menfloss. Aber doch bleibt auch hier ganz klar der Unter- schied der Verbindlichkeit: Maass im sittlichen Sinne ist geboten; die wie ein Naturgebilde erwachsende innere Har- monie dagegen, welche die Schönheit der Seele ausmacht, kann man sich nicht mit Willen geben, sie kann also auch nicht dem Willen anbefohlen werden. Das Leben kann sogar sitt- liche Forderungen stellen, die diese naturartige Harmonie zu bewahren nicht einmal gestatten; die Forderung des Sittlichen kann im besonderen wider die Schönheit sein, so gewiss Sittlichkeit als Ganzes auch etwas Schönes, vielleicht das Schönste ist.
Es darf also die Sittlichkeit, wenn sie sich die Bundes- genossenschaft der ästhetischen Kräfte gefallen lässt, sie keines- falls erkaufen durch irgend ein Opfer an der Strenge ihrer Forderungen. Vor dieser Gefahr muss jede Verwendung ästhe- tischer Mittel zur sittlichen Erziehung ebenso auf der Hut sein, wie vor der andern, der sie weit öfter erliegen mag: dass sie die Reinheit der ästhetischen Wirkung zunichte macht und eigentlich gar nicht mehr sie selbst, sondern nur ihren der Form entkleideten Stoff dem sittlichen Zweck dienstbar macht; was man ein nicht ganz ehrliches Spiel nennen müsste, wenn nicht die eigene ästhetische Roheit die so verfahrenden Er- zieher in der Regel sittlich freispräche.
Indem wir mit solchen Vorbehalten die sittliche Wirkung ästhetischer Erziehung anerkennen, untersuchen wir nun die Wege dieser Wirkung. Es ist hierbei zweierlei zu bedenken: die sichere, aber dem Zögling selbst kaum bewusste, weil bloss passiv erfahrene Wirkung einer ästhetischen Stimmung der ganzen Umgebung, und die direkte ästhetische Bethätigung des Zöglings selbst.
Wie die erstere unvermerkt, gleich dem Einatmen guter Luft, auf die Gestaltung des in Bildung begriffenen Gemüts Einfluss gewinnt, hat schon Plato im Staat geschildert, der diese Wirkung nur zu ausschliessend von moralischer und zwar stofflicher Seite anzusehen scheint. Sie hat in der That grösseren Einfluss auf den Gemütsstand, den der sittliche Wille vorfindet und zu bearbeiten hat, als auf die Entwicklung des sittlichen
menfloss. Aber doch bleibt auch hier ganz klar der Unter- schied der Verbindlichkeit: Maass im sittlichen Sinne ist geboten; die wie ein Naturgebilde erwachsende innere Har- monie dagegen, welche die Schönheit der Seele ausmacht, kann man sich nicht mit Willen geben, sie kann also auch nicht dem Willen anbefohlen werden. Das Leben kann sogar sitt- liche Forderungen stellen, die diese naturartige Harmonie zu bewahren nicht einmal gestatten; die Forderung des Sittlichen kann im besonderen wider die Schönheit sein, so gewiss Sittlichkeit als Ganzes auch etwas Schönes, vielleicht das Schönste ist.
Es darf also die Sittlichkeit, wenn sie sich die Bundes- genossenschaft der ästhetischen Kräfte gefallen lässt, sie keines- falls erkaufen durch irgend ein Opfer an der Strenge ihrer Forderungen. Vor dieser Gefahr muss jede Verwendung ästhe- tischer Mittel zur sittlichen Erziehung ebenso auf der Hut sein, wie vor der andern, der sie weit öfter erliegen mag: dass sie die Reinheit der ästhetischen Wirkung zunichte macht und eigentlich gar nicht mehr sie selbst, sondern nur ihren der Form entkleideten Stoff dem sittlichen Zweck dienstbar macht; was man ein nicht ganz ehrliches Spiel nennen müsste, wenn nicht die eigene ästhetische Roheit die so verfahrenden Er- zieher in der Regel sittlich freispräche.
Indem wir mit solchen Vorbehalten die sittliche Wirkung ästhetischer Erziehung anerkennen, untersuchen wir nun die Wege dieser Wirkung. Es ist hierbei zweierlei zu bedenken: die sichere, aber dem Zögling selbst kaum bewusste, weil bloss passiv erfahrene Wirkung einer ästhetischen Stimmung der ganzen Umgebung, und die direkte ästhetische Bethätigung des Zöglings selbst.
Wie die erstere unvermerkt, gleich dem Einatmen guter Luft, auf die Gestaltung des in Bildung begriffenen Gemüts Einfluss gewinnt, hat schon Plato im Staat geschildert, der diese Wirkung nur zu ausschliessend von moralischer und zwar stofflicher Seite anzusehen scheint. Sie hat in der That grösseren Einfluss auf den Gemütsstand, den der sittliche Wille vorfindet und zu bearbeiten hat, als auf die Entwicklung des sittlichen
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menfloss. Aber doch bleibt auch hier ganz klar der Unter-
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man sich nicht mit Willen geben, sie kann also auch nicht
dem Willen anbefohlen werden. Das Leben kann sogar sitt-
liche Forderungen stellen, die diese naturartige Harmonie zu
bewahren nicht einmal gestatten; die Forderung des Sittlichen
kann im besonderen wider die Schönheit sein, so gewiss
Sittlichkeit als Ganzes auch etwas Schönes, vielleicht das
Schönste ist.
Es darf also die Sittlichkeit, wenn sie sich die Bundes-
genossenschaft der ästhetischen Kräfte gefallen lässt, sie keines-
falls erkaufen durch irgend ein Opfer an der Strenge ihrer
Forderungen. Vor dieser Gefahr muss jede Verwendung ästhe-
tischer Mittel zur sittlichen Erziehung ebenso auf der Hut
sein, wie vor der andern, der sie weit öfter erliegen mag: dass
sie die Reinheit der ästhetischen Wirkung zunichte macht und
eigentlich gar nicht mehr sie selbst, sondern nur ihren der
Form entkleideten Stoff dem sittlichen Zweck dienstbar macht;
was man ein nicht ganz ehrliches Spiel nennen müsste, wenn
nicht die eigene ästhetische Roheit die so verfahrenden Er-
zieher in der Regel sittlich freispräche.
Indem wir mit solchen Vorbehalten die sittliche Wirkung
ästhetischer Erziehung anerkennen, untersuchen wir nun die
Wege dieser Wirkung. Es ist hierbei zweierlei zu bedenken:
die sichere, aber dem Zögling selbst kaum bewusste, weil bloss
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der ganzen Umgebung, und die direkte ästhetische
Bethätigung des Zöglings selbst.
Wie die erstere unvermerkt, gleich dem Einatmen guter
Luft, auf die Gestaltung des in Bildung begriffenen Gemüts
Einfluss gewinnt, hat schon Plato im Staat geschildert, der
diese Wirkung nur zu ausschliessend von moralischer und zwar
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/334>, abgerufen am 28.11.2024.
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