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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
ein irdisches Paradis, sonderlich wegen des Gottesdiensts, welcher daselbst
herrlich geblühet. Der hohen Schulen zu Alexandria waren vornemlich
zwey, als die Sempische und Isische. Die Serapische übertraff die andere
an Schönheit und Grösse, zumaln sich ihr Gebäue allein über 1. Meile er-
streckte. So war auch noch eine obscure Schule, dem Anhang Aristotelis,
des berühmten Philosophi, zugehörig. Der Evangelist Marcus soll auch eine
seine geistliche Schule daselbst aufgerichtet, und selbst darinnen den wahren
Glauben gelehret haben. Nach der Zeit aber haben allezeit vornehme Kir-
chen-Lehrer darinnen gelehret, als Parthenius, Hieronymus, Basilius, Gregorius,
Philo Judaeus
&c. vid. Dapper Exot. Curios. p.
78. Merckwürdig ist, was
Pocockius in Not. ad Abul Farrajum p. 165. von Johanne Philopono, den man
sonst den Grammaticum zu nennen pfleget, erzehlet: Als dieser durch seine
herrliche Wissenschafften bey dem Arabischen Feld-Herrn Amram, der im
Anfange des Mahumetischen Glaubens die Stadt Alexandria in Egypten
erobert, in grosses Ansehen gelanget, und dieser ihn gar höfflich ersuchet,
er möchte ihm doch die philosophische Bücher, die in der Königlichen
Bibliothec der eroberten Stadt zu finden wären, zukommen lassen,
hat ihm derselbe solches zwar nicht abgeschlagen, doch zuvörderst sei-
nen König und Herrn, den Omar, darum gefraget, und an denselben deßfals
geschrieben; darauf er diese Antwort erhalten: Diese Bücher kommen
entweder mit dem
Alcoran überein, und sind demnach nichts nütze;
denn wir haben den
Alcoran schon aufrichtig und unverfälscht; oder
sie stimmen mit demselben nicht überein, und darum sollen sie in
die Bäder vertheilet und verbrannt werden.
Diesem Befehl hat
also nachgekommen werden müssen, und sind ein gantzes halbes Jahr mit
den Büchern dieser vortrefflichen Bibliothec die Bäder zu Alexandria ge-
heitzet worden. Da nun die Saracenische Historie meldet, daß zur selben
Zeit 4000. Bäder in Alexandria gewesen; so läst sich einiger Massen vor-
stellen, wie groß die Zahl der Bücher gewesen, mit welchen man ein gantzes
halbes Jahr eine solche Menge Oefen geheitzet hat. Meletius, ein Patri-
arch zu Alexandria, hat einsmals der Königin von Navarm ein Büchlein, mit
Edelgestein reichlich versetzet, zugeschicket, samt einem Schreiben in Grie-
chischer Sprache, darinnen er sie ersuchte, die Schrifften des heiligen Basilii,
Chrysostomi
und Nazianzeni, welche er sonst nicht überkommen könte, ihm zu
schicken: Hierauf hat Josephus Scaliger wieder begehret, dagegen allerhand
Arabische, Aethiopische und Egyptische Bücher gegen gedachte Griechische
Exemplaria zu senden: Allein der Tod dieses gelehrten Bischoffs hat es
nicht zum Effect kommen lassen. Scalig. Epist. 157. Doch halte ich dafür, daß

keine

III. Theil von Bibliothequen.
ein irdiſches Paradis, ſonderlich wegen des Gottesdienſts, welcher daſelbſt
herrlich gebluͤhet. Der hohen Schulen zu Alexandria waren vornemlich
zwey, als die Sempiſche und Iſiſche. Die Serapiſche uͤbertraff die andere
an Schoͤnheit und Groͤſſe, zumaln ſich ihr Gebaͤue allein uͤber 1. Meile er-
ſtreckte. So war auch noch eine obſcure Schule, dem Anhang Ariſtotelis,
des beruͤhmten Philoſophi, zugehoͤrig. Der Evangeliſt Marcus ſoll auch eine
ſeine geiſtliche Schule daſelbſt aufgerichtet, und ſelbſt darinnen den wahren
Glauben gelehret haben. Nach der Zeit aber haben allezeit vornehme Kir-
chen-Lehrer darinnen gelehret, als Parthenius, Hieronymus, Baſilius, Gregorius,
Philo Judæus
&c. vid. Dapper Exot. Curioſ. p.
78. Merckwuͤrdig iſt, was
Pocockius in Not. ad Abul Farrajum p. 165. von Johanne Philopono, den man
ſonſt den Grammaticum zu nennen pfleget, erzehlet: Als dieſer durch ſeine
herrliche Wiſſenſchafften bey dem Arabiſchen Feld-Herrn Amram, der im
Anfange des Mahumetiſchen Glaubens die Stadt Alexandria in Egypten
erobert, in groſſes Anſehen gelanget, und dieſer ihn gar hoͤfflich erſuchet,
er moͤchte ihm doch die philoſophiſche Buͤcher, die in der Koͤniglichen
Bibliothec der eroberten Stadt zu finden waͤren, zukommen laſſen,
hat ihm derſelbe ſolches zwar nicht abgeſchlagen, doch zuvoͤrderſt ſei-
nen Koͤnig und Herrn, den Omar, darum gefraget, und an denſelben deßfals
geſchrieben; darauf er dieſe Antwort erhalten: Dieſe Buͤcher kommen
entweder mit dem
Alcoran uͤberein, und ſind demnach nichts nuͤtze;
denn wir haben den
Alcoran ſchon aufrichtig und unverfaͤlſcht; oder
ſie ſtimmen mit demſelben nicht uͤberein, und darum ſollen ſie in
die Baͤder vertheilet und verbrannt werden.
Dieſem Befehl hat
alſo nachgekommen werden muͤſſen, und ſind ein gantzes halbes Jahr mit
den Buͤchern dieſer vortrefflichen Bibliothec die Baͤder zu Alexandria ge-
heitzet worden. Da nun die Saraceniſche Hiſtorie meldet, daß zur ſelben
Zeit 4000. Baͤder in Alexandria geweſen; ſo laͤſt ſich einiger Maſſen vor-
ſtellen, wie groß die Zahl der Buͤcher geweſen, mit welchen man ein gantzes
halbes Jahr eine ſolche Menge Oefen geheitzet hat. Meletius, ein Patri-
arch zu Alexandria, hat einsmals der Koͤnigin von Navarm ein Buͤchlein, mit
Edelgeſtein reichlich verſetzet, zugeſchicket, ſamt einem Schreiben in Grie-
chiſcher Sprache, darinnen er ſie erſuchte, die Schrifften des heiligen Baſilii,
Chryſoſtomi
und Nazianzeni, welche er ſonſt nicht uͤberkommen koͤnte, ihm zu
ſchicken: Hierauf hat Joſephus Scaliger wieder begehret, dagegen allerhand
Arabiſche, Aethiopiſche und Egyptiſche Buͤcher gegen gedachte Griechiſche
Exemplaria zu ſenden: Allein der Tod dieſes gelehrten Biſchoffs hat es
nicht zum Effect kommen laſſen. Scalig. Epiſt. 157. Doch halte ich dafuͤr, daß

