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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
Bibliothec und Cabinet vor nicht gar zu langer Zeit vermehret worden.
Dazu ist noch heutiges Tages des Hrn. von Uffenbachs Bibliothec be-
rühmt. Wenn ich nicht irre, so bedüncket mich, es habe vorgedachte Stadt-
Bibliothec ihren Ursprung von der Jungischen, welche vom Rathe dieser
Stadt um 3200. Gulden gekaufft, und nachgehends zu einer Bibliotheca
Publica
verordnet worden. Auf dem Teutschen oder sogenannten Rath-
hause dem Römer siehet man das Original der goldnen Bulla, von welcher
der gelehrte Tulemarius in seinem statlichen Tractat de Octaviatu weitläuff-
tig geschrieben. Ein einfältiger muß nicht gedencken, daß durch diese Bulla
Aurea
etwa ein goldener Bulle oder Ochs verstanden, und allhier vorgezei-
get werde, wie jener Engeländer sich vorgestellet, dessen angeführter Autor
cap. 10. n.
15. gedenckt, welcher express von Engeland nach Franckreich
gereiset, um daselbst den güldenen Bullen zu sehen. Da man ihm aber ein
Buch von Pergament mit einem goldenen Siegel gezeiget, und dabey ver-
meldet, dieses wäre die goldene Bulla, ist er darob erzürnet worden, sagend,
er hätte gemeynet, einen goldenen Bullen oder Ochsen zu sehen, allein seine
Reise und Hoffnung sey umsonst. Er hat ferner gesagt, es wundere ihn,
daß die Teutschen so einen kleinen goldenen Pfennig (wodurch er das daran
hangende goldene Siegel verstanden,) denen Ausländern für etwas rares
vorzeigten, zumaln er zu Hause bey seinen Eltern und anderen ihrer wol tau-
send und viel grösser gesehen. Dieser kluge Engeländer mag etwa von glei-
chem Esprit, wie jener Apotheker in Holland, gewesen seyn, welcher viele
alte Römische und andere künstliche Medaillen in einer Erbschafft mit be-
kommen hatte, weil er solche aber für einen unnützen Hausrath hielte, ließ er
sie zusammen schmeltzen und einen Mörser daraus machen, von welchem un-
geschliffenen Kerl der Herr Meibomius in seinem artigen Programmate de usu
nummorum veterum in illustranda Romanorum Imperatorum Historia
ein billiges
Urtheil fället. O dignum Hellebori jugero, & ad Anticyras ablegandum
hominem! O dignum, quod illo in mortario pistillis contunderetur ca-
put!
Was aber eigentlich diese Bulla Aurea in sich halte, davon hat obge-
dachter Tulemarius und andre mehr geschrieben. Dem äusserlichen Anse-
hen nach siehet man daran nichts sonderliches, als ein Buch von 24. Bogen
Pergament eingewickelt, dieses lieget ohne einigen andern Zierath, (ich
meyne das Original in Lateinischer sowol als auch in der Teutschen Version,
welche 30. oder 40. Jahr nach Publicirung des Lateinischen Originals ge-
macht worden,) in einem Kästlein allhier beysammen, das goldene Siegel
aber hänget in der Grösse eines Thalers an einer gelb und schwartz gewürck-
ten seidenen Schnur an dem Lateinischen Original. Vid. Misson Voyag. d' Ital.
P. I. p.
45. und offt angeführten Tulemar.

Franck-

III. Theil von Bibliothequen.
Bibliothec und Cabinet vor nicht gar zu langer Zeit vermehret worden.
Dazu iſt noch heutiges Tages des Hrn. von Uffenbachs Bibliothec be-
ruͤhmt. Wenn ich nicht irre, ſo beduͤncket mich, es habe vorgedachte Stadt-
Bibliothec ihren Urſprung von der Jungiſchen, welche vom Rathe dieſer
Stadt um 3200. Gulden gekaufft, und nachgehends zu einer Bibliotheca
Publica
verordnet worden. Auf dem Teutſchen oder ſogenannten Rath-
hauſe dem Roͤmer ſiehet man das Original der goldnen Bulla, von welcher
der gelehrte Tulemarius in ſeinem ſtatlichen Tractat de Octaviatu weitlaͤuff-
tig geſchrieben. Ein einfaͤltiger muß nicht gedencken, daß durch dieſe Bulla
Aurea
etwa ein goldener Bulle oder Ochs verſtanden, und allhier vorgezei-
get werde, wie jener Engelaͤnder ſich vorgeſtellet, deſſen angefuͤhrter Autor
cap. 10. n.
15. gedenckt, welcher expreſs von Engeland nach Franckreich
gereiſet, um daſelbſt den guͤldenen Bullen zu ſehen. Da man ihm aber ein
Buch von Pergament mit einem goldenen Siegel gezeiget, und dabey ver-
meldet, dieſes waͤre die goldene Bulla, iſt er darob erzuͤrnet worden, ſagend,
er haͤtte gemeynet, einen goldenen Bullen oder Ochſen zu ſehen, allein ſeine
Reiſe und Hoffnung ſey umſonſt. Er hat ferner geſagt, es wundere ihn,
daß die Teutſchen ſo einen kleinen goldenen Pfennig (wodurch er das daran
hangende goldene Siegel verſtanden,) denen Auslaͤndern fuͤr etwas rares
vorzeigten, zumaln er zu Hauſe bey ſeinen Eltern und anderen ihrer wol tau-
ſend und viel groͤſſer geſehen. Dieſer kluge Engelaͤnder mag etwa von glei-
chem Eſprit, wie jener Apotheker in Holland, geweſen ſeyn, welcher viele
alte Roͤmiſche und andere kuͤnſtliche Medaillen in einer Erbſchafft mit be-
kommen hatte, weil er ſolche aber fuͤr einen unnuͤtzen Hausrath hielte, ließ er
ſie zuſammen ſchmeltzen und einen Moͤrſer daraus machen, von welchem un-
geſchliffenen Kerl der Herr Meibomius in ſeinem artigen Programmate de uſu
nummorum veterum in illuſtranda Romanorum Imperatorum Hiſtoria
ein billiges
Urtheil faͤllet. O dignum Hellebori jugero, & ad Anticyras ablegandum
hominem! O dignum, quod illo in mortario piſtillis contunderetur ca-
put!
Was aber eigentlich dieſe Bulla Aurea in ſich halte, davon hat obge-
dachter Tulemarius und andre mehr geſchrieben. Dem aͤuſſerlichen Anſe-
hen nach ſiehet man daran nichts ſonderliches, als ein Buch von 24. Bogen
Pergament eingewickelt, dieſes lieget ohne einigen andern Zierath, (ich
meyne das Original in Lateiniſcher ſowol als auch in der Teutſchen Verſion,
welche 30. oder 40. Jahr nach Publicirung des Lateiniſchen Originals ge-
macht worden,) in einem Kaͤſtlein allhier beyſammen, das goldene Siegel
aber haͤnget in der Groͤſſe eines Thalers an einer gelb und ſchwartz gewuͤrck-
ten ſeidenen Schnur an dem Lateiniſchen Original. Vid. Miſſon Voyag. d’ Ital.
P. I. p.
45. und offt angefuͤhrten Tulemar.

