Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebenjährige Welt-Beschauung.

Endlich/ da der Bescheid kam/ war derselbe also beschaf-
fen: Wir musten unser Wehr ablegen und von uns geben/ wel-
ches ein Türcke zu sich nahm und der weile verwahren solte/ so
lange biß wir wieder von dannen reisen würden/ neun Türcken
aber führten uns zu fusse in die Stadt ins Convent und Klo-
ster der Franciscaner Münche/ dahin wir auch begehrten.

Kein fremder Christe darf sich unterstehen in diese heilige
Stadt zu reiten/ ausbenommen die Einheimischen. War uns
dennoch gut/ daß wir unsere Pferd und Maulthiere nicht wei-
ter/ als biß hieher gedinget hatten. Schickten sie demnach wie-
der zu rücke und giengen wir also zu fusse desto Sorgenfreyer
mit unsern Führern/ denen gedachten neun Türcken/ in die
Stadt hinein.

Nach dem wir nun ins Kloster bracht worden/ satzte sich
der Vornehmste unter solchen neun Türcken/ der ohne Zwei-
fel ein Befehlshalber war/ alsbald an einen von der Erden et-
was erhöheten Orthe auf einen aufgebreiteten schönen Tür-
ckischen Teppich nieder und traten die übrigen acht Türcken al-
le um ihn herum. Wer kein gut gewissen gehabt hätte/ solte sich
wol eingebildet haben/ als wenn sie Halsgerichte über uns hal-
ten und uns zum tode verurtheln hätten wollen. Allein wir
musten mit unsern Felleisen hervor/ dieselben aufmachen und
allendhalben durchsuchen lassen/ zu dem Ende/ ob wir vielleicht
von wichtigen Wahren etwas bey uns hätten/ so Brauche nach
verzollet hätte werden müssen. Weil sie aber nichts fanden/
waren alsbald die Franciscaner-Münche zugegen/ welche die
offenen Felleissen zusammen nahmen und in ein groß Gemach
trugen/ darinnen sie verwahret werden solten.

Nach geendeter Vesper/ weil wir gleich nun dieselbe Zeit
ankamen/ kamen auch die andern Münche und der Pater Guar-
dian,
als Regent deß Klosters zu uns/ empfiengen uns gar

freund-
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Endlich/ da der Beſcheid kam/ war derſelbe alſo beſchaf-
fen: Wir muſten unſer Wehr ablegen und von uns geben/ wel-
ches ein Tuͤrcke zu ſich nahm und der weile verwahren ſolte/ ſo
lange biß wir wieder von dannen reiſen wuͤrden/ neun Tuͤrcken
aber fuͤhrten uns zu fuſſe in die Stadt ins Convent und Klo-
ſter der Franciſcaner Muͤnche/ dahin wir auch begehrten.

Kein fremder Chriſte darf ſich unterſtehen in dieſe heilige
Stadt zu reiten/ ausbenommen die Einheimiſchen. War uns
dennoch gut/ daß wir unſere Pferd und Maulthiere nicht wei-
ter/ als biß hieher gedinget hatten. Schickten ſie demnach wie-
der zu ruͤcke und giengen wir alſo zu fuſſe deſto Sorgenfreyer
mit unſern Fuͤhrern/ denen gedachten neun Tuͤrcken/ in die
Stadt hinein.

Nach dem wir nun ins Kloſter bracht worden/ ſatzte ſich
der Vornehmſte unter ſolchen neun Tuͤrcken/ der ohne Zwei-
fel ein Befehlshalber war/ alsbald an einen von der Erden et-
was erhoͤheten Orthe auf einen aufgebreiteten ſchoͤnen Tuͤr-
ckiſchen Teppich nieder und traten die uͤbrigen acht Tuͤrcken al-
le um ihn herum. Wer kein gut gewiſſen gehabt haͤtte/ ſolte ſich
wol eingebildet haben/ als wenn ſie Halsgerichte uͤber uns hal-
ten und uns zum tode verurtheln haͤtten wollen. Allein wir
muſten mit unſern Felleiſen hervor/ dieſelben aufmachen und
allendhalben durchſuchen laſſen/ zu dem Ende/ ob wir vielleicht
von wichtigen Wahren etwas bey uns haͤtten/ ſo Brauche nach
verzollet haͤtte werden muͤſſen. Weil ſie aber nichts fanden/
waren alsbald die Franciſcaner-Muͤnche zugegen/ welche die
offenen Felleiſſen zuſammen nahmen und in ein groß Gemach
trugen/ darinnen ſie verwahret werden ſolten.

Nach geendeter Veſper/ weil wir gleich nun dieſelbe Zeit
ankamen/ kamen auch die andern Muͤnche und der Pater Guar-
dian,
als Regent deß Kloſters zu uns/ empfiengen uns gar

