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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.

Den 6. Julij bin ich auf Bitte auch in diese Capelle/ wie-
wol barfuß/ geführet worden. Denn weil Gott damals Mosi
um seiner heiligen Gegenwart willen heissen seine Schuh auß-
ziehen/ da er zum feurigen Busch hinzu tretten wollen/ so müs-
sen nun noch heute zu Tage alle Pilgriam ihre Schuh außzie-
hen/ wenn sie da hinein gehen wollen.

Das Oerthlein/ wo der Busch gebrannt/ ist ietzt unter ei-
nem weissen viereckichten Marmel einer Spanne hoch umher
mit Kupffer gefasset/ als ein halb Rundel/ so in die Mauer ge-
arbeitet und oben ist wieder ein Blat von weissen Marmel auf
vier dergleichen runden Säulen/ welche schmal und nicht son-
derlich hoch sind. Unterm Blat zwischen den vier Säulen bren-
nen drey Lampen und muß zum wenigsten eine davon ohn Un-
terlaß brennen/ damit dieser heilige Orth nimmer ohne Liecht
sey. Die Decke oben ist viereckicht roth mit vielem Holtzwerg auch
in viereckichte Felderlein iedes einer Spannen weit aneinander
außgetheilet und weiß angestrichen/ mit viel silbernen bren-
nenden Lampen behenget.

Als ich aus gedachter Capelle gangen/ bin ich gleich in die
grosse Kirche zu S. Catharinen Kästlein genannt kommen an
dem hohen Altar zur lincken Hand/ von welcher hernachmals
Meldung geschehen soll.

Dem Ausgange dieser Kirche gleich gegen über ist eine
sehr tieffe Cistern/ oder Brunn/ meistentheils in Felsen ge-
hauen/ aus welcher Moses seine Schafe geträncket/ dieweil er
schon zu Mosis Zeiten allda gewesen seyn soll. Hat gut frisch
Wasser/ welches von sich selber quillet und nimmer abnimmet/
dergleichen wir unter wegens wol mit Fingerlecken hätten
wünschen sollen/ da wir uns mit dem warmen faulen und stin-
ckenden Wasser behelffen und plagen müssen.

Das
C c 3
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Den 6. Julij bin ich auf Bitte auch in dieſe Capelle/ wie-
wol barfuß/ gefuͤhret worden. Denn weil Gott damals Moſi
um ſeiner heiligen Gegenwart willen heiſſen ſeine Schuh auß-
ziehen/ da er zum feurigen Buſch hinzu tretten wollen/ ſo muͤſ-
ſen nun noch heute zu Tage alle Pilgriam ihre Schuh außzie-
hen/ wenn ſie da hinein gehen wollen.

Das Oerthlein/ wo der Buſch gebrannt/ iſt ietzt unter ei-
nem weiſſen viereckichten Marmel einer Spanne hoch umher
mit Kupffer gefaſſet/ als ein halb Rundel/ ſo in die Mauer ge-
arbeitet und oben iſt wieder ein Blat von weiſſen Marmel auf
vier dergleichen runden Saͤulen/ welche ſchmal und nicht ſon-
derlich hoch ſind. Unterm Blat zwiſchen den vier Saͤulen bren-
nen drey Lampen und muß zum wenigſten eine davon ohn Un-
terlaß brennen/ damit dieſer heilige Orth nimmer ohne Liecht
ſey. Die Decke obẽ iſt viereckicht roth mit vielem Holtzwerg auch
in viereckichte Felderlein iedes einer Spannen weit aneinander
außgetheilet und weiß angeſtrichen/ mit viel ſilbernen bren-
nenden Lampen behenget.

Als ich aus gedachter Capelle gangen/ bin ich gleich in die
groſſe Kirche zu S. Catharinen Kaͤſtlein genañt kommen an
dem hohen Altar zur lincken Hand/ von welcher hernachmals
Meldung geſchehen ſoll.

Dem Ausgange dieſer Kirche gleich gegen uͤber iſt eine
ſehr tieffe Ciſtern/ oder Brunn/ meiſtentheils in Felſen ge-
hauen/ aus welcher Moſes ſeine Schafe getraͤncket/ dieweil er
ſchon zu Moſis Zeiten allda geweſen ſeyn ſoll. Hat gut friſch
Waſſer/ welches von ſich ſelber quillet und nimmer abnimmet/
dergleichen wir unter wegens wol mit Fingerlecken haͤtten
wuͤnſchen ſollen/ da wir uns mit dem warmen faulen und ſtin-
ckenden Waſſer behelffen und plagen muͤſſen.

Das
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[203/0209] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Den 6. Julij bin ich auf Bitte auch in dieſe Capelle/ wie- wol barfuß/ gefuͤhret worden. Denn weil Gott damals Moſi um ſeiner heiligen Gegenwart willen heiſſen ſeine Schuh auß- ziehen/ da er zum feurigen Buſch hinzu tretten wollen/ ſo muͤſ- ſen nun noch heute zu Tage alle Pilgriam ihre Schuh außzie- hen/ wenn ſie da hinein gehen wollen. Das Oerthlein/ wo der Buſch gebrannt/ iſt ietzt unter ei- nem weiſſen viereckichten Marmel einer Spanne hoch umher mit Kupffer gefaſſet/ als ein halb Rundel/ ſo in die Mauer ge- arbeitet und oben iſt wieder ein Blat von weiſſen Marmel auf vier dergleichen runden Saͤulen/ welche ſchmal und nicht ſon- derlich hoch ſind. Unterm Blat zwiſchen den vier Saͤulen bren- nen drey Lampen und muß zum wenigſten eine davon ohn Un- terlaß brennen/ damit dieſer heilige Orth nimmer ohne Liecht ſey. Die Decke obẽ iſt viereckicht roth mit vielem Holtzwerg auch in viereckichte Felderlein iedes einer Spannen weit aneinander außgetheilet und weiß angeſtrichen/ mit viel ſilbernen bren- nenden Lampen behenget. Als ich aus gedachter Capelle gangen/ bin ich gleich in die groſſe Kirche zu S. Catharinen Kaͤſtlein genañt kommen an dem hohen Altar zur lincken Hand/ von welcher hernachmals Meldung geſchehen ſoll. Dem Ausgange dieſer Kirche gleich gegen uͤber iſt eine ſehr tieffe Ciſtern/ oder Brunn/ meiſtentheils in Felſen ge- hauen/ aus welcher Moſes ſeine Schafe getraͤncket/ dieweil er ſchon zu Moſis Zeiten allda geweſen ſeyn ſoll. Hat gut friſch Waſſer/ welches von ſich ſelber quillet und nimmer abnimmet/ dergleichen wir unter wegens wol mit Fingerlecken haͤtten wuͤnſchen ſollen/ da wir uns mit dem warmen faulen und ſtin- ckenden Waſſer behelffen und plagen muͤſſen. Das C c 3

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/209>, abgerufen am 24.11.2024.