Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.von Museis insgemein. erbauliche Gedancken beyfallen möchten. Dieses ist meines Erachtens einegantz leichte Weise, und die Lust darzu einem ieden fast in der Natur ange- bohren, derowegen mangelts nur allein an dem, daß wir unsern Wandel und Verrichtung darnach einrichten, und also ersparte mancher sein Geld und Gut, welches er sonst bey müßigen Stunden in Wein-Kellern und an- dern Orten zum Nachtheil seines Leibes Gesundheit verschwendet, und was das vornehmste, so würde er dadurch sich und allen den Seinigen den Weg zu einem verständigen, weislichen und Christlichen Leben bahnen. Noch grösser aber würde der Nutz seyn, daferne er Gelegenheit hätte, entweder einer öffentlichen Stadt Raritäten- Kammer, oder nur eines privat Man- nes besonderes Raritäten-Behältniß zu besuchen. Dieses würde ihm und den Seinigen um desto mehr dasjenige, von dem sie vorher durch Lesung solcher Bücher sich schon einigen Begriff gemacht, zu Nutze machen; und es kan nicht fehlen, daß auch der allerunwissenste auf eine solche Art eine grosse Erkänntniß in dem Lichte der Natur erlangen würde. Recht und wohl saget demnach der heil. Basilius: rung
von Muſeis insgemein. erbauliche Gedancken beyfallen moͤchten. Dieſes iſt meines Erachtens einegantz leichte Weiſe, und die Luſt darzu einem ieden faſt in der Natur ange- bohren, derowegen mangelts nur allein an dem, daß wir unſern Wandel und Verrichtung darnach einrichten, und alſo erſparte mancher ſein Geld und Gut, welches er ſonſt bey muͤßigen Stunden in Wein-Kellern und an- dern Orten zum Nachtheil ſeines Leibes Geſundheit verſchwendet, und was das vornehmſte, ſo wuͤrde er dadurch ſich und allen den Seinigen den Weg zu einem verſtaͤndigen, weislichen und Chriſtlichen Leben bahnen. Noch groͤſſer aber wuͤrde der Nutz ſeyn, daferne er Gelegenheit haͤtte, entweder einer oͤffentlichen Stadt Raritaͤten- Kammer, oder nur eines privat Man- nes beſonderes Raritaͤten-Behaͤltniß zu beſuchen. Dieſes wuͤrde ihm und den Seinigen um deſto mehr dasjenige, von dem ſie vorher durch Leſung ſolcher Buͤcher ſich ſchon einigen Begriff gemacht, zu Nutze machen; und es kan nicht fehlen, daß auch der allerunwiſſenſte auf eine ſolche Art eine groſſe Erkaͤnntniß in dem Lichte der Natur erlangen wuͤrde. Recht und wohl ſaget demnach der heil. Baſilius: rung
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von Muſeis insgemein.
erbauliche Gedancken beyfallen moͤchten. Dieſes iſt meines Erachtens eine
gantz leichte Weiſe, und die Luſt darzu einem ieden faſt in der Natur ange-
bohren, derowegen mangelts nur allein an dem, daß wir unſern Wandel
und Verrichtung darnach einrichten, und alſo erſparte mancher ſein Geld
und Gut, welches er ſonſt bey muͤßigen Stunden in Wein-Kellern und an-
dern Orten zum Nachtheil ſeines Leibes Geſundheit verſchwendet, und was
das vornehmſte, ſo wuͤrde er dadurch ſich und allen den Seinigen den Weg
zu einem verſtaͤndigen, weislichen und Chriſtlichen Leben bahnen. Noch
groͤſſer aber wuͤrde der Nutz ſeyn, daferne er Gelegenheit haͤtte, entweder
einer oͤffentlichen Stadt Raritaͤten- Kammer, oder nur eines privat Man-
nes beſonderes Raritaͤten-Behaͤltniß zu beſuchen. Dieſes wuͤrde ihm und
den Seinigen um deſto mehr dasjenige, von dem ſie vorher durch Leſung
ſolcher Buͤcher ſich ſchon einigen Begriff gemacht, zu Nutze machen; und es
kan nicht fehlen, daß auch der allerunwiſſenſte auf eine ſolche Art eine groſſe
Erkaͤnntniß in dem Lichte der Natur erlangen wuͤrde.
Recht und wohl ſaget demnach der heil. Baſilius: „Daß die Be-„
trachtung der Natur ein Vorhof der himmliſchen Freude, ein ſte-„
tes Jauchzen des Gemuͤths, eine Thuͤr zur Zufriedenheit, eine„
Vereinigung des Gemuͤths zwiſchen dem Obern und Untern, und„
der hoͤchſte Gipffel der menſchlichen Gluͤckſeligkeit ſey: Wann die„
Seele des Menſchen zu derſelbigen kommen iſt, ſo erwachet ſie„
gleichſam aus einem tieffen Schlafe, gelanget zu dem Licht, ver-„
giſſet ihrer ſelber, und vertritt mehr die Stelle eines irdiſchen Got-„
tes als eines himmliſchen Menſchen.‟ Keine beſſere Gelegenheit findet
man nun zu dieſer faſt mit himmliſcher Luſt verknuͤpfften Betrachtung der
Natur, als in Muſeis oder ſolchen Orten, welche ausdruͤcklich darzu an ei-
ner bequemen und einſamen Stelle angeordnet ſind, woſelbſt man gleichſam
alle unnuͤtze Geſchaͤffte und weltlichen Rumor verlaͤſt, dagegen aber ſeine
Sinnen und Gedancken zuſammen rufft, und einig und allein zur Ehre
GOttes in der Betrachtung aller ſeiner Wunder anwendet. Hier ſitzt er
alſo angeſchloſſen und umgeben mit herrlichen, raren, wunderbaren und
fremden Sachen, uͤber deren Anſchauung ſeine leibliche Augen in angeneh-
me Ergoͤtzung und Froͤlichkeit gerathen; der Geruch empfindet ſeine Luſt bey
ſo mancher balſamiſchen und aromatiſchen Materie: Der Geſchmack muß
zu erkennen geben, ob dieſes oder jenes ſuͤß oder bitter, angenehm oder widrig
ſey: Das Gehoͤr vernimmt das Sauſen und Brauſen der Meer-Schne-
cken ꝛc. und in Kunſt-Sachen hat es mancherley Luſt und Nutzen, abſon-
derlich aber bringets demſelben groſſe Freude, wann es vernimmt die Erklaͤ-
rung
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