Wunder aufbehalten werden; so erinnert mich jener Entwurff und obige Platonische Vermahnung, daß mir auch noch zu erweisen obliege, in wie weit und auf was Art Raritäten-Kammern zur Beförderung der Ehre GOttes absonderlich, und dann auch zum gemeinen Besten nützlich seynd.
Wir lesen in der heil. Schrifft, daß das Wesen aller Dinge, die Drey- einige Gottheit, vor welcher Erd und Himmel ihre Knie beugen, einen heiligen Rath angestellet. Was nun in solchem beschlossen worden, das zeigen uns nachfolgende Worte: Und GOTT sprach: Lasset uns MENSCHEN machen, ein Bild, das uns gleich sey, die da herrschen über die Fische im Meer, und über die Vögel unter dem Himmel, und über das Vieh, und über die gantze Erde, und über die gantze Erde, und über alles Gewürm, das auf Erden kreucht. Genes. cap. 1, 26. Diese wenige Worte sind von einem solchen wichtigen Jnnhalt, daß wol ein ziemlich grosses Buch davon könte geschrieben werden. Wir aber bemercken überhaupt 1. daraus: Was der Mensch für ein edles Ge- schöpff vor allen andern sey? "Denn es war noch nicht genug, daß GOtt dem" Menschen in der Schöpffung eine schöne Gestalt, u. äusserliche Zierde des Lei-" bes gegeben, und ihn also gerade und hoch aufgericht geschaffen, daß derselbe" vor allen andern Thieren ansehnlich u. artig war, und daß er seine Augen ge-" rade auf gen Himmel, als seine erste Ankunfft, erheben möchte: Sondern er" zierte ihn auch innerlich noch vielmehr an seiner Seel und Gemüth mit herrli-" chen Gaben," ja was sage ich herrlichen Gaben, GOtt machte ein Bild," das ihm selbst gleich war, das ist ein Bild, das seines Schöpffers Wesen, Natur und Eigenschafften vorbildete, ein Bild, das wie GOtt selber ge- recht, heilig, unsterblich, schön und ohne einigen Mangel vollkommen war, herrschende über alle seine Hände Wercke. Die Seele aber bebet in meinem Leibe, und meine Gedancken fangen an betrübt zu werden, wenn sie in Er- wägung ziehen den grossen und unschätzbaren Verlust dieses unaussprech- lichen Göttlichen Ebenbildes durch den kläglichen Fall des zuerst von GOtt erschaffenen ihm gleich seyenden Bildes. Ach Adam, bedachtest du denn nicht deinen glückseligen Stand, darein dich dein Schöpffer gesetzt hatte? ja der alle schöne Creaturen schon vorher erschaffen, und deßwegen dir am letzten einen lebendigen Odem einbließ, damit du die gantze Erde und schönes Firmament mit den allerlieblichsten Geschöpffen und Creaturen gleichsam als in einem angenehmen Frühling vor dir finden möchtest? Bedachtest du nicht, daß dein Bild das gantze menschliche Geschlecht vorstellete, und daß an deinem Gehorsam das ewige Wohl, die unaussprechliche Glückseligkeit,
ja
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vonMuſeisinsgemein.
Wunder aufbehalten werden; ſo erinnert mich jener Entwurff und obige Platoniſche Vermahnung, daß mir auch noch zu erweiſen obliege, in wie weit und auf was Art Raritaͤten-Kammern zur Befoͤrderung der Ehre GOttes abſonderlich, und dann auch zum gemeinen Beſten nuͤtzlich ſeynd.
Wir leſen in der heil. Schrifft, daß das Weſen aller Dinge, die Drey- einige Gottheit, vor welcher Erd und Himmel ihre Knie beugen, einen heiligen Rath angeſtellet. Was nun in ſolchem beſchloſſen worden, das zeigen uns nachfolgende Worte: Und GOTT ſprach: Laſſet uns MENSCHEN machen, ein Bild, das uns gleich ſey, die da herrſchen uͤber die Fiſche im Meer, und uͤber die Voͤgel unter dem Himmel, und uͤber das Vieh, und uͤber die gantze Erde, und uͤber die gantze Erde, und uͤber alles Gewuͤrm, das auf Erden kreucht. Geneſ. cap. 1, 26. Dieſe wenige Worte ſind von einem ſolchen wichtigen Jnnhalt, daß wol ein ziemlich groſſes Buch davon koͤnte geſchrieben werden. Wir aber bemercken uͤberhaupt 1. daraus: Was der Menſch fuͤr ein edles Ge- ſchoͤpff vor allen andern ſey? „Deñ es war noch nicht genug, daß GOtt dem„ Menſchen in der Schoͤpffung eine ſchoͤne Geſtalt, u. aͤuſſerliche Zieꝛde des Lei-„ bes gegeben, und ihn alſo gerade und hoch aufgericht geſchaffen, daß derſelbe„ vor allen andern Thieren anſehnlich u. artig war, und daß er ſeine Augen ge-„ rade auf gen Himmel, als ſeine erſte Ankunfft, erheben moͤchte: Sondern er„ zierte ihn auch iñerlich noch vielmehr an ſeiner Seel und Gemuͤth mit herrli-„ chen Gaben,‟ ja was ſage ich herrlichen Gaben, GOtt machte ein Bild,„ das ihm ſelbſt gleich war, das iſt ein Bild, das ſeines Schoͤpffers Weſen, Natur und Eigenſchafften vorbildete, ein Bild, das wie GOtt ſelber ge- recht, heilig, unſterblich, ſchoͤn und ohne einigen Mangel vollkommen war, herrſchende uͤber alle ſeine Haͤnde Wercke. Die Seele aber bebet in meinem Leibe, und meine Gedancken fangen an betruͤbt zu werden, wenn ſie in Er- waͤgung ziehen den groſſen und unſchaͤtzbaren Verluſt dieſes unausſprech- lichen Goͤttlichen Ebenbildes durch den klaͤglichen Fall des zuerſt von GOtt erſchaffenen ihm gleich ſeyenden Bildes. Ach Adam, bedachteſt du denn nicht deinen gluͤckſeligen Stand, darein dich dein Schoͤpffer geſetzt hatte? ja der alle ſchoͤne Creaturen ſchon vorher erſchaffen, und deßwegen dir am letzten einen lebendigen Odem einbließ, damit du die gantze Erde und ſchoͤnes Firmament mit den allerlieblichſten Geſchoͤpffen und Creaturen gleichſam als in einem angenehmen Fruͤhling vor dir finden moͤchteſt? Bedachteſt du nicht, daß dein Bild das gantze menſchliche Geſchlecht vorſtellete, und daß an deinem Gehorſam das ewige Wohl, die unausſprechliche Gluͤckſeligkeit,
ja
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von Muſeis insgemein.
