Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
ligen Tempel geschritten/ dessen ich incht wenig erschrack und
mir fast nicht trauen wolte/ ob mich der Münch dessen gründ-
lich gnung und recht treulich unterrichtet/ oder nicht. Allein der
Münch nam sich meiner gar ernstlich an und entschuldigte mich
nicht allein gegen alle zulauffende Türcken/ sondern überwiese
auchdiesen Bösewicht/ dz er mir Gewalt und Unrecht thäte und
endlich sich schämen und schweigen muste/ als ich denn auch
mit Wissen dergleichen nicht gethan und ich mich wol so genau
in acht genommen hatte/ das ich besser nicht thun hätte können.
Es lernete sich auch wol/ denn sagte der Münch/ wenn ich auch
nur einen Fuß auf die Stuffen gesetzet hätte/ und hätte dieser
verlogene Mohr/ oder Türcke/ es auf mich bringen können/ so
wäre es um mich und mein Leben geschehen gewesen/ welches
alles mir der Münch vorhero zur Warnung gesagt
hatte.

Von vorgedachtem Gesund-Teiche sind wir endlich vol-
lends zum Stephans-Thor kommen und dabey in eine grosse
wüste und ietzo Türckische Kirche/ so vordessen ein schöner
Christen-Tempel gewesen/ in welchen uns die Türcken um ein
Trinckgeld gar gerne liesen. Jn solcher Kirche wiese man uns
den Orth unter der Erden und war ein finster Gewölbe/ also/
daß man von oben mit Liechten durch ein enge Loch hinunter
steigen muste/ damit man sich besehen konte/ da die Jungfrau
Maria von ihrer Mutter/ Anna/ soll geboren worden seyn.
Es stehet auch an dieser Kirche ein alter zerstörter hoher
Thurm/ auf welchem ich abermals die heilige Stadt Jerusa-
lem mit allen in und umliegenden Bergen und lustigen Gegen-
den gar schön und eigentlich übersehen können/ woran ich
mich auch eine ziemliche Weile erlustiret.

Von hieraus sind wir abwarts zum Thal Josaphat gegan-

gen/
Q q 2

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
ligen Tempel geſchritten/ deſſen ich incht wenig erſchrack und
mir faſt nicht trauen wolte/ ob mich der Muͤnch deſſen gruͤnd-
lich gnung und recht treulich unterrichtet/ oder nicht. Allein der
Muͤnch nam ſich meiner gar ernſtlich an uñ entſchuldigte mich
nicht allein gegen alle zulauffende Tuͤrcken/ ſondern uͤberwieſe
auchdieſen Boͤſewicht/ dz er mir Gewalt uñ Unrecht thaͤte und
endlich ſich ſchaͤmen und ſchweigen muſte/ als ich denn auch
mit Wiſſen dergleichen nicht gethan und ich mich wol ſo genau
in acht genommen hatte/ das ich beſſer nicht thun haͤtte koͤnnen.
Es lernete ſich auch wol/ denn ſagte der Muͤnch/ wenn ich auch
nur einen Fuß auf die Stuffen geſetzet haͤtte/ und haͤtte dieſer
verlogene Mohr/ oder Tuͤrcke/ es auf mich bringen koͤnnen/ ſo
waͤre es um mich und mein Leben geſchehen geweſen/ welches
alles mir der Muͤnch vorhero zur Warnung geſagt
hatte.

Von vorgedachtem Geſund-Teiche ſind wir endlich vol-
lends zum Stephans-Thor kommen und dabey in eine groſſe
wuͤſte und ietzo Tuͤrckiſche Kirche/ ſo vordeſſen ein ſchoͤner
Chriſten-Tempel geweſen/ in welchen uns die Tuͤrcken um ein
Trinckgeld gar gerne lieſen. Jn ſolcher Kirche wieſe man uns
den Orth unter der Erden und war ein finſter Gewoͤlbe/ alſo/
daß man von oben mit Liechten durch ein enge Loch hinunter
ſteigen muſte/ damit man ſich beſehen konte/ da die Jungfrau
Maria von ihrer Mutter/ Anna/ ſoll geboren worden ſeyn.
Es ſtehet auch an dieſer Kirche ein alter zerſtoͤrter hoher
Thurm/ auf welchem ich abermals die heilige Stadt Jeruſa-
lem mit allen in und umliegenden Bergen und luſtigen Gegen-
den gar ſchoͤn und eigentlich uͤberſehen koͤnnen/ woran ich
mich auch eine ziemliche Weile erluſtiret.