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[244/0272] III. Theil von Bibliothequen. ein irdiſches Paradis, ſonderlich wegen des Gottesdienſts, welcher daſelbſt herrlich gebluͤhet. Der hohen Schulen zu Alexandria waren vornemlich zwey, als die Sempiſche und Iſiſche. Die Serapiſche uͤbertraff die andere an Schoͤnheit und Groͤſſe, zumaln ſich ihr Gebaͤue allein uͤber 1. Meile er- ſtreckte. So war auch noch eine obſcure Schule, dem Anhang Ariſtotelis, des beruͤhmten Philoſophi, zugehoͤrig. Der Evangeliſt Marcus ſoll auch eine ſeine geiſtliche Schule daſelbſt aufgerichtet, und ſelbſt darinnen den wahren Glauben gelehret haben. Nach der Zeit aber haben allezeit vornehme Kir- chen-Lehrer darinnen gelehret, als Parthenius, Hieronymus, Baſilius, Gregorius, Philo Judæus &c. vid. Dapper Exot. Curioſ. p. 78. Merckwuͤrdig iſt, was Pocockius in Not. ad Abul Farrajum p. 165. von Johanne Philopono, den man ſonſt den Grammaticum zu nennen pfleget, erzehlet: Als dieſer durch ſeine herrliche Wiſſenſchafften bey dem Arabiſchen Feld-Herrn Amram, der im Anfange des Mahumetiſchen Glaubens die Stadt Alexandria in Egypten erobert, in groſſes Anſehen gelanget, und dieſer ihn gar hoͤfflich erſuchet, er moͤchte ihm doch die philoſophiſche Buͤcher, die in der Koͤniglichen Bibliothec der eroberten Stadt zu finden waͤren, zukommen laſſen, hat ihm derſelbe ſolches zwar nicht abgeſchlagen, doch zuvoͤrderſt ſei- nen Koͤnig und Herrn, den Omar, darum gefraget, und an denſelben deßfals geſchrieben; darauf er dieſe Antwort erhalten: Dieſe Buͤcher kommen entweder mit dem Alcoran uͤberein, und ſind demnach nichts nuͤtze; denn wir haben den Alcoran ſchon aufrichtig und unverfaͤlſcht; oder ſie ſtimmen mit demſelben nicht uͤberein, und darum ſollen ſie in die Baͤder vertheilet und verbrannt werden. Dieſem Befehl hat alſo nachgekommen werden muͤſſen, und ſind ein gantzes halbes Jahr mit den Buͤchern dieſer vortrefflichen Bibliothec die Baͤder zu Alexandria ge- heitzet worden. Da nun die Saraceniſche Hiſtorie meldet, daß zur ſelben Zeit 4000. Baͤder in Alexandria geweſen; ſo laͤſt ſich einiger Maſſen vor- ſtellen, wie groß die Zahl der Buͤcher geweſen, mit welchen man ein gantzes halbes Jahr eine ſolche Menge Oefen geheitzet hat. Meletius, ein Patri- arch zu Alexandria, hat einsmals der Koͤnigin von Navarm ein Buͤchlein, mit Edelgeſtein reichlich verſetzet, zugeſchicket, ſamt einem Schreiben in Grie- chiſcher Sprache, darinnen er ſie erſuchte, die Schrifften des heiligen Baſilii, Chryſoſtomi und Nazianzeni, welche er ſonſt nicht uͤberkommen koͤnte, ihm zu ſchicken: Hierauf hat Joſephus Scaliger wieder begehret, dagegen allerhand Arabiſche, Aethiopiſche und Egyptiſche Buͤcher gegen gedachte Griechiſche Exemplaria zu ſenden: Allein der Tod dieſes gelehrten Biſchoffs hat es nicht zum Effect kommen laſſen. Scalig. Epiſt. 157. Doch halte ich dafuͤr, daß keine

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/272>, abgerufen am 25.11.2024.