch gleichwol das Ungewitter neben hingeſtrichen
und haben mich vielleicht/ daß ich mich den Abend zuvor ei-
nen Chriſten erklaͤret/ genieſſen laſſen.


Weil
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[78/0084] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. damit/ wem beliebete zu trincken/ von dem Weine ſchoͤpffete und tranck/ ſo viel und oft er wolte/ worbey ſich denn dieſe Bau- ren recht barbariſch erzeigeten/ wie ſie es auch ſonſt waren. Weil ich aber ein Tuͤrckiſch Kleid anhatte/ fragten ſie mich/ ob ich ein Chriſte were/ denen ich theils auf Tuͤrckiſch/ theils auch mit Zeichen zuverſtehen gab/ daß ich ein Chriſt were/ woruͤber ſie denn hoͤchlich erfreuet worden und haben auß ihren Wein-Kuͤbeln den Wein/ wie Waſſer geſchoͤpffet und auff mich loß getruncken. Es iſt aber auf den Morgen auß ſolcher Freude und Luſt eine ziemliche Unluſt kommen/ deren wir uns zwar nicht verſehen hetten. Es iſt aber dieſelbe/ kurtz zuerzehlen/ daher entſtanden: Als wir damahls von Pieroth mit andern Roſſen abge- reiſet und zwey davon nicht wol fort konten/ iſt uns ein Bauer mit etzlichen Roſſen begegnet/ mit dem unſer Tuͤrcke ein Wechſel hielt und unſere Schwache fuͤr ſeine friſche gab/ iedoch mit der Bedinge und Verheiſſung/ daß er ſie zu Isvvor wieder finden ſolte/ wie denn auch warhafftig geſchehen were. Es war aber der Bauer keines Wegs zu frieden und koͤmmt uns nach gegen Morgen voller Zorn und Unmuth in beſagtes Dorff und beklagt ſich gegen ſeine noch volle Nachbarn und Mitbauren/ wie es ihm mit uns geſtern ergangen were/ gleich da wir uns ietzt zur Reiſe fertig machten und wieder fortreiſen wolten/ maſſen wir uͤbernacht ſchlecht accommodament ge- habt und unter freyem Himmel im Hofe verlieb nehmen muͤſ- ſen. Da kommen die Bauren mit Pruͤgeln und groſſer unge- ſtuͤhm auf uns zu und ſchlugen tapffer auf den Tuͤrcken und Poſtilion loß/ ich aber/ der ich bereits zu Pferde ſaß/ habe mich aller Orthe fleiſſig umgeſehen/ ob ich auch was haben ſolte: al- lein es iſt doch gleichwol das Ungewitter neben hingeſtrichen und haben mich vielleicht/ daß ich mich den Abend zuvor ei- nen Chriſten erklaͤret/ genieſſen laſſen. Weil

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/84>, abgerufen am 24.11.2024.