sondern ein mehr und mehr interessiertes, endlich bis zum Willensentschluss sich interessierendes. Auf zweiter Stufe ver- knüpft sich mit dem Wagnis des Selberthuns vielleicht anfangs noch ein ängstliches Ausschauen nach Hülfe, dann, indem vom ersten kleinen Erfolg an der Mut wächst, wird die Hülfe und das Ausschauen nach ihr mehr und mehr verworfen, bis es schliesslich Ueberwindung kostet, sie überhaupt anzunehmen. Umso mehr will auch das dritte gelernt sein: dass man sich geduldig der Kritik unterzieht und zum Bessermachen des Verfehlten willig ist. Das Ziel ist, dass man selbst an der eigenen Leistung Kritik üben, sich selber unbefangen beurteilen und berichtigen lernt. Es sind die wesentlichen Momente der Lehrfähigkeit von seiten des Erziehenden, der Gelehrig- keit von seiten des Zöglings, nämlich insofern beides, das Lehren wie das Lernen, am Willen liegt. Durch sie werden die drei Grundfaktoren des Wollens: Trieb, Zielsetzung und praktische Selbsterkenntnis, im geregelten Fortgang der Er- ziehungsarbeit fortwährend in Uebung gesetzt und also entwickelt.
So also vollzieht sich in fortschreitender Vertiefung und Erweiterung der praktischen Aufgaben der sichere Fortschritt von der Heteronomie zur Autonomie. Besonders im beurteilenden Rückblick auf das Gethane weitet und klärt sich schrittweis die Absicht selbst; die Unzufriedenheit mit dem Geleisteten wird zum immer schärferen Sporn des Fort- schreitens. Daraus allenfalls erklärt sich das oft übertriebene Gewicht, das man in der Willenserziehung aufs Bereuen ge- legt hat. Der positive Sinn dieser Unzufriedenheit ist aber, dass man sich der Unendlichkeit der Aufgabe des Sitt- lichen bewusst wird. Dies Bewusstsein aber ist auch wieder erhebend: "es wächst der Mensch mit seinen grössern Zwecken"; und es giebt kein höheres Menschenglück, als solches Wachs- tum zu spüren.
§ 24. Autorität und ihre Hülfsmittel.
Der dargelegte formale Stufengang der Erziehung des Willens bietet die Grundlage der Verständigung über einige
sondern ein mehr und mehr interessiertes, endlich bis zum Willensentschluss sich interessierendes. Auf zweiter Stufe ver- knüpft sich mit dem Wagnis des Selberthuns vielleicht anfangs noch ein ängstliches Ausschauen nach Hülfe, dann, indem vom ersten kleinen Erfolg an der Mut wächst, wird die Hülfe und das Ausschauen nach ihr mehr und mehr verworfen, bis es schliesslich Ueberwindung kostet, sie überhaupt anzunehmen. Umso mehr will auch das dritte gelernt sein: dass man sich geduldig der Kritik unterzieht und zum Bessermachen des Verfehlten willig ist. Das Ziel ist, dass man selbst an der eigenen Leistung Kritik üben, sich selber unbefangen beurteilen und berichtigen lernt. Es sind die wesentlichen Momente der Lehrfähigkeit von seiten des Erziehenden, der Gelehrig- keit von seiten des Zöglings, nämlich insofern beides, das Lehren wie das Lernen, am Willen liegt. Durch sie werden die drei Grundfaktoren des Wollens: Trieb, Zielsetzung und praktische Selbsterkenntnis, im geregelten Fortgang der Er- ziehungsarbeit fortwährend in Uebung gesetzt und also entwickelt.
So also vollzieht sich in fortschreitender Vertiefung und Erweiterung der praktischen Aufgaben der sichere Fortschritt von der Heteronomie zur Autonomie. Besonders im beurteilenden Rückblick auf das Gethane weitet und klärt sich schrittweis die Absicht selbst; die Unzufriedenheit mit dem Geleisteten wird zum immer schärferen Sporn des Fort- schreitens. Daraus allenfalls erklärt sich das oft übertriebene Gewicht, das man in der Willenserziehung aufs Bereuen ge- legt hat. Der positive Sinn dieser Unzufriedenheit ist aber, dass man sich der Unendlichkeit der Aufgabe des Sitt- lichen bewusst wird. Dies Bewusstsein aber ist auch wieder erhebend: „es wächst der Mensch mit seinen grössern Zwecken“; und es giebt kein höheres Menschenglück, als solches Wachs- tum zu spüren.
§ 24. Autorität und ihre Hülfsmittel.
Der dargelegte formale Stufengang der Erziehung des Willens bietet die Grundlage der Verständigung über einige
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Willensentschluss sich interessierendes. Auf zweiter Stufe ver-
knüpft sich mit dem Wagnis des Selberthuns vielleicht anfangs
noch ein ängstliches Ausschauen nach Hülfe, dann, indem vom
ersten kleinen Erfolg an der Mut wächst, wird die Hülfe und
das Ausschauen nach ihr mehr und mehr verworfen, bis es
schliesslich Ueberwindung kostet, sie überhaupt anzunehmen.
Umso mehr will auch das dritte gelernt sein: dass man sich
geduldig der Kritik unterzieht und zum Bessermachen des
Verfehlten willig ist. Das Ziel ist, dass man selbst an der
eigenen Leistung Kritik üben, sich selber unbefangen beurteilen
und berichtigen lernt. Es sind die wesentlichen Momente der
Lehrfähigkeit von seiten des Erziehenden, der Gelehrig-
keit von seiten des Zöglings, nämlich insofern beides, das
Lehren wie das Lernen, am Willen liegt. Durch sie werden
die drei Grundfaktoren des Wollens: Trieb, Zielsetzung und
praktische Selbsterkenntnis, im geregelten Fortgang der Er-
ziehungsarbeit fortwährend in Uebung gesetzt und also entwickelt.
So also vollzieht sich in fortschreitender Vertiefung und
Erweiterung der praktischen Aufgaben der sichere Fortschritt
von der Heteronomie zur Autonomie. Besonders im
beurteilenden Rückblick auf das Gethane weitet und klärt sich
schrittweis die Absicht selbst; die Unzufriedenheit mit dem
Geleisteten wird zum immer schärferen Sporn des Fort-
schreitens. Daraus allenfalls erklärt sich das oft übertriebene
Gewicht, das man in der Willenserziehung aufs Bereuen ge-
legt hat. Der positive Sinn dieser Unzufriedenheit ist aber,
dass man sich der Unendlichkeit der Aufgabe des Sitt-
lichen bewusst wird. Dies Bewusstsein aber ist auch wieder
erhebend: „es wächst der Mensch mit seinen grössern Zwecken“;
und es giebt kein höheres Menschenglück, als solches Wachs-
tum zu spüren.
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/245>, abgerufen am 23.11.2024.
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