Franck-
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[270/0298] III. Theil von Bibliothequen. Bibliothec und Cabinet vor nicht gar zu langer Zeit vermehret worden. Dazu iſt noch heutiges Tages des Hrn. von Uffenbachs Bibliothec be- ruͤhmt. Wenn ich nicht irre, ſo beduͤncket mich, es habe vorgedachte Stadt- Bibliothec ihren Urſprung von der Jungiſchen, welche vom Rathe dieſer Stadt um 3200. Gulden gekaufft, und nachgehends zu einer Bibliotheca Publica verordnet worden. Auf dem Teutſchen oder ſogenannten Rath- hauſe dem Roͤmer ſiehet man das Original der goldnen Bulla, von welcher der gelehrte Tulemarius in ſeinem ſtatlichen Tractat de Octaviatu weitlaͤuff- tig geſchrieben. Ein einfaͤltiger muß nicht gedencken, daß durch dieſe Bulla Aurea etwa ein goldener Bulle oder Ochs verſtanden, und allhier vorgezei- get werde, wie jener Engelaͤnder ſich vorgeſtellet, deſſen angefuͤhrter Autor cap. 10. n. 15. gedenckt, welcher expreſs von Engeland nach Franckreich gereiſet, um daſelbſt den guͤldenen Bullen zu ſehen. Da man ihm aber ein Buch von Pergament mit einem goldenen Siegel gezeiget, und dabey ver- meldet, dieſes waͤre die goldene Bulla, iſt er darob erzuͤrnet worden, ſagend, er haͤtte gemeynet, einen goldenen Bullen oder Ochſen zu ſehen, allein ſeine Reiſe und Hoffnung ſey umſonſt. Er hat ferner geſagt, es wundere ihn, daß die Teutſchen ſo einen kleinen goldenen Pfennig (wodurch er das daran hangende goldene Siegel verſtanden,) denen Auslaͤndern fuͤr etwas rares vorzeigten, zumaln er zu Hauſe bey ſeinen Eltern und anderen ihrer wol tau- ſend und viel groͤſſer geſehen. Dieſer kluge Engelaͤnder mag etwa von glei- chem Eſprit, wie jener Apotheker in Holland, geweſen ſeyn, welcher viele alte Roͤmiſche und andere kuͤnſtliche Medaillen in einer Erbſchafft mit be- kommen hatte, weil er ſolche aber fuͤr einen unnuͤtzen Hausrath hielte, ließ er ſie zuſammen ſchmeltzen und einen Moͤrſer daraus machen, von welchem un- geſchliffenen Kerl der Herr Meibomius in ſeinem artigen Programmate de uſu nummorum veterum in illuſtranda Romanorum Imperatorum Hiſtoria ein billiges Urtheil faͤllet. O dignum Hellebori jugero, & ad Anticyras ablegandum hominem! O dignum, quod illo in mortario piſtillis contunderetur ca- put! Was aber eigentlich dieſe Bulla Aurea in ſich halte, davon hat obge- dachter Tulemarius und andre mehr geſchrieben. Dem aͤuſſerlichen Anſe- hen nach ſiehet man daran nichts ſonderliches, als ein Buch von 24. Bogen Pergament eingewickelt, dieſes lieget ohne einigen andern Zierath, (ich meyne das Original in Lateiniſcher ſowol als auch in der Teutſchen Verſion, welche 30. oder 40. Jahr nach Publicirung des Lateiniſchen Originals ge- macht worden,) in einem Kaͤſtlein allhier beyſammen, das goldene Siegel aber haͤnget in der Groͤſſe eines Thalers an einer gelb und ſchwartz gewuͤrck- ten ſeidenen Schnur an dem Lateiniſchen Original. Vid. Miſſon Voyag. d’ Ital. P. I. p. 45. und offt angefuͤhrten Tulemar. Franck-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/298>, abgerufen am 22.11.2024.