Der Himmel und die Erde Mit ihrem gantzen Heer, Der Fisch unzählig Heere Jm grossen wilden Meer.
Was hier David als ein Mann nach dem Hertzen und Willen GOt- tes von der Natur-Betrachtung gerühmet: Eben das haben auch Welt- weise Heiden in ihren Schrifften erwiesen. Merckwürdig sind deßwegen die Worte Ciceronis, wenn er also spricht: "Jch halte dafür, daß die" natürlichen Fragen zu keiner Zeit unterbleiben sollen, denn die Be-" trachtung der Natur ist wie eine Nahrung des Gemüths und der" Vernunfft; denn dadurch werden wir wacker, verachten diß Ver-" gängliche oder Zeitliche, und richten unsere Gedancken nach den" Ewigen und Himmlischen etc."
Geneigter Leser!
WJr haben bisher einen etwas weitläufftigen Discours gehabt, theils von denen herrlichen Eigenschafften eines Menschen, womit dersel- bige vor allen anderen von GOtt erschaffenen Creaturen begabet worden, theils auch von der so nöthigen als nützlichen und zum Christenthum insge- mein erbaulichen Betrachtung der Natur und allerley natürlichen Dinge. Manlius redet von ersteren gantz artig in diesen Versen:
Projecta jacent animalia cuncta In terra, vel mersa vadis, vel in aere pendent &c.
Welches wir nur sofort zu teutsch allhier geben:
Wenn andre Thiere sonst zur Erden nieder liegen, Zum Theil im Wasser seyn, auch durch die Lufft hin fliegen, Die alle unbesorgt, weil Glieder, Leib und Sinn, Verstand und Sprach-los sind, die Zeit so bringen hin:
So ist der Mensch allein von GOtt so hoch geachtet, Daß er beredt und klug von Kunst, dasjenige betrachtet, Was GOtt erschaffen hat. GOtt hat ihn eingesetzt Zum Herrscher in der Welt, da treibt er bis zuletzt
Sein Thun nach Unterscheid: Der zwingt zur Frucht die Felder, Der jagt dem Wilde nach durch Berge, Thal und Wälder, Ein andrer bähnt den Weg und bauet Brücken auf, Der steht erhabnes Haupts mit bey dem Hofe-Lauff,
Der
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vonMuſeisinsgemein.
Der Himmel und die Erde Mit ihrem gantzen Heer, Der Fiſch unzaͤhlig Heere Jm groſſen wilden Meer.
Was hier David als ein Mann nach dem Hertzen und Willen GOt- tes von der Natur-Betrachtung geruͤhmet: Eben das haben auch Welt- weiſe Heiden in ihren Schrifften erwieſen. Merckwuͤrdig ſind deßwegen die Worte Ciceronis, wenn er alſo ſpricht: „Jch halte dafuͤr, daß die„ natuͤrlichen Fragen zu keiner Zeit unterbleiben ſollen, denn die Be-„ trachtung der Natur iſt wie eine Nahrung des Gemuͤths und der„ Vernunfft; denn dadurch werden wir wacker, verachten diß Ver-„ gaͤngliche oder Zeitliche, und richten unſere Gedancken nach den„ Ewigen und Himmliſchen ꝛc.‟
Geneigter Leſer!
WJr haben bisher einen etwas weitlaͤufftigen Diſcours gehabt, theils von denen herrlichen Eigenſchafften eines Menſchen, womit derſel- bige vor allen anderen von GOtt erſchaffenen Creaturen begabet worden, theils auch von der ſo noͤthigen als nuͤtzlichen und zum Chriſtenthum insge- mein erbaulichen Betrachtung der Natur und allerley natuͤrlichen Dinge. Manlius redet von erſteren gantz artig in dieſen Verſen:
Projecta jacent animalia cuncta In terra, vel merſa vadis, vel in aëre pendent &c.
Welches wir nur ſofort zu teutſch allhier geben:
Wenn andre Thiere ſonſt zur Erden nieder liegen, Zum Theil im Waſſer ſeyn, auch durch die Lufft hin fliegen, Die alle unbeſorgt, weil Glieder, Leib und Sinn, Verſtand und Sprach-los ſind, die Zeit ſo bringen hin:
So iſt der Menſch allein von GOtt ſo hoch geachtet, Daß er beredt und klug von Kunſt, dasjenige betrachtet, Was GOtt erſchaffen hat. GOtt hat ihn eingeſetzt Zum Herrſcher in der Welt, da treibt er bis zuletzt
Sein Thun nach Unterſcheid: Der zwingt zur Frucht die Felder, Der jagt dem Wilde nach durch Berge, Thal und Waͤlder, Ein andrer baͤhnt den Weg und bauet Bruͤcken auf, Der ſteht erhabnes Haupts mit bey dem Hofe-Lauff,
Der
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von Muſeis insgemein.
Der Himmel und die Erde
Mit ihrem gantzen Heer,
Der Fiſch unzaͤhlig Heere
Jm groſſen wilden Meer.
Was hier David als ein Mann nach dem Hertzen und Willen GOt-
tes von der Natur-Betrachtung geruͤhmet: Eben das haben auch Welt-
weiſe Heiden in ihren Schrifften erwieſen. Merckwuͤrdig ſind deßwegen
die Worte Ciceronis, wenn er alſo ſpricht: „Jch halte dafuͤr, daß die„
natuͤrlichen Fragen zu keiner Zeit unterbleiben ſollen, denn die Be-„
trachtung der Natur iſt wie eine Nahrung des Gemuͤths und der„
Vernunfft; denn dadurch werden wir wacker, verachten diß Ver-„
gaͤngliche oder Zeitliche, und richten unſere Gedancken nach den„
Ewigen und Himmliſchen ꝛc.‟
Geneigter Leſer!
WJr haben bisher einen etwas weitlaͤufftigen Diſcours gehabt, theils
von denen herrlichen Eigenſchafften eines Menſchen, womit derſel-
bige vor allen anderen von GOtt erſchaffenen Creaturen begabet worden,
theils auch von der ſo noͤthigen als nuͤtzlichen und zum Chriſtenthum insge-
mein erbaulichen Betrachtung der Natur und allerley natuͤrlichen Dinge.
Manlius redet von erſteren gantz artig in dieſen Verſen:
Projecta jacent animalia cuncta
In terra, vel merſa vadis, vel in aëre pendent &c.
Welches wir nur ſofort zu teutſch allhier geben:
Wenn andre Thiere ſonſt zur Erden nieder liegen,
Zum Theil im Waſſer ſeyn, auch durch die Lufft hin fliegen,
Die alle unbeſorgt, weil Glieder, Leib und Sinn,
Verſtand und Sprach-los ſind, die Zeit ſo bringen hin:
So iſt der Menſch allein von GOtt ſo hoch geachtet,
Daß er beredt und klug von Kunſt, dasjenige betrachtet,
Was GOtt erſchaffen hat. GOtt hat ihn eingeſetzt
Zum Herrſcher in der Welt, da treibt er bis zuletzt
Sein Thun nach Unterſcheid: Der zwingt zur Frucht die Felder,
Der jagt dem Wilde nach durch Berge, Thal und Waͤlder,
Ein andrer baͤhnt den Weg und bauet Bruͤcken auf,
Der ſteht erhabnes Haupts mit bey dem Hofe-Lauff,
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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/471>, abgerufen am 22.11.2024.
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