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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
welche der Kayserliche General von Wallenstein feindlich weggeführet.
So erzehlet auch Herold vom Ursprung und Aufnahme der Städte,
daß eben dieser Wallenstein die zu Halle geraubet und seinem Schwartz-
Künstler Binnovio geschencket.

Colluacan.

Eine Americanische Landschafft, von welcher P. Martyr schreibet, daß
bey den Einwohnern daselbst Bücher gefunden werden, deren Blätter sie aus
der innersten zarten Rinden gewisser Bäume zubereitet, und mit einem son-
derlichen Hartz zusammen gehefftet; manchmal haben sie diese Blätter mit
Gyps überstrichen, da sie denn, wenn selbige gleich beschrieben waren, den-
noch mit einem Schwamm wieder die alte Schrifft auslöschen, und also
wieder darauf schreiben können. Grosse Beamte und die weitläufftige
Rechnung ablegen müssen, haben Täfelein von Feigen-Blättern gemacht,
darinnen sie ihren Empfang und Ausgaben mit metallenen Griffeln aufge-
schrieben, und nachmals wieder auslöschen können, nachdem sie das darinn
verzeichnete in ihre Haupt-Bücher wieder übergetragen. Anlangend aber
deren Schreib-Art, so ist solche von der unsrigen weit entfernt, aller Massen
sie auf ihre Schrifft-Reihen allerhand Figuren von Menschen und Thieren,
Königen und Fürsten an statt der Buchstaben gestellet.

Constantinopel.

Zu Constantinopel sollen annoch vor nicht gar zu langer Zeit 3. Ara-
bische Bibliothequen gewesen seyn. Die erste soll seyn die uralte Bibliothec
des Kaysers Constantini M. in welcher sehr viel auf Pergament geschriebene
Bücher, und darunter das Alte und Neue Testament nach alter Weise mit
Gold und Edelgestein gezieret zu sehen gewesen seyn. Die andere stehet zu
Dienst der Adelichen und Sclaven. Die dritte stehet nahe bey dem Zim-
mer des Groß-Sultans voll überaus rarer und köstlicher Bücher. Petrus
della Valle
bezeuget, daß der Tirus Livius gantz und vollkommen in dieser Bi-
bliothec
stehe, wie denn auch der Frantzösische Gesandte sich bemühet, den-
selben von dem Bibliothecario für 1000. Cronen zu erhandeln hätte es aber
nicht erlanget: Man habe zwar etliche Monat darnach gesucht, ihn aber zu
seinem grossen Unglück nicht gefunden. Der Groß-Hertzog von Florentz
soll schon vorhero 5000. Piasters für diesen Autorem geboten haben: Doch
ist der 18. Julii im Jahr Christi 1665. ein unglücklicher Tag für diese vor-
treffliche Bibliothec gewesen, zumaln dieselbe durch eine wütende Feuers-
Brunst nebst einem grossen Theil des Serails in die Asche geleget worden.

Hap-
K k 3

III. Theil von Bibliothequen.
welche der Kayſerliche General von Wallenſtein feindlich weggefuͤhret.
So erzehlet auch Herold vom Urſprung und Aufnahme der Staͤdte,
daß eben dieſer Wallenſtein die zu Halle geraubet und ſeinem Schwartz-
Kuͤnſtler Binnovio geſchencket.

Colluacan.

Eine Americaniſche Landſchafft, von welcher P. Martyr ſchreibet, daß
bey den Einwohnern daſelbſt Buͤcher gefunden werden, deren Blaͤtter ſie aus
der innerſten zarten Rinden gewiſſer Baͤume zubereitet, und mit einem ſon-
derlichen Hartz zuſammen gehefftet; manchmal haben ſie dieſe Blaͤtter mit
Gyps uͤberſtrichen, da ſie denn, wenn ſelbige gleich beſchrieben waren, den-
noch mit einem Schwamm wieder die alte Schrifft ausloͤſchen, und alſo
wieder darauf ſchreiben koͤnnen. Groſſe Beamte und die weitlaͤufftige
Rechnung ablegen muͤſſen, haben Taͤfelein von Feigen-Blaͤttern gemacht,
darinnen ſie ihren Empfang und Ausgaben mit metallenen Griffeln aufge-
ſchrieben, und nachmals wieder ausloͤſchen koͤnnen, nachdem ſie das darinn
verzeichnete in ihre Haupt-Buͤcher wieder uͤbergetragen. Anlangend aber
deren Schreib-Art, ſo iſt ſolche von der unſrigen weit entfernt, aller Maſſen
ſie auf ihre Schrifft-Reihen allerhand Figuren von Menſchen und Thieren,
Koͤnigen und Fuͤrſten an ſtatt der Buchſtaben geſtellet.

Conſtantinopel.

