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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
tyrannischen und barbarischen Kaysers Chinge, der ungefähr um das 215te
Jahr vor Christi Geburt regieret, sehr unglücklich gewesen, in Betrachtung,
daß dieser Wüterich alle Bibliothequen und Bücher allenthalben aufsuchen
und mit einander verbrennen lassen. Nach Verlauff vieler Jahre aber
haben verschiedene Leute in China wieder viel auf Bibliothequen gehalten,
und meldet Trigautius libr. 4. cap. 20. es habe ein bekehrter Chinesischer von
Adel gantzer drey Tage zugebracht, bis er die abergläubischen heidnischen
Bücher aus seiner Bibliothec ausgeschlossen und verbrannt. Die schöne
Bibliothec von 30000. Sinesischer Autorum auf dem Berge Ligmuen
haben wir bereits im Anfang gesehen. So schreibet auch Spitzel. de re liter.
Sinensium
,
daß in der grossen Stadt Veuchung eine Königliche Bibliothec und
Studir-Stube zu finden, in welcher die Könige vor langen Zeiten selber stu-
diret haben. Martinus de Hereda hat samt seinem Gefährten zu Auchei in der
Landschafft Ochiam etliche herrliche Bibliothequen gesehen, auch verschiede-
ne Bücher daraus gekaufft, und mit in Furopam gebracht, er hätte deren mehr
mitgenommen, wofern es der Unter-König nicht verboten hätte, welcher sein
Verbot mit einer verstellten Höflichkeit bedecket, indem er dem Martino zuge-
redt, es wäre nicht nöthig solche Unkosten in fremden Landen zu thun, er wolle
ihm ohnedem die Bücher, so er begehrte, verehren, welches er aber nicht ge-
halten, denn er hat ohne Zweifel besorget es möchten die Europäer durch Le-
sung ihrer Schrifften hinter ihre Sinesische Reichs-Heimlichkeiten kom-
men, welche sie vor allen Ausländern zu verbergen äusserst bemühet sind.
Doch hat er, ehe des Unter-Königs Befehl ihm angedeutet, sich schon ziem-
lich mit alten Büchern beladen gehabt. Mendoz. Hist. Sin. Part. 3. cap. 16.

Lion.

Zu Lion haben die Jesuiter in ihrem Collegio eine schöne Bibliothec,
unter den MSctis derselben ist ein Griechisches zu sehen, so das 4te Buch der
Maccabäer ist: Sonst sind auch viele Kunst-reiche Mahlereyen darinn zu
sehen, welche alle in ein kleines MSctum unter dem Titel le Temple de la Sa-
gesse
specifici
ret und beschrieben sind.

Legion,

Oder Lechenich, ein Chur-Cölnisches Städtlein, allwo der Bischof
Petrus Pontius vor Zeiten eine treffliche Bibliothec gesammlet: Die aber
nach dessen Tod der Escurialischen einverleibet worden.

Lon-
P p

III. Theil von Bibliothequen.
tyranniſchen und barbariſchen Kayſers Chinge, der ungefaͤhr um das 215te
Jahr vor Chriſti Geburt regieret, ſehr ungluͤcklich geweſen, in Betrachtung,
daß dieſer Wuͤterich alle Bibliothequen und Buͤcher allenthalben aufſuchen
und mit einander verbrennen laſſen. Nach Verlauff vieler Jahre aber
haben verſchiedene Leute in China wieder viel auf Bibliothequen gehalten,
und meldet Trigautius libr. 4. cap. 20. es habe ein bekehrter Chineſiſcher von
Adel gantzer drey Tage zugebracht, bis er die aberglaͤubiſchen heidniſchen
Buͤcher aus ſeiner Bibliothec ausgeſchloſſen und verbrannt. Die ſchoͤne
Bibliothec von 30000. Sineſiſcher Autorum auf dem Berge Ligmuen
haben wir bereits im Anfang geſehen. So ſchreibet auch Spitzel. de re liter.
Sinenſium
,
daß in der groſſen Stadt Veuchung eine Koͤnigliche Bibliothec und
Studir-Stube zu finden, in welcher die Koͤnige vor langen Zeiten ſelber ſtu-
diret haben. Martinus de Hereda hat ſamt ſeinem Gefaͤhrten zu Auchei in der
Landſchafft Ochiam etliche herrliche Bibliothequen geſehen, auch verſchiede-
ne Buͤcher daraus gekaufft, und mit in Furopam gebracht, er haͤtte deren mehr
mitgenommen, wofern es der Unter-Koͤnig nicht verboten haͤtte, welcher ſein
Verbot mit einer verſtellten Hoͤflichkeit bedecket, indem er dem Martino zuge-
redt, es waͤre nicht noͤthig ſolche Unkoſten in fremden Landen zu thun, er wolle
ihm ohnedem die Buͤcher, ſo er begehrte, verehren, welches er aber nicht ge-
halten, denn er hat ohne Zweifel beſorget es moͤchten die Europaͤer durch Le-
ſung ihrer Schrifften hinter ihre Sineſiſche Reichs-Heimlichkeiten kom-
men, welche ſie vor allen Auslaͤndern zu verbergen aͤuſſerſt bemuͤhet ſind.
Doch hat er, ehe des Unter-Koͤnigs Befehl ihm angedeutet, ſich ſchon ziem-
lich mit alten Buͤchern beladen gehabt. Mendoz. Hiſt. Sin. Part. 3. cap. 16.

