Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.hat die Blumen in seiner Stube zur Blüthe gebracht Klärchen stimmte mit Worten ein, aber ihr Herz Jetzt bin ich fertig! sagte Gretchen fröhlich, nun Der Himmel war lichtblau, weiße Frühlings¬ hat die Blumen in ſeiner Stube zur Blüthe gebracht Klärchen ſtimmte mit Worten ein, aber ihr Herz Jetzt bin ich fertig! ſagte Gretchen fröhlich, nun Der Himmel war lichtblau, weiße Frühlings¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0081" n="75"/> hat die Blumen in ſeiner Stube zur Blüthe gebracht<lb/> und ſie mir dann geſchenkt. Und ſieh nur die weißen<lb/> Blümchen, wie ſie ſo rein und zart daſtehen und ihre<lb/> Köpfchen ſo ſtill niederbeugen. Ich mag keine Blumen<lb/> lieber, als die Schneeglöckchen, und Benjamin hätte<lb/> mich durch nichts mehr erfreuen können.</p><lb/> <p>Klärchen ſtimmte mit Worten ein, aber ihr Herz<lb/> war matt, ſie konnte ſich nicht über Blumen freuen.</p><lb/> <p>Jetzt bin ich fertig! ſagte Gretchen fröhlich, nun<lb/> hilf mir, Klärchen, Erbſen legen und Salat ſäen.<lb/> Ein Hauptſpaß iſt es, die Sachen alle recht früh zu<lb/> haben. — Sie ſetzte einen Nankinghut auf, nahm<lb/> den bereit ſtehenden Samen und ging der Tante und<lb/> Klärchen voran.</p><lb/> <p>Der Himmel war lichtblau, weiße Frühlings¬<lb/> wölkchen zogen daran, der Erdboden war braun und<lb/> friſch, die Veilchen legten ihre ſeidenen Blättchen aus¬<lb/> einander, die Stachelbeerbüſche hatten einen grünen<lb/> Schimmer, der Buchfink ſchlug, Spatzen lärmten, Tau¬<lb/> ben girrten auf den Dächern, und in den Nachbars¬<lb/> gärten ward gearbