und gründlicher gestalten durch die soziologisch-poli- tische, die nur recht konkret an die womöglich zugleich praktische Kenntnisnahme der wirklichen gesellschaftlichen Zustände und ihrer Einwirkung auf das physische und geistige Dasein der grossen Masse der Menschen sich anknüpfen sollte (vergl. "Religion" S. 12 u. 93). Zugleich liegt diesem Gebiet das religiöse Leben nicht fern; worüber hier nur soviel gesagt sei: dass die Religion die Gemeinschaft von Mensch und Mensch, ohne weitere Bedingung, und zwar als Thatsache, als "Leben", nicht bloss begriffliche Lehre voraussetzt; und dass sie eine Gewissheit des Unsichtbaren, wiederum nicht im allgemeinen Begriff nur aufstellt, sondern lebendig einzupflanzen sich zur Aufgabe stellt. Die schärfste Kritik ihres theoretischen Wahrheitsgehalts darf nie diese praktisch lebendige Kraft der Religion übersehen lassen. Uebt sie eine solche Wirkung, hat sie sie nur je geübt, so muss sie einen soliden Grund im Menschenwesen haben, wenn auch überwuchert und oft fast unkenntlich gemacht durch Anderes, was man auf diesen Grund gebaut hat und was einer wahrheitsliebenden Kritik nicht standhält. Dieser Grund ist, unsrer Ueberzeugung nach, das Ewigkeitsgefühl und Menschheitsgefühl, das Gefühl jener Ver- ewigung, die das noch so zufällige und beschränkte Leben des Einzelnen erfährt in dem Bewusstsein der ewigen Aufgabe der Erhaltung und vertiefenden Erneuung des Menschenwesens in den Menschen und in der Menschheit. Die Erhebung zu diesem Bewusstsein aber ist der grosse Gewinn der dritten, darum abschliessenden Erziehungsstufe; die ideelle Gemeinschaft, in die der Heranwachsende durch eben diese Erhebung sich auf- genommen weiss, wird fortan sein Erzieher, und eben dadurch, dass er in sie mehr und mehr hineinwächst und die aus ihr stammende Kraft der Idealisierung im eigenen Leben und Beruf bewährt, hilft er an seinem Teil sie wiederum lebendig dar- stellen und für fernere Erziehung fruchtbar machen. Das ist der Grund des tiefen Zuges zur Religion, der diesem Alter innewohnt.
So beweist sich hier wie auf den beiden vorigen Stufen, ja hier am meisten und am tiefsten Gemeinschaft zugleich
und gründlicher gestalten durch die soziologisch-poli- tische, die nur recht konkret an die womöglich zugleich praktische Kenntnisnahme der wirklichen gesellschaftlichen Zustände und ihrer Einwirkung auf das physische und geistige Dasein der grossen Masse der Menschen sich anknüpfen sollte (vergl. „Religion“ S. 12 u. 93). Zugleich liegt diesem Gebiet das religiöse Leben nicht fern; worüber hier nur soviel gesagt sei: dass die Religion die Gemeinschaft von Mensch und Mensch, ohne weitere Bedingung, und zwar als Thatsache, als „Leben“, nicht bloss begriffliche Lehre voraussetzt; und dass sie eine Gewissheit des Unsichtbaren, wiederum nicht im allgemeinen Begriff nur aufstellt, sondern lebendig einzupflanzen sich zur Aufgabe stellt. Die schärfste Kritik ihres theoretischen Wahrheitsgehalts darf nie diese praktisch lebendige Kraft der Religion übersehen lassen. Uebt sie eine solche Wirkung, hat sie sie nur je geübt, so muss sie einen soliden Grund im Menschenwesen haben, wenn auch überwuchert und oft fast unkenntlich gemacht durch Anderes, was man auf diesen Grund gebaut hat und was einer wahrheitsliebenden Kritik nicht standhält. Dieser Grund ist, unsrer Ueberzeugung nach, das Ewigkeitsgefühl und Menschheitsgefühl, das Gefühl jener Ver- ewigung, die das noch so zufällige und beschränkte Leben des Einzelnen erfährt in dem Bewusstsein der ewigen Aufgabe der Erhaltung und vertiefenden Erneuung des Menschenwesens in den Menschen und in der Menschheit. Die Erhebung zu diesem Bewusstsein aber ist der grosse Gewinn der dritten, darum abschliessenden Erziehungsstufe; die ideelle Gemeinschaft, in die der Heranwachsende durch eben diese Erhebung sich auf- genommen weiss, wird fortan sein Erzieher, und eben dadurch, dass er in sie mehr und mehr hineinwächst und die aus ihr stammende Kraft der Idealisierung im eigenen Leben und Beruf bewährt, hilft er an seinem Teil sie wiederum lebendig dar- stellen und für fernere Erziehung fruchtbar machen. Das ist der Grund des tiefen Zuges zur Religion, der diesem Alter innewohnt.
So beweist sich hier wie auf den beiden vorigen Stufen, ja hier am meisten und am tiefsten Gemeinschaft zugleich
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und gründlicher gestalten durch die soziologisch-poli-
tische, die nur recht konkret an die womöglich zugleich
praktische Kenntnisnahme der wirklichen gesellschaftlichen
Zustände und ihrer Einwirkung auf das physische und geistige
Dasein der grossen Masse der Menschen sich anknüpfen sollte
(vergl. „Religion“ S. 12 u. 93). Zugleich liegt diesem Gebiet
das religiöse Leben nicht fern; worüber hier nur soviel
gesagt sei: dass die Religion die Gemeinschaft von Mensch
und Mensch, ohne weitere Bedingung, und zwar als Thatsache,
als „Leben“, nicht bloss begriffliche Lehre voraussetzt; und
dass sie eine Gewissheit des Unsichtbaren, wiederum nicht im
allgemeinen Begriff nur aufstellt, sondern lebendig einzupflanzen
sich zur Aufgabe stellt. Die schärfste Kritik ihres theoretischen
Wahrheitsgehalts darf nie diese praktisch lebendige Kraft der
Religion übersehen lassen. Uebt sie eine solche Wirkung, hat
sie sie nur je geübt, so muss sie einen soliden Grund im
Menschenwesen haben, wenn auch überwuchert und oft fast
unkenntlich gemacht durch Anderes, was man auf diesen Grund
gebaut hat und was einer wahrheitsliebenden Kritik nicht
standhält. Dieser Grund ist, unsrer Ueberzeugung nach, das
Ewigkeitsgefühl und Menschheitsgefühl, das Gefühl jener Ver-
ewigung, die das noch so zufällige und beschränkte Leben des
Einzelnen erfährt in dem Bewusstsein der ewigen Aufgabe der
Erhaltung und vertiefenden Erneuung des Menschenwesens in
den Menschen und in der Menschheit. Die Erhebung zu diesem
Bewusstsein aber ist der grosse Gewinn der dritten, darum
abschliessenden Erziehungsstufe; die ideelle Gemeinschaft, in
die der Heranwachsende durch eben diese Erhebung sich auf-
genommen weiss, wird fortan sein Erzieher, und eben dadurch,
dass er in sie mehr und mehr hineinwächst und die aus ihr
stammende Kraft der Idealisierung im eigenen Leben und Beruf
bewährt, hilft er an seinem Teil sie wiederum lebendig dar-
stellen und für fernere Erziehung fruchtbar machen. Das ist
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/284>, abgerufen am 22.11.2024.
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