freund-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0302" n="296"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi> </fw><lb/>
            <p>Endlich/ da der Be&#x017F;cheid kam/ war der&#x017F;elbe al&#x017F;o be&#x017F;chaf-<lb/>
fen: Wir mu&#x017F;ten un&#x017F;er Wehr ablegen und von uns geben/ wel-<lb/>
ches ein Tu&#x0364;rcke zu &#x017F;ich nahm und der weile verwahren &#x017F;olte/ &#x017F;o<lb/>
lange biß wir wieder von dannen rei&#x017F;en wu&#x0364;rden/ neun Tu&#x0364;rcken<lb/>
aber fu&#x0364;hrten uns zu fu&#x017F;&#x017F;e in die Stadt ins <hi rendition="#aq">Convent</hi> und Klo-<lb/>
&#x017F;ter der Franci&#x017F;caner Mu&#x0364;nche/ dahin wir auch begehrten.</p><lb/>
            <p>Kein fremder Chri&#x017F;te darf &#x017F;ich unter&#x017F;tehen in die&#x017F;e heilige<lb/>
Stadt zu reiten/ ausbenommen die Einheimi&#x017F;chen. War uns<lb/>
dennoch gut/ daß wir un&#x017F;ere Pferd und Maulthiere nicht wei-<lb/>
ter/ als biß hieher gedinget hatten. Schickten &#x017F;ie demnach wie-<lb/>
der zu ru&#x0364;cke und giengen wir al&#x017F;o zu fu&#x017F;&#x017F;e de&#x017F;to Sorgenfreyer<lb/>
mit un&#x017F;ern Fu&#x0364;hrern/ denen gedachten neun Tu&#x0364;rcken/ in die<lb/>
Stadt hinein.</p><lb/>
            <p>Nach dem wir nun ins Klo&#x017F;ter bracht worden/ &#x017F;atzte &#x017F;ich<lb/>
der Vornehm&#x017F;te unter &#x017F;olchen neun Tu&#x0364;rcken/ der ohne Zwei-<lb/>
fel ein Befehlshalber war/ alsbald an einen von der Erden et-<lb/>
was erho&#x0364;heten Orthe auf einen aufgebreiteten &#x017F;cho&#x0364;nen Tu&#x0364;r-<lb/>
cki&#x017F;chen Teppich nieder und traten die u&#x0364;brigen acht Tu&#x0364;rcken al-<lb/>
le um ihn herum. Wer kein gut gewi&#x017F;&#x017F;en gehabt ha&#x0364;tte/ &#x017F;olte &#x017F;ich<lb/>
wol eingebildet haben/ als wenn &#x017F;ie Halsgerichte u&#x0364;ber uns hal-<lb/>
ten und uns zum tode verurtheln ha&#x0364;tten wollen. Allein wir<lb/>
mu&#x017F;ten mit un&#x017F;ern Fellei&#x017F;en hervor/ die&#x017F;elben aufmachen und<lb/>
allendhalben durch&#x017F;uchen la&#x017F;&#x017F;en/ zu dem Ende/ ob wir vielleicht<lb/>
von wichtigen Wahren etwas bey uns ha&#x0364;tten/ &#x017F;o Brauche nach<lb/>
verzollet ha&#x0364;tte werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Weil &#x017F;ie aber nichts fanden/<lb/>
waren alsbald die Franci&#x017F;caner-Mu&#x0364;nche zugegen/ welche die<lb/>
offenen Fellei&#x017F;&#x017F;en zu&#x017F;ammen nahmen und in ein groß Gemach<lb/>
trugen/ darinnen &#x017F;ie verwahret werden &#x017F;olten.</p><lb/>
            <p>Nach geendeter Ve&#x017F;per/ weil wir gleich nun die&#x017F;elbe Zeit<lb/>
ankamen/ kamen auch die andern Mu&#x0364;nche und der <hi rendition="#aq">Pater Guar-<lb/>
dian,</hi> als Regent deß Klo&#x017F;ters zu uns/ empfiengen uns gar<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">freund-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0302] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Endlich/ da der Beſcheid kam/ war derſelbe alſo beſchaf- fen: Wir muſten unſer Wehr ablegen und von uns geben/ wel- ches ein Tuͤrcke zu ſich nahm und der weile verwahren ſolte/ ſo lange biß wir wieder von dannen reiſen wuͤrden/ neun Tuͤrcken aber fuͤhrten uns zu fuſſe in die Stadt ins Convent und Klo- ſter der Franciſcaner Muͤnche/ dahin wir auch begehrten. Kein fremder Chriſte darf ſich unterſtehen in dieſe heilige Stadt zu reiten/ ausbenommen die Einheimiſchen. War uns dennoch gut/ daß wir unſere Pferd und Maulthiere nicht wei- ter/ als biß hieher gedinget hatten. Schickten ſie demnach wie- der zu ruͤcke und giengen wir alſo zu fuſſe deſto Sorgenfreyer mit unſern Fuͤhrern/ denen gedachten neun Tuͤrcken/ in die Stadt hinein. Nach dem wir nun ins Kloſter bracht worden/ ſatzte ſich der Vornehmſte unter ſolchen neun Tuͤrcken/ der ohne Zwei- fel ein Befehlshalber war/ alsbald an einen von der Erden et- was erhoͤheten Orthe auf einen aufgebreiteten ſchoͤnen Tuͤr- ckiſchen Teppich nieder und traten die uͤbrigen acht Tuͤrcken al- le um ihn herum. Wer kein gut gewiſſen gehabt haͤtte/ ſolte ſich wol eingebildet haben/ als wenn ſie Halsgerichte uͤber uns hal- ten und uns zum tode verurtheln haͤtten wollen. Allein wir muſten mit unſern Felleiſen hervor/ dieſelben aufmachen und allendhalben durchſuchen laſſen/ zu dem Ende/ ob wir vielleicht von wichtigen Wahren etwas bey uns haͤtten/ ſo Brauche nach verzollet haͤtte werden muͤſſen. Weil ſie aber nichts fanden/ waren alsbald die Franciſcaner-Muͤnche zugegen/ welche die offenen Felleiſſen zuſammen nahmen und in ein groß Gemach trugen/ darinnen ſie verwahret werden ſolten. Nach geendeter Veſper/ weil wir gleich nun dieſelbe Zeit ankamen/ kamen auch die andern Muͤnche und der Pater Guar- dian, als Regent deß Kloſters zu uns/ empfiengen uns gar freund-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/302
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/302>, abgerufen am 23.11.2024.