nehmung gegeben sei, davon lässt sich überhaupt nur reden, indem man von der bereits gewonnenen Erkenntnis zurück- schliesst auf den Punkt, da sie erst gewonnen werden sollte, mithin nur in den Begriffen der gewonnenen Erkenntnis, nicht in seinem reinen, vor allem Begriff vorhergehend gedachten Gegebensein.
Allein, man muss noch einen Schritt weiter gehen und behaupten: dies Vorausgegebensein eben dessen, was doch allen Inhalt der Begriffe ausmachen soll, vor aller begrifflichen Form ist überhaupt nicht zu verstehen. Der Begriff des Ge- gebenen ist im Grunde nur der Ausdruck der Forderung, dass die Verknüpfung der Denkbestimmungen, und damit das Gedachte, vollständig determiniert sei. Man wird vielleicht einwenden, eben das Gegebensein, jetzt und hier, sei das, was unser Denken determiniere. Allein, das ist bestenfalls Tautologie, denn das Jetzt und das Hier, das So- undsoviel, Soundsogross, Soundsobeschaffen und welche Be- stimmungen immer man nennen mag, das alles besagt nur die Determination der allgemeinen Bestimmungen: Zeit, Ort, Zahl, Grösse, Qualität u. s. f.; man sagt also eigentlich nur, das Determinierende sei die Determination. Das Jetzt und das Hier ist überhaupt nichts, das als etwas für sich gegeben sein könnte; es kann nichts determinieren, denn es wird selbst erst determiniert durch die Determination des Zeit- bezw. Rauminhalts; es existiert für uns nur kraft eben der Ordnung dieses Inhalts, durch die ein jedes an seine gehörige Stelle gesetzt, d. i. in bestimmter Weise vom andern gesondert und zugleich mit ihm verbunden wird. Und ebenso ist das gesuchte Objekt = X hinsichtlich jeder der andern Grundbestimmungen nur determiniert durch den Zusammenhang ihrer aller gemäss den allgemeinen Relationsgesetzen, die man gewöhnlich ab- kürzend zusammenfasst in dem einzigen Gesetze der Kausalität. Die Gesetzlichkeit der Verknüpfung bestimmt also erst die Thatsache, nicht wird sie durch die voraus gegebene Thatsache bestimmt. Das erweist sich in der ganzen oft so verwickelten Feststellung der Thatsachen in den Wissen- schaften. Wie hätte die Naturwissenschaft je dahin kommen
nehmung gegeben sei, davon lässt sich überhaupt nur reden, indem man von der bereits gewonnenen Erkenntnis zurück- schliesst auf den Punkt, da sie erst gewonnen werden sollte, mithin nur in den Begriffen der gewonnenen Erkenntnis, nicht in seinem reinen, vor allem Begriff vorhergehend gedachten Gegebensein.
Allein, man muss noch einen Schritt weiter gehen und behaupten: dies Vorausgegebensein eben dessen, was doch allen Inhalt der Begriffe ausmachen soll, vor aller begrifflichen Form ist überhaupt nicht zu verstehen. Der Begriff des Ge- gebenen ist im Grunde nur der Ausdruck der Forderung, dass die Verknüpfung der Denkbestimmungen, und damit das Gedachte, vollständig determiniert sei. Man wird vielleicht einwenden, eben das Gegebensein, jetzt und hier, sei das, was unser Denken determiniere. Allein, das ist bestenfalls Tautologie, denn das Jetzt und das Hier, das So- undsoviel, Soundsogross, Soundsobeschaffen und welche Be- stimmungen immer man nennen mag, das alles besagt nur die Determination der allgemeinen Bestimmungen: Zeit, Ort, Zahl, Grösse, Qualität u. s. f.; man sagt also eigentlich nur, das Determinierende sei die Determination. Das Jetzt und das Hier ist überhaupt nichts, das als etwas für sich gegeben sein könnte; es kann nichts determinieren, denn es wird selbst erst determiniert durch die Determination des Zeit- bezw. Rauminhalts; es existiert für uns nur kraft eben der Ordnung dieses Inhalts, durch die ein jedes an seine gehörige Stelle gesetzt, d. i. in bestimmter Weise vom andern gesondert und zugleich mit ihm verbunden wird. Und ebenso ist das gesuchte Objekt = X hinsichtlich jeder der andern Grundbestimmungen nur determiniert durch den Zusammenhang ihrer aller gemäss den allgemeinen Relationsgesetzen, die man gewöhnlich ab- kürzend zusammenfasst in dem einzigen Gesetze der Kausalität. Die Gesetzlichkeit der Verknüpfung bestimmt also erst die Thatsache, nicht wird sie durch die voraus gegebene Thatsache bestimmt. Das erweist sich in der ganzen oft so verwickelten Feststellung der Thatsachen in den Wissen- schaften. Wie hätte die Naturwissenschaft je dahin kommen
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nehmung gegeben sei, davon lässt sich überhaupt nur reden,
indem man von der bereits gewonnenen Erkenntnis zurück-
schliesst auf den Punkt, da sie erst gewonnen werden sollte,
mithin nur in den Begriffen der gewonnenen Erkenntnis, nicht
in seinem reinen, vor allem Begriff vorhergehend gedachten
Gegebensein.
Allein, man muss noch einen Schritt weiter gehen und
behaupten: dies Vorausgegebensein eben dessen, was doch
allen Inhalt der Begriffe ausmachen soll, vor aller begrifflichen
Form ist überhaupt nicht zu verstehen. Der Begriff des Ge-
gebenen ist im Grunde nur der Ausdruck der Forderung,
dass die Verknüpfung der Denkbestimmungen, und
damit das Gedachte, vollständig determiniert sei. Man
wird vielleicht einwenden, eben das Gegebensein, jetzt und
hier, sei das, was unser Denken determiniere. Allein, das ist
bestenfalls Tautologie, denn das Jetzt und das Hier, das So-
undsoviel, Soundsogross, Soundsobeschaffen und welche Be-
stimmungen immer man nennen mag, das alles besagt nur die
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Grösse, Qualität u. s. f.; man sagt also eigentlich nur, das
Determinierende sei die Determination. Das Jetzt und das
Hier ist überhaupt nichts, das als etwas für sich gegeben sein
könnte; es kann nichts determinieren, denn es wird selbst
erst determiniert durch die Determination des Zeit- bezw.
Rauminhalts; es existiert für uns nur kraft eben der Ordnung
dieses Inhalts, durch die ein jedes an seine gehörige Stelle
gesetzt, d. i. in bestimmter Weise vom andern gesondert und
zugleich mit ihm verbunden wird. Und ebenso ist das gesuchte
Objekt = X hinsichtlich jeder der andern Grundbestimmungen
nur determiniert durch den Zusammenhang ihrer aller gemäss
den allgemeinen Relationsgesetzen, die man gewöhnlich ab-
kürzend zusammenfasst in dem einzigen Gesetze der Kausalität.
Die Gesetzlichkeit der Verknüpfung bestimmt
also erst die Thatsache, nicht wird sie durch die voraus
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oft so verwickelten Feststellung der Thatsachen in den Wissen-
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/43>, abgerufen am 25.11.2024.
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