Von hieraus ſind wir abwarts zum Thal Joſaphat gegan-

gen/
Q q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0311" n="305"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
ligen Tempel ge&#x017F;chritten/ de&#x017F;&#x017F;en ich incht wenig er&#x017F;chrack und<lb/>
mir fa&#x017F;t nicht trauen wolte/ ob mich der Mu&#x0364;nch de&#x017F;&#x017F;en gru&#x0364;nd-<lb/>
lich gnung und recht treulich unterrichtet/ oder nicht. Allein der<lb/>
Mu&#x0364;nch nam &#x017F;ich meiner gar ern&#x017F;tlich an un&#x0303; ent&#x017F;chuldigte mich<lb/>
nicht allein gegen alle zulauffende Tu&#x0364;rcken/ &#x017F;ondern u&#x0364;berwie&#x017F;e<lb/>
auchdie&#x017F;en Bo&#x0364;&#x017F;ewicht/ dz er mir Gewalt un&#x0303; Unrecht tha&#x0364;te und<lb/>
endlich &#x017F;ich &#x017F;cha&#x0364;men und &#x017F;chweigen mu&#x017F;te/ als ich denn auch<lb/>
mit Wi&#x017F;&#x017F;en dergleichen nicht gethan und ich mich wol &#x017F;o genau<lb/>
in acht genommen hatte/ das ich be&#x017F;&#x017F;er nicht thun ha&#x0364;tte ko&#x0364;nnen.<lb/>
Es lernete &#x017F;ich auch wol/ denn &#x017F;agte der Mu&#x0364;nch/ wenn ich auch<lb/>
nur einen Fuß auf die Stuffen ge&#x017F;etzet ha&#x0364;tte/ und ha&#x0364;tte die&#x017F;er<lb/>
verlogene Mohr/ oder Tu&#x0364;rcke/ es auf mich bringen ko&#x0364;nnen/ &#x017F;o<lb/>
wa&#x0364;re es um mich und mein Leben ge&#x017F;chehen gewe&#x017F;en/ welches<lb/>
alles mir der Mu&#x0364;nch vorhero zur Warnung ge&#x017F;agt<lb/>
hatte.</p><lb/>
            <p>Von vorgedachtem Ge&#x017F;und-Teiche &#x017F;ind wir endlich vol-<lb/>
lends zum Stephans-Thor kommen und dabey in eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
wu&#x0364;&#x017F;te und ietzo Tu&#x0364;rcki&#x017F;che Kirche/ &#x017F;o vorde&#x017F;&#x017F;en ein &#x017F;cho&#x0364;ner<lb/>
Chri&#x017F;ten-Tempel gewe&#x017F;en/ in welchen uns die Tu&#x0364;rcken um ein<lb/>
Trinckgeld gar gerne lie&#x017F;en. Jn &#x017F;olcher Kirche wie&#x017F;e man uns<lb/>
den Orth unter der Erden und war ein fin&#x017F;ter Gewo&#x0364;lbe/ al&#x017F;o/<lb/>
daß man von oben mit Liechten durch ein enge Loch hinunter<lb/>
&#x017F;teigen mu&#x017F;te/ damit man &#x017F;ich be&#x017F;ehen konte/ da die Jungfrau<lb/>
Maria von ihrer Mutter/ Anna/ &#x017F;oll geboren worden &#x017F;eyn.<lb/>
Es &#x017F;tehet auch an die&#x017F;er Kirche ein alter zer&#x017F;to&#x0364;rter hoher<lb/>
Thurm/ auf welchem ich abermals die heilige Stadt Jeru&#x017F;a-<lb/>
lem mit allen in und umliegenden Bergen und lu&#x017F;tigen Gegen-<lb/>
den gar &#x017F;cho&#x0364;n und eigentlich u&#x0364;ber&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen/ woran ich<lb/>
mich auch eine ziemliche Weile erlu&#x017F;tiret.</p><lb/>
            <p>Von hieraus &#x017F;ind wir abwarts zum Thal Jo&#x017F;aphat gegan-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">gen/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0311] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. ligen Tempel geſchritten/ deſſen ich incht wenig erſchrack und mir faſt nicht trauen wolte/ ob mich der Muͤnch deſſen gruͤnd- lich gnung und recht treulich unterrichtet/ oder nicht. Allein der Muͤnch nam ſich meiner gar ernſtlich an uñ entſchuldigte mich nicht allein gegen alle zulauffende Tuͤrcken/ ſondern uͤberwieſe auchdieſen Boͤſewicht/ dz er mir Gewalt uñ Unrecht thaͤte und endlich ſich ſchaͤmen und ſchweigen muſte/ als ich denn auch mit Wiſſen dergleichen nicht gethan und ich mich wol ſo genau in acht genommen hatte/ das ich beſſer nicht thun haͤtte koͤnnen. Es lernete ſich auch wol/ denn ſagte der Muͤnch/ wenn ich auch nur einen Fuß auf die Stuffen geſetzet haͤtte/ und haͤtte dieſer verlogene Mohr/ oder Tuͤrcke/ es auf mich bringen koͤnnen/ ſo waͤre es um mich und mein Leben geſchehen geweſen/ welches alles mir der Muͤnch vorhero zur Warnung geſagt hatte. Von vorgedachtem Geſund-Teiche ſind wir endlich vol- lends zum Stephans-Thor kommen und dabey in eine groſſe wuͤſte und ietzo Tuͤrckiſche Kirche/ ſo vordeſſen ein ſchoͤner Chriſten-Tempel geweſen/ in welchen uns die Tuͤrcken um ein Trinckgeld gar gerne lieſen. Jn ſolcher Kirche wieſe man uns den Orth unter der Erden und war ein finſter Gewoͤlbe/ alſo/ daß man von oben mit Liechten durch ein enge Loch hinunter ſteigen muſte/ damit man ſich beſehen konte/ da die Jungfrau Maria von ihrer Mutter/ Anna/ ſoll geboren worden ſeyn. Es ſtehet auch an dieſer Kirche ein alter zerſtoͤrter hoher Thurm/ auf welchem ich abermals die heilige Stadt Jeruſa- lem mit allen in und umliegenden Bergen und luſtigen Gegen- den gar ſchoͤn und eigentlich uͤberſehen koͤnnen/ woran ich mich auch eine ziemliche Weile erluſtiret. Von hieraus ſind wir abwarts zum Thal Joſaphat gegan- gen/ Q q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/311
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/311>, abgerufen am 22.11.2024.