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Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

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Aber auch in Hrn. Zürn's osteologischen Untersuchungen kommen
Angaben vor, welche die behauptete spezifische Gleichheit der Leporiden
in Abrede stellen:

Es sollen (Seite 101) bei den meisten Leporiden die kleinen
Schneidezähne nicht parallel laufen. Die Gaumenlücke der meisten
Leporiden steht in Bezug auf die Breite mitten zwischen Hasen und
Kaninchen, bei zwei Exemplaren verhielt es sich anders (l. c. Anmerkung).
Bei den meisten fehlte das os falciforme (Seite 102), bei andern nicht.

Alle diese Verschiedenheiten verhinderten nicht, in den sogenannten
Leporiden eine neue einheitliche Art, die Spezies Lepus Darwini,
zu erkennen. Die Verschiedenheiten wurden nicht weiter verfolgt, sie
wurden einfach durch Nichtbeachtung beseitigt. Wäre dies nicht ge-
schehen, dann hätte der in das zoologische System eingeführte neue
Name keine Berechtigung gehabt.

Welche Bedeutung aber diese Verschiedenheiten haben, wenn sie
in ihren Konsequenzen verfolgt werden, das ergiebt sich aus den
Beobachtungen der Hrn. Gayot und Sanson, zu denen wir uns zu-
nächst wenden.



Gayot 1868 -- Sanson 1872.

Hr. Sanson hat in mehreren seiner Arbeiten, welche für den
Zoologen und den Viehzüchter von grosser Bedeutung sind, sich mit der
Bastardfrage beschäftigt (u. A. im Bulletin de la societe d'anthropologie
1865 -- de l'hybridite -- in Traite de zootechnie u. s. w.) und zuletzt
-- besonders in Bezug auf die hier vorliegende Frage über die Leporiden --
(Memoire sur les metis du lievre et du lapin, Milne Edwards Annales
des sciences naturelles. Zoologie t. XV. Paris 1872, Artikel 15). Hr. San-
son
unterscheidet hybridite und metissage, Hybride sind unfruchtbar,
Metis sind fruchtbar. Es handelt sich schliesslich um den Artbegriff
und die Modifikationen desselben; auf diese schwierigen, ungelösten und
wohl nicht so bald, wenn jemals, zu lösenden Fragen, gehe ich an dieser
Stelle nicht ein und beschränke mich auf die sogenannten Leporiden.

Hrn. Sanson's Untersuchungen gründen sich auf die Resultate der
Versuche des Hrn. Gayot. Dieser hatte früher, allein auf Hrn.
Broca's Autorität, die grosse Erfindung der Leporiden durch Hrn.
Roux laut gepriesen, unter anderen noch in der von ihm und Moll
herausgegebenen Encyclopedie de l'agriculture (1864 t. IX p. 621). Der
Misskredit, in welchen die Angelegenheit gerathen war, veranlassten
ihn, selbst Versuche zu machen. Diese sind in mehreren französischen
landwirthschaftlichen Zeitungen publizirt, namentlich im Journal d'agri-
culture pratique; ich beschränke mich, der Kürze wegen, auf Hrn.

Aber auch in Hrn. Zürn’s osteologischen Untersuchungen kommen
Angaben vor, welche die behauptete spezifische Gleichheit der Leporiden
in Abrede stellen:

Es sollen (Seite 101) bei den meisten Leporiden die kleinen
Schneidezähne nicht parallel laufen. Die Gaumenlücke der meisten
Leporiden steht in Bezug auf die Breite mitten zwischen Hasen und
Kaninchen, bei zwei Exemplaren verhielt es sich anders (l. c. Anmerkung).
Bei den meisten fehlte das os falciforme (Seite 102), bei andern nicht.

Alle diese Verschiedenheiten verhinderten nicht, in den sogenannten
Leporiden eine neue einheitliche Art, die Spezies Lepus Darwini,
zu erkennen. Die Verschiedenheiten wurden nicht weiter verfolgt, sie
wurden einfach durch Nichtbeachtung beseitigt. Wäre dies nicht ge-
schehen, dann hätte der in das zoologische System eingeführte neue
Name keine Berechtigung gehabt.

Welche Bedeutung aber diese Verschiedenheiten haben, wenn sie
in ihren Konsequenzen verfolgt werden, das ergiebt sich aus den
Beobachtungen der Hrn. Gayot und Sanson, zu denen wir uns zu-
nächst wenden.



Gayot 1868 — Sanson 1872.