Zu Conſtantinopel ſollen annoch vor nicht gar zu langer Zeit 3. Ara-
biſche Bibliothequen geweſen ſeyn. Die erſte ſoll ſeyn die uralte Bibliothec
des Kayſers Conſtantini M. in welcher ſehr viel auf Pergament geſchriebene
Buͤcher, und darunter das Alte und Neue Teſtament nach alter Weiſe mit
Gold und Edelgeſtein gezieret zu ſehen geweſen ſeyn. Die andere ſtehet zu
Dienſt der Adelichen und Sclaven. Die dritte ſtehet nahe bey dem Zim-
mer des Groß-Sultans voll uͤberaus rarer und koͤſtlicher Buͤcher. Petrus
della Valle
bezeuget, daß der Tirus Livius gantz und vollkommen in dieſer Bi-
bliothec
ſtehe, wie denn auch der Frantzoͤſiſche Geſandte ſich bemuͤhet, den-
ſelben von dem Bibliothecario fuͤr 1000. Cronen zu erhandeln haͤtte es aber
nicht erlanget: Man habe zwar etliche Monat darnach geſucht, ihn aber zu
ſeinem groſſen Ungluͤck nicht gefunden. Der Groß-Hertzog von Florentz
ſoll ſchon vorhero 5000. Piaſters fuͤr dieſen Autorem geboten haben: Doch
iſt der 18. Julii im Jahr Chriſti 1665. ein ungluͤcklicher Tag fuͤr dieſe vor-
treffliche Bibliothec geweſen, zumaln dieſelbe durch eine wuͤtende Feuers-
Brunſt nebſt einem groſſen Theil des Serails in die Aſche geleget worden.

Hap-
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[261/0289] III. Theil von Bibliothequen. welche der Kayſerliche General von Wallenſtein feindlich weggefuͤhret. So erzehlet auch Herold vom Urſprung und Aufnahme der Staͤdte, daß eben dieſer Wallenſtein die zu Halle geraubet und ſeinem Schwartz- Kuͤnſtler Binnovio geſchencket. Colluacan. Eine Americaniſche Landſchafft, von welcher P. Martyr ſchreibet, daß bey den Einwohnern daſelbſt Buͤcher gefunden werden, deren Blaͤtter ſie aus der innerſten zarten Rinden gewiſſer Baͤume zubereitet, und mit einem ſon- derlichen Hartz zuſammen gehefftet; manchmal haben ſie dieſe Blaͤtter mit Gyps uͤberſtrichen, da ſie denn, wenn ſelbige gleich beſchrieben waren, den- noch mit einem Schwamm wieder die alte Schrifft ausloͤſchen, und alſo wieder darauf ſchreiben koͤnnen. Groſſe Beamte und die weitlaͤufftige Rechnung ablegen muͤſſen, haben Taͤfelein von Feigen-Blaͤttern gemacht, darinnen ſie ihren Empfang und Ausgaben mit metallenen Griffeln aufge- ſchrieben, und nachmals wieder ausloͤſchen koͤnnen, nachdem ſie das darinn verzeichnete in ihre Haupt-Buͤcher wieder uͤbergetragen. Anlangend aber deren Schreib-Art, ſo iſt ſolche von der unſrigen weit entfernt, aller Maſſen ſie auf ihre Schrifft-Reihen allerhand Figuren von Menſchen und Thieren, Koͤnigen und Fuͤrſten an ſtatt der Buchſtaben geſtellet. Conſtantinopel. Zu Conſtantinopel ſollen annoch vor nicht gar zu langer Zeit 3. Ara- biſche Bibliothequen geweſen ſeyn. Die erſte ſoll ſeyn die uralte Bibliothec des Kayſers Conſtantini M. in welcher ſehr viel auf Pergament geſchriebene Buͤcher, und darunter das Alte und Neue Teſtament nach alter Weiſe mit Gold und Edelgeſtein gezieret zu ſehen geweſen ſeyn. Die andere ſtehet zu Dienſt der Adelichen und Sclaven. Die dritte ſtehet nahe bey dem Zim- mer des Groß-Sultans voll uͤberaus rarer und koͤſtlicher Buͤcher. Petrus della Valle bezeuget, daß der Tirus Livius gantz und vollkommen in dieſer Bi- bliothec ſtehe, wie denn auch der Frantzoͤſiſche Geſandte ſich bemuͤhet, den- ſelben von dem Bibliothecario fuͤr 1000. Cronen zu erhandeln haͤtte es aber nicht erlanget: Man habe zwar etliche Monat darnach geſucht, ihn aber zu ſeinem groſſen Ungluͤck nicht gefunden. Der Groß-Hertzog von Florentz ſoll ſchon vorhero 5000. Piaſters fuͤr dieſen Autorem geboten haben: Doch iſt der 18. Julii im Jahr Chriſti 1665. ein ungluͤcklicher Tag fuͤr dieſe vor- treffliche Bibliothec geweſen, zumaln dieſelbe durch eine wuͤtende Feuers- Brunſt nebſt einem groſſen Theil des Serails in die Aſche geleget worden. Hap- K k 3

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/289>, abgerufen am 22.11.2024.