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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Das V. Capitel.
unterschiedliche meisterliche Bildhauereyen findet. 2) Die St. Marien-
Magdalenen-Kirche,
worinnen das uralte Epitaphium des Grafen Adol-
phi IV.
merckwürdig: Jngleichen der Altar, als eine sonderbare köstliche Reli-
qui
e aus dem Pabstthum. Er bestehet aus 48. Fächern, 3. und 3. unter einan-
der, und welches am remarquablesten, so stellet davon das oberste ein Für-
bild altes Testaments; das mittelste eine Application auf Christum, und
das unterste eine Application auf St. Franciscum, vor. Ubrigens ist diese
Kirche voller schönen Gemählde. 3) Die Heil. Geist-Kirche; 4) Die
St. Gertrauts-Kirche; 5) Die alte Michaelis-Kirche; 6) Die Way-
senhaus.
7.) und 8.) Zucht- und Spinnhaus-Kirchen, welche 3. letzte-
re aber nur eigentlich Capellen können genannt werden. Unter denen publi-
qu
en weltlichen Gebäuen meritiren das Rathhaus, die Börse, das Opera-
Haus, der Raths-Weinkeller, besucht zu werden. Weiter findet man
bey der Johannis- und Marien-Magdalenen-Kirchen zwey renommirte
Jungfrauen-Klöster. Vor dem Deich- und Müller-Thor findet
ein Martis-Sohn, oder sonst ein Curiöser, zwey wohl ausstaffirte Zeug-
Häuser.
Jn welchem erstern insonderheit zu remarquiren 4. Richt-
Schwerter,
damit der bekandte See-Räuber Sturtzebecher und seine
Gesellen hingerichtet worden. Ein kleines Fischer-Schifflein, so ohn-
gefähr 30. Schuh lang, auf welchem A. 1615. drey Wagehälse aus Enge-
land
bis nach Hamburg gefahren, um eine Wette von 1000. Rthlr. zu ge-
winnen. Dieses denckwürdige Fahrzeug samt den 3. Rudern, ist zu ewigem
Gedächtniß allhier aufgehangen worden, dabey diese Schrifft zu lesen:
Jk will uhtgan, und will myn Lieff und Blut the Wahge setten,
Geld und Guht, auch guten Nahmen dadurch zu erjagen.
Fer-
ner zwey grosse vergüldte Canonen, welche ein gewisser Kauffmann an die
Cämmerey soll versetzt haben. Das übrige lasse ich zum eigenen Besicht un-
berührt.

Und daß wir endlich einmal zu dem rechten Propos unserer Materie ge-
langen, so will ich auch nunmehro derjenigen Hamburgischen Denckwür-
digkeiten gedencken, worinnen Literati und Studirende ihr Vergnügen su-
chen. Ein Curiöser findet demnach in dieser weit und breit berühmten Stadt
zwey Haupt-Bibliothequen: Eine auf dem Dom, worinnen man einen
Vorrath Bücher von allerhand Facultaten findet. Es stehet diese denen
Liebhabern wöchentlich einmal offen, nemlich Mittwochs Nachmittag von
3. bis 5. Uhr. Die vornehmste aber findet man bey der St. Johannis-
Kirche.
Am Eingang in derselben findet man sogleich zur rechten Hand
ein sehr künstliches Uhtwerck von dem berühmten Mich. Huneditscki verferti-

get,
G 2

Das V. Capitel.
unterſchiedliche meiſterliche Bildhauereyen findet. 2) Die St. Marien-
Magdalenen-Kirche,
worinnen das uralte Epitaphium des Grafen Adol-
phi IV.
merckwuͤrdig: Jngleichen der Altar, als eine ſonderbare koͤſtliche Reli-
qui
e aus dem Pabſtthum. Er beſtehet aus 48. Faͤchern, 3. und 3. unter einan-
der, und welches am remarquableſten, ſo ſtellet davon das oberſte ein Fuͤr-
bild altes Teſtaments; das mittelſte eine Application auf Chriſtum, und
das unterſte eine Application auf St. Franciſcum, vor. Ubrigens iſt dieſe
Kirche voller ſchoͤnen Gemaͤhlde. 3) Die Heil. Geiſt-Kirche; 4) Die
St. Gertrauts-Kirche; 5) Die alte Michaelis-Kirche; 6) Die Way-
ſenhaus.
7.) und 8.) Zucht- und Spinnhaus-Kirchen, welche 3. letzte-
re aber nur eigentlich Capellen koͤnnen genannt werden. Unter denen publi-
qu
en weltlichen Gebaͤuen meritiren das Rathhaus, die Boͤrſe, das Opera-
Haus, der Raths-Weinkeller, beſucht zu werden. Weiter findet man
bey der Johannis- und Marien-Magdalenen-Kirchen zwey renommirte
Jungfrauen-Kloͤſter. Vor dem Deich- und Muͤller-Thor findet
ein Martis-Sohn, oder ſonſt ein Curiöſer, zwey wohl ausſtaffirte Zeug-
Haͤuſer.
Jn welchem erſtern inſonderheit zu remarquiren 4. Richt-
Schwerter,
damit der bekandte See-Raͤuber Sturtzebecher und ſeine
Geſellen hingerichtet worden. Ein kleines Fiſcher-Schifflein, ſo ohn-
gefaͤhr 30. Schuh lang, auf welchem A. 1615. drey Wagehaͤlſe aus Enge-
land
bis nach Hamburg gefahren, um eine Wette von 1000. Rthlr. zu ge-
winnen. Dieſes denckwuͤrdige Fahrzeug ſamt den 3. Rudern, iſt zu ewigem
Gedaͤchtniß allhier aufgehangen worden, dabey dieſe Schrifft zu leſen:
Jk will uhtgan, und will myn Lieff und Blut the Wahge ſetten,
Geld und Guht, auch guten Nahmen dadurch zu erjagen.
Fer-
ner zwey groſſe verguͤldte Canonen, welche ein gewiſſer Kauffmann an die
Caͤmmerey ſoll verſetzt haben. Das uͤbrige laſſe ich zum eigenen Beſicht un-
beruͤhrt.

