doch bei aller menschlichen Thätigkeit, soziale Regelung bei aller sozialen Thätigkeit vorkommt. Gewiss ist auch in einer Fabrik oder einem komplizierten Bildungsorganismus sogar viel Regierung nötig. Umgekehrt lebt Regierung allein von Wirt- schaft und Bildung, denn sie braucht Kräfte und braucht Verstand, welches beides das "Amt" nicht giebt, sondern von jenen borgen muss. Darum ist aber wirtschaftliche oder bildende Thätigkeit als solche nicht regierende, noch umgekehrt. Auch giebt es regierende Thätigkeit, die unmittelbar weder auf wirtschaftliche noch auf Bildungszwecke gerichtet ist, sondern ganz in sich abgeschlossen erscheint. Es giebt Recht, welches keine andere Thätigkeit normiert, als wiederum recht- liche, Regierung, die nichts anders anordnet als wiederum Regierung, ebenso wie wir sahen, dass es wirtschaftliche Thätig- keit giebt, die die produzierten Kräfte zu keinen andern als wiederum wirtschaftlichen Zwecken verwendet. Welche grössere Selbständigkeit kann man denn verlangen? Sogar Materie rechtlicher Regelung vermag die rechtliche Regelung selbst zu werden, die doch die Form des sozialen Lebens vertreten soll und mit Fug vertritt. Aber die soziale Form- gebung ist Gegenstand einer eigenen, bloss hierauf bezüglichen Technik, eigener Wissenschaft und so auch einer eigens charak- terisierten Thätigkeit, eines eigenen Berufs, vielmehr eines weiten Komplexes zusammengehörender Berufe. Auch hier ist, bei der denkbar engsten Wechselbeziehung zu den beiden andern Klassen sozialer Thätigkeiten, von einem Verfliessen der be- grifflichen Grenzen nichts zu bemerken. Vielmehr tritt im einigermaassen entwickelten sozialen Leben die Absonderung der regierenden Funktionen auch thatsächlich meist sehr deut- lich, nicht selten in einer sachlich kaum gerechtfertigten Schroff- heit zu Tage. Das begreift sich besonders daraus, dass ebenso, wie die wirtschaftliche Thätigkeit neben ihren sonstigen sehr mannigfaltigen Zwecken immer die eine wesentliche Auf- gabe hat, sich selbst in beständiger Reproduktion zu erhalten, so auch die regierende Thätigkeit bei der Erfüllung ihrer eigentlichen und letzten Absichten, die niemals in ihr selbst, sondern im Gebiete der wirtschaftlichen und der bildenden
doch bei aller menschlichen Thätigkeit, soziale Regelung bei aller sozialen Thätigkeit vorkommt. Gewiss ist auch in einer Fabrik oder einem komplizierten Bildungsorganismus sogar viel Regierung nötig. Umgekehrt lebt Regierung allein von Wirt- schaft und Bildung, denn sie braucht Kräfte und braucht Verstand, welches beides das „Amt“ nicht giebt, sondern von jenen borgen muss. Darum ist aber wirtschaftliche oder bildende Thätigkeit als solche nicht regierende, noch umgekehrt. Auch giebt es regierende Thätigkeit, die unmittelbar weder auf wirtschaftliche noch auf Bildungszwecke gerichtet ist, sondern ganz in sich abgeschlossen erscheint. Es giebt Recht, welches keine andere Thätigkeit normiert, als wiederum recht- liche, Regierung, die nichts anders anordnet als wiederum Regierung, ebenso wie wir sahen, dass es wirtschaftliche Thätig- keit giebt, die die produzierten Kräfte zu keinen andern als wiederum wirtschaftlichen Zwecken verwendet. Welche grössere Selbständigkeit kann man denn verlangen? Sogar Materie rechtlicher Regelung vermag die rechtliche Regelung selbst zu werden, die doch die Form des sozialen Lebens vertreten soll und mit Fug vertritt. Aber die soziale Form- gebung ist Gegenstand einer eigenen, bloss hierauf bezüglichen Technik, eigener Wissenschaft und so auch einer eigens charak- terisierten Thätigkeit, eines eigenen Berufs, vielmehr eines weiten Komplexes zusammengehörender Berufe. Auch hier ist, bei der denkbar engsten Wechselbeziehung zu den beiden andern Klassen sozialer Thätigkeiten, von einem Verfliessen der be- grifflichen Grenzen nichts zu bemerken. Vielmehr tritt im einigermaassen entwickelten sozialen Leben die Absonderung der regierenden Funktionen auch thatsächlich meist sehr deut- lich, nicht selten in einer sachlich kaum gerechtfertigten Schroff- heit zu Tage. Das begreift sich besonders daraus, dass ebenso, wie die wirtschaftliche Thätigkeit neben ihren sonstigen sehr mannigfaltigen Zwecken immer die eine wesentliche Auf- gabe hat, sich selbst in beständiger Reproduktion zu erhalten, so auch die regierende Thätigkeit bei der Erfüllung ihrer eigentlichen und letzten Absichten, die niemals in ihr selbst, sondern im Gebiete der wirtschaftlichen und der bildenden
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Verstand, welches beides das „Amt“ nicht giebt, sondern von
jenen borgen muss. Darum ist aber wirtschaftliche oder
bildende Thätigkeit als solche nicht regierende, noch umgekehrt.
Auch giebt es regierende Thätigkeit, die unmittelbar weder
auf wirtschaftliche noch auf Bildungszwecke gerichtet ist,
sondern ganz in sich abgeschlossen erscheint. Es giebt Recht,
welches keine andere Thätigkeit normiert, als wiederum recht-
liche, Regierung, die nichts anders anordnet als wiederum
Regierung, ebenso wie wir sahen, dass es wirtschaftliche Thätig-
keit giebt, die die produzierten Kräfte zu keinen andern als
wiederum wirtschaftlichen Zwecken verwendet. Welche grössere
Selbständigkeit kann man denn verlangen? Sogar Materie
rechtlicher Regelung vermag die rechtliche Regelung
selbst zu werden, die doch die Form des sozialen Lebens
vertreten soll und mit Fug vertritt. Aber die soziale Form-
gebung ist Gegenstand einer eigenen, bloss hierauf bezüglichen
Technik, eigener Wissenschaft und so auch einer eigens charak-
terisierten Thätigkeit, eines eigenen Berufs, vielmehr eines
weiten Komplexes zusammengehörender Berufe. Auch hier ist,
bei der denkbar engsten Wechselbeziehung zu den beiden andern
Klassen sozialer Thätigkeiten, von einem Verfliessen der be-
grifflichen Grenzen nichts zu bemerken. Vielmehr tritt im
einigermaassen entwickelten sozialen Leben die Absonderung
der regierenden Funktionen auch thatsächlich meist sehr deut-
lich, nicht selten in einer sachlich kaum gerechtfertigten Schroff-
heit zu Tage. Das begreift sich besonders daraus, dass ebenso,
wie die wirtschaftliche Thätigkeit neben ihren sonstigen sehr
mannigfaltigen Zwecken immer die eine wesentliche Auf-
gabe hat, sich selbst in beständiger Reproduktion zu erhalten,
so auch die regierende Thätigkeit bei der Erfüllung ihrer
eigentlichen und letzten Absichten, die niemals in ihr selbst,
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/171>, abgerufen am 29.11.2024.
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