beit erforderlich oder mit technischem Vorteil für sie in An- spruch zu nehmen ist. Diese Erwägung ist rein naturtech- nisch und kann also aus sozialer Erwägung ausgeschlossen werden; obwohl es mindestens notwendig ist, auf sie als anderweitig gegebene und zu begründende Voraus- setzung, auf der die Sozialwissenschaft in concreto zu fussen gar nicht umhin kann, hinzuweisen. Dagegen betrifft die andere, im weiteren Sinne auch technische Erwägung ganz unmittelbar die Zusammenbringung der menschlichen Arbeits- kräfte und zwar als menschlicher, d. h. nicht bloss mecha- nisch, sondern auch mit Willen, und vielleicht nie ganz ohne Willen, in einheitlicher Richtung sich verbindender. Dieser Faktor geht daher die Sozialphilosophie ganz unmittelbar an, während der erste gleichsam nur auf ihrer Grenze liegt. Es würde der sozialen Regelung gleichsam an jedem Angriffs- punkte fehlen, wenn es nicht diese Grundlage zur sozialen Vereinigung der Arbeitskräfte gäbe. Es ist eine grundwesent- liche Bedingung sozialen Lebens überhaupt, dass vorhandene menschliche Arbeitstriebe eine, gleichviel ob als ursprünglich angenommene oder erst erworbene Richtung auf gemeinschaft- liche Thätigkeit schon an sich haben. Durch sie findet die bewusste Regelung immer schon den Boden zubereitet, so dass sie die Gemeinschaft der Arbeit nicht erst ursprünglich hervor- zubringen, sondern bloss in festere Bahnen zu leiten und gegen Störungen zu sichern hat. Es wäre schlimm bestellt um die menschliche Gemeinschaft, wenn Gesetze und Zwangsmittel, oder aber blosse Vernunft, das, was ihr positives Ziel ist, eben die Gemeinschaft der Arbeit, überhaupt erst schaffen müssten. Sie setzen vielmehr eigentlich immer voraus, sie sei schon da und bedürfe nur der planmässigeren Gestaltung und des Schutzes. Aber nicht diese empirische Erwägung, die immerhin auf den zu Grunde liegenden Verhalt hinlenken kann, ist für unsere Ansetzung entscheidend; sondern die andere, dass die soziale Regelung selbst alle Wirkung, die sie auf die Arbeitsgemeinschaft übt, nur kraft des besagten materialen Faktors zu üben vermag. Sie selbst fasst das Thun der Einzelnen und die Vergemeinschaftung dieses Thuns als Mittel
beit erforderlich oder mit technischem Vorteil für sie in An- spruch zu nehmen ist. Diese Erwägung ist rein naturtech- nisch und kann also aus sozialer Erwägung ausgeschlossen werden; obwohl es mindestens notwendig ist, auf sie als anderweitig gegebene und zu begründende Voraus- setzung, auf der die Sozialwissenschaft in concreto zu fussen gar nicht umhin kann, hinzuweisen. Dagegen betrifft die andere, im weiteren Sinne auch technische Erwägung ganz unmittelbar die Zusammenbringung der menschlichen Arbeits- kräfte und zwar als menschlicher, d. h. nicht bloss mecha- nisch, sondern auch mit Willen, und vielleicht nie ganz ohne Willen, in einheitlicher Richtung sich verbindender. Dieser Faktor geht daher die Sozialphilosophie ganz unmittelbar an, während der erste gleichsam nur auf ihrer Grenze liegt. Es würde der sozialen Regelung gleichsam an jedem Angriffs- punkte fehlen, wenn es nicht diese Grundlage zur sozialen Vereinigung der Arbeitskräfte gäbe. Es ist eine grundwesent- liche Bedingung sozialen Lebens überhaupt, dass vorhandene menschliche Arbeitstriebe eine, gleichviel ob als ursprünglich angenommene oder erst erworbene Richtung auf gemeinschaft- liche Thätigkeit