Lion.

Zu Lion haben die Jeſuiter in ihrem Collegio eine ſchoͤne Bibliothec,
unter den MSctis derſelben iſt ein Griechiſches zu ſehen, ſo das 4te Buch der
Maccabaͤer iſt: Sonſt ſind auch viele Kunſt-reiche Mahlereyen darinn zu
ſehen, welche alle in ein kleines MSctum unter dem Titel le Temple de la Sa-
geſſe
ſpecifici
ret und beſchrieben ſind.

Legion,

Oder Lechenich, ein Chur-Coͤlniſches Staͤdtlein, allwo der Biſchof
Petrus Pontius vor Zeiten eine treffliche Bibliothec geſammlet: Die aber
nach deſſen Tod der Eſcurialiſchen einverleibet worden.

Lon-
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[297/0325] III. Theil von Bibliothequen. tyranniſchen und barbariſchen Kayſers Chinge, der ungefaͤhr um das 215te Jahr vor Chriſti Geburt regieret, ſehr ungluͤcklich geweſen, in Betrachtung, daß dieſer Wuͤterich alle Bibliothequen und Buͤcher allenthalben aufſuchen und mit einander verbrennen laſſen. Nach Verlauff vieler Jahre aber haben verſchiedene Leute in China wieder viel auf Bibliothequen gehalten, und meldet Trigautius libr. 4. cap. 20. es habe ein bekehrter Chineſiſcher von Adel gantzer drey Tage zugebracht, bis er die aberglaͤubiſchen heidniſchen Buͤcher aus ſeiner Bibliothec ausgeſchloſſen und verbrannt. Die ſchoͤne Bibliothec von 30000. Sineſiſcher Autorum auf dem Berge Ligmuen haben wir bereits im Anfang geſehen. So ſchreibet auch Spitzel. de re liter. Sinenſium, daß in der groſſen Stadt Veuchung eine Koͤnigliche Bibliothec und Studir-Stube zu finden, in welcher die Koͤnige vor langen Zeiten ſelber ſtu- diret haben. Martinus de Hereda hat ſamt ſeinem Gefaͤhrten zu Auchei in der Landſchafft Ochiam etliche herrliche Bibliothequen geſehen, auch verſchiede- ne Buͤcher daraus gekaufft, und mit in Furopam gebracht, er haͤtte deren mehr mitgenommen, wofern es der Unter-Koͤnig nicht verboten haͤtte, welcher ſein Verbot mit einer verſtellten Hoͤflichkeit bedecket, indem er dem Martino zuge- redt, es waͤre nicht noͤthig ſolche Unkoſten in fremden Landen zu thun, er wolle ihm ohnedem die Buͤcher, ſo er begehrte, verehren, welches er aber nicht ge- halten, denn er hat ohne Zweifel beſorget es moͤchten die Europaͤer durch Le- ſung ihrer Schrifften hinter ihre Sineſiſche Reichs-Heimlichkeiten kom- men, welche ſie vor allen Auslaͤndern zu verbergen aͤuſſerſt bemuͤhet ſind. Doch hat er, ehe des Unter-Koͤnigs Befehl ihm angedeutet, ſich ſchon ziem- lich mit alten Buͤchern beladen gehabt. Mendoz. Hiſt. Sin. Part. 3. cap. 16. Lion. Zu Lion haben die Jeſuiter in ihrem Collegio eine ſchoͤne Bibliothec, unter den MSctis derſelben iſt ein Griechiſches zu ſehen, ſo das 4te Buch der Maccabaͤer iſt: Sonſt ſind auch viele Kunſt-reiche Mahlereyen darinn zu ſehen, welche alle in ein kleines MSctum unter dem Titel le Temple de la Sa- geſſe ſpecificiret und beſchrieben ſind. Legion, Oder Lechenich, ein Chur-Coͤlniſches Staͤdtlein, allwo der Biſchof Petrus Pontius vor Zeiten eine treffliche Bibliothec geſammlet: Die aber nach deſſen Tod der Eſcurialiſchen einverleibet worden. Lon- P p

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/325>, abgerufen am 25.11.2024.