Und daß wir endlich einmal zu dem rechten Propos unſerer Materie ge-
langen, ſo will ich auch nunmehro derjenigen Hamburgiſchen Denckwuͤr-
digkeiten gedencken, worinnen Literati und Studirende ihr Vergnuͤgen ſu-
chen. Ein Curiöſer findet demnach in dieſer weit und breit beruͤhmten Stadt
zwey Haupt-Bibliothequen: Eine auf dem Dom, worinnen man einen
Vorrath Buͤcher von allerhand Facultaten findet. Es ſtehet dieſe denen
Liebhabern woͤchentlich einmal offen, nemlich Mittwochs Nachmittag von
3. bis 5. Uhr. Die vornehmſte aber findet man bey der St. Johannis-
Kirche.
Am Eingang in derſelben findet man ſogleich zur rechten Hand
ein ſehr kuͤnſtliches Uhtwerck von dem beruͤhmten Mich. Huneditscki verferti-

get,
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[51/0079] Das V. Capitel. unterſchiedliche meiſterliche Bildhauereyen findet. 2) Die St. Marien- Magdalenen-Kirche, worinnen das uralte Epitaphium des Grafen Adol- phi IV. merckwuͤrdig: Jngleichen der Altar, als eine ſonderbare koͤſtliche Reli- quie aus dem Pabſtthum. Er beſtehet aus 48. Faͤchern, 3. und 3. unter einan- der, und welches am remarquableſten, ſo ſtellet davon das oberſte ein Fuͤr- bild altes Teſtaments; das mittelſte eine Application auf Chriſtum, und das unterſte eine Application auf St. Franciſcum, vor. Ubrigens iſt dieſe Kirche voller ſchoͤnen Gemaͤhlde. 3) Die Heil. Geiſt-Kirche; 4) Die St. Gertrauts-Kirche; 5) Die alte Michaelis-Kirche; 6) Die Way- ſenhaus. 7.) und 8.) Zucht- und Spinnhaus-Kirchen, welche 3. letzte- re aber nur eigentlich Capellen koͤnnen genannt werden. Unter denen publi- quen weltlichen Gebaͤuen meritiren das Rathhaus, die Boͤrſe, das Opera- Haus, der Raths-Weinkeller, beſucht zu werden. Weiter findet man bey der Johannis- und Marien-Magdalenen-Kirchen zwey renommirte Jungfrauen-Kloͤſter. Vor dem Deich- und Muͤller-Thor findet ein Martis-Sohn, oder ſonſt ein Curiöſer, zwey wohl ausſtaffirte Zeug- Haͤuſer. Jn welchem erſtern inſonderheit zu remarquiren 4. Richt- Schwerter, damit der bekandte See-Raͤuber Sturtzebecher und ſeine Geſellen hingerichtet worden. Ein kleines Fiſcher-Schifflein, ſo ohn- gefaͤhr 30. Schuh lang, auf welchem A. 1615. drey Wagehaͤlſe aus Enge- land bis nach Hamburg gefahren, um eine Wette von 1000. Rthlr. zu ge- winnen. Dieſes denckwuͤrdige Fahrzeug ſamt den 3. Rudern, iſt zu ewigem Gedaͤchtniß allhier aufgehangen worden, dabey dieſe Schrifft zu leſen: Jk will uhtgan, und will myn Lieff und Blut the Wahge ſetten, Geld und Guht, auch guten Nahmen dadurch zu erjagen. Fer- ner zwey groſſe verguͤldte Canonen, welche ein gewiſſer Kauffmann an die Caͤmmerey ſoll verſetzt haben. Das uͤbrige laſſe ich zum eigenen Beſicht un- beruͤhrt. Und daß wir endlich einmal zu dem rechten Propos unſerer Materie ge- langen, ſo will ich auch nunmehro derjenigen Hamburgiſchen Denckwuͤr- digkeiten gedencken, worinnen Literati und Studirende ihr Vergnuͤgen ſu- chen. Ein Curiöſer findet demnach in dieſer weit und breit beruͤhmten Stadt zwey Haupt-Bibliothequen: Eine auf dem Dom, worinnen man einen Vorrath Buͤcher von allerhand Facultaten findet. Es ſtehet dieſe denen Liebhabern woͤchentlich einmal offen, nemlich Mittwochs Nachmittag von 3. bis 5. Uhr. Die vornehmſte aber findet man bey der St. Johannis- Kirche. Am Eingang in derſelben findet man ſogleich zur rechten Hand ein ſehr kuͤnſtliches Uhtwerck von dem beruͤhmten Mich. Huneditscki verferti- get, G 2

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/79>, abgerufen am 24.11.2024.