Hr. Sanson hat in mehreren seiner Arbeiten, welche für den
Zoologen und den Viehzüchter von grosser Bedeutung sind, sich mit der
Bastardfrage beschäftigt (u. A. im Bulletin de la société d’anthropologie
1865 — de l’hybridité — in Traité de zootechnie u. s. w.) und zuletzt
— besonders in Bezug auf die hier vorliegende Frage über die Leporiden —
(Mémoire sur les métis du lièvre et du lapin, Milne Edwards Annales
des sciences naturelles. Zoologie t. XV. Paris 1872, Artikel 15). Hr. San-
son
unterscheidet hybridité und métissage, Hybride sind unfruchtbar,
Metis sind fruchtbar. Es handelt sich schliesslich um den Artbegriff
und die Modifikationen desselben; auf diese schwierigen, ungelösten und
wohl nicht so bald, wenn jemals, zu lösenden Fragen, gehe ich an dieser
Stelle nicht ein und beschränke mich auf die sogenannten Leporiden.

Hrn. Sanson’s Untersuchungen gründen sich auf die Resultate der
Versuche des Hrn. Gayot. Dieser hatte früher, allein auf Hrn.
Broca’s Autorität, die grosse Erfindung der Leporiden durch Hrn.
Roux laut gepriesen, unter anderen noch in der von ihm und Moll
herausgegebenen Encyclopédie de l’agriculture (1864 t. IX p. 621). Der
Misskredit, in welchen die Angelegenheit gerathen war, veranlassten
ihn, selbst Versuche zu machen. Diese sind in mehreren französischen
landwirthschaftlichen Zeitungen publizirt, namentlich im Journal d’agri-
culture pratique; ich beschränke mich, der Kürze wegen, auf Hrn.

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[48/0056] Aber auch in Hrn. Zürn’s osteologischen Untersuchungen kommen Angaben vor, welche die behauptete spezifische Gleichheit der Leporiden in Abrede stellen: Es sollen (Seite 101) bei den meisten Leporiden die kleinen Schneidezähne nicht parallel laufen. Die Gaumenlücke der meisten Leporiden steht in Bezug auf die Breite mitten zwischen Hasen und Kaninchen, bei zwei Exemplaren verhielt es sich anders (l. c. Anmerkung). Bei den meisten fehlte das os falciforme (Seite 102), bei andern nicht. Alle diese Verschiedenheiten verhinderten nicht, in den sogenannten Leporiden eine neue einheitliche Art, die Spezies Lepus Darwini, zu erkennen. Die Verschiedenheiten wurden nicht weiter verfolgt, sie wurden einfach durch Nichtbeachtung beseitigt. Wäre dies nicht ge- schehen, dann hätte der in das zoologische System eingeführte neue Name keine Berechtigung gehabt. Welche Bedeutung aber diese Verschiedenheiten haben, wenn sie in ihren Konsequenzen verfolgt werden, das ergiebt sich aus den Beobachtungen der Hrn. Gayot und Sanson, zu denen wir uns zu- nächst wenden. Gayot 1868 — Sanson 1872. Hr. Sanson hat in mehreren seiner Arbeiten, welche für den Zoologen und den Viehzüchter von grosser Bedeutung sind, sich mit der Bastardfrage beschäftigt (u. A. im Bulletin de la société d’anthropologie 1865 — de l’hybridité — in Traité de zootechnie u. s. w.) und zuletzt — besonders in Bezug auf die hier vorliegende Frage über die Leporiden — (Mémoire sur les métis du lièvre et du lapin, Milne Edwards Annales des sciences naturelles. Zoologie t. XV. Paris 1872, Artikel 15). Hr. San- son unterscheidet hybridité und métissage, Hybride sind unfruchtbar, Metis sind fruchtbar. Es handelt sich schliesslich um den Artbegriff und die Modifikationen desselben; auf diese schwierigen, ungelösten und wohl nicht so bald, wenn jemals, zu lösenden Fragen, gehe ich an dieser Stelle nicht ein und beschränke mich auf die sogenannten Leporiden. Hrn. Sanson’s Untersuchungen gründen sich auf die Resultate der Versuche des Hrn. Gayot. Dieser hatte früher, allein auf Hrn. Broca’s Autorität, die grosse Erfindung der Leporiden durch Hrn. Roux laut gepriesen, unter anderen noch in der von ihm und Moll herausgegebenen Encyclopédie de l’agriculture (1864 t. IX p. 621). Der Misskredit, in welchen die Angelegenheit gerathen war, veranlassten ihn, selbst Versuche zu machen. Diese sind in mehreren französischen landwirthschaftlichen Zeitungen publizirt, namentlich im Journal d’agri- culture pratique; ich beschränke mich, der Kürze wegen, auf Hrn.

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Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/56>, abgerufen am 27.11.2024.