Wunder aufbehalten werden; ſo erinnert mich jener Entwurff und obige
Platoniſche Vermahnung, daß mir auch noch zu erweiſen obliege, in wie
weit und auf was Art Raritaͤten-Kammern zur Befoͤrderung der Ehre
GOttes abſonderlich, und dann auch zum gemeinen Beſten nuͤtzlich
ſeynd.
Wir leſen in der heil. Schrifft, daß das Weſen aller Dinge, die Drey-
einige Gottheit, vor welcher Erd und Himmel ihre Knie beugen, einen
heiligen Rath angeſtellet. Was nun in ſolchem beſchloſſen worden, das
zeigen uns nachfolgende Worte: Und GOTT ſprach: Laſſet uns
MENSCHEN machen, ein Bild, das uns gleich ſey, die da
herrſchen uͤber die Fiſche im Meer, und uͤber die Voͤgel unter dem
Himmel, und uͤber das Vieh, und uͤber die gantze Erde, und uͤber
die gantze Erde, und uͤber alles Gewuͤrm, das auf Erden kreucht.
Geneſ. cap. 1, 26. Dieſe wenige Worte ſind von einem ſolchen wichtigen
Jnnhalt, daß wol ein ziemlich groſſes Buch davon koͤnte geſchrieben werden.
Wir aber bemercken uͤberhaupt 1. daraus: Was der Menſch fuͤr ein edles Ge-
ſchoͤpff vor allen andern ſey? „Deñ es war noch nicht genug, daß GOtt dem„
Menſchen in der Schoͤpffung eine ſchoͤne Geſtalt, u. aͤuſſerliche Zieꝛde des Lei-„
bes gegeben, und ihn alſo gerade und hoch aufgericht geſchaffen, daß derſelbe„
vor allen andern Thieren anſehnlich u. artig war, und daß er ſeine Augen ge-„
rade auf gen Himmel, als ſeine erſte Ankunfft, erheben moͤchte: Sondern er„
zierte ihn auch iñerlich noch vielmehr an ſeiner Seel und Gemuͤth mit herrli-„
chen Gaben,‟ ja was ſage ich herrlichen Gaben, GOtt machte ein Bild,„
das ihm ſelbſt gleich war, das iſt ein Bild, das ſeines Schoͤpffers Weſen,
Natur und Eigenſchafften vorbildete, ein Bild, das wie GOtt ſelber ge-
recht, heilig, unſterblich, ſchoͤn und ohne einigen Mangel vollkommen war,
herrſchende uͤber alle ſeine Haͤnde Wercke. Die Seele aber bebet in meinem
Leibe, und meine Gedancken fangen an betruͤbt zu werden, wenn ſie in Er-
waͤgung ziehen den groſſen und unſchaͤtzbaren Verluſt dieſes unausſprech-
lichen Goͤttlichen Ebenbildes durch den klaͤglichen Fall des zuerſt von
GOtt erſchaffenen ihm gleich ſeyenden Bildes. Ach Adam, bedachteſt du denn
nicht deinen gluͤckſeligen Stand, darein dich dein Schoͤpffer geſetzt hatte?
ja der alle ſchoͤne Creaturen ſchon vorher erſchaffen, und deßwegen dir am
letzten einen lebendigen Odem einbließ, damit du die gantze Erde und ſchoͤnes
Firmament mit den allerlieblichſten Geſchoͤpffen und Creaturen gleichſam
als in einem angenehmen Fruͤhling vor dir finden moͤchteſt? Bedachteſt du
nicht, daß dein Bild das gantze menſchliche Geſchlecht vorſtellete, und daß
an deinem Gehorſam das ewige Wohl, die unausſprechliche Gluͤckſeligkeit,
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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/457>, abgerufen am 07.07.2024.
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