schon an sich haben. Durch sie findet die bewusste Regelung immer schon den Boden zubereitet, so dass sie die Gemeinschaft der Arbeit nicht erst ursprünglich hervor- zubringen, sondern bloss in festere Bahnen zu leiten und gegen Störungen zu sichern hat. Es wäre schlimm bestellt um die menschliche Gemeinschaft, wenn Gesetze und Zwangsmittel, oder aber blosse Vernunft, das, was ihr positives Ziel ist, eben die Gemeinschaft der Arbeit, überhaupt erst schaffen müssten. Sie setzen vielmehr eigentlich immer voraus, sie sei schon da und bedürfe nur der planmässigeren Gestaltung und des Schutzes. Aber nicht diese empirische Erwägung, die immerhin auf den zu Grunde liegenden Verhalt hinlenken kann, ist für unsere Ansetzung entscheidend; sondern die andere, dass die soziale Regelung selbst alle Wirkung, die sie auf die Arbeitsgemeinschaft übt, nur kraft des besagten materialen Faktors zu üben vermag. Sie selbst fasst das Thun der Einzelnen und die Vergemeinschaftung dieses Thuns als Mittel
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beit erforderlich oder mit technischem Vorteil für sie in An-
spruch zu nehmen ist. Diese Erwägung ist rein naturtech-
nisch und kann also aus sozialer Erwägung ausgeschlossen
werden; obwohl es mindestens notwendig ist, auf sie als
anderweitig gegebene und zu begründende Voraus-
setzung, auf der die Sozialwissenschaft in concreto zu fussen
gar nicht umhin kann, hinzuweisen. Dagegen betrifft die
andere, im weiteren Sinne auch technische Erwägung ganz
unmittelbar die Zusammenbringung der menschlichen Arbeits-
kräfte und zwar als menschlicher, d. h. nicht bloss mecha-
nisch, sondern auch mit Willen, und vielleicht nie ganz ohne
Willen, in einheitlicher Richtung sich verbindender. Dieser
Faktor geht daher die Sozialphilosophie ganz unmittelbar an,
während der erste gleichsam nur auf ihrer Grenze liegt. Es
würde der sozialen Regelung gleichsam an jedem Angriffs-
punkte fehlen, wenn es nicht diese Grundlage zur sozialen
Vereinigung der Arbeitskräfte gäbe. Es ist eine grundwesent-
liche Bedingung sozialen Lebens überhaupt, dass vorhandene
menschliche Arbeitstriebe eine, gleichviel ob als ursprünglich
angenommene oder erst erworbene Richtung auf gemeinschaft-
liche Thätigkeit schon an sich haben. Durch sie findet die
bewusste Regelung immer schon den Boden zubereitet, so dass
sie die Gemeinschaft der Arbeit nicht erst ursprünglich hervor-
zubringen, sondern bloss in festere Bahnen zu leiten und gegen
Störungen zu sichern hat. Es wäre schlimm bestellt um die
menschliche Gemeinschaft, wenn Gesetze und Zwangsmittel,
oder aber blosse Vernunft, das, was ihr positives Ziel ist,
eben die Gemeinschaft der Arbeit, überhaupt erst schaffen
müssten. Sie setzen vielmehr eigentlich immer voraus, sie sei
schon da und bedürfe nur der planmässigeren Gestaltung und
des Schutzes. Aber nicht diese empirische Erwägung, die
immerhin auf den zu Grunde liegenden Verhalt hinlenken kann,
ist für unsere Ansetzung entscheidend; sondern die andere,
dass die soziale Regelung selbst alle Wirkung, die sie auf die
Arbeitsgemeinschaft übt, nur kraft des besagten materialen
Faktors zu üben vermag. Sie selbst fasst das Thun der
Einzelnen und die Vergemeinschaftung dieses Thuns als Mittel
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/155>, abgerufen am 28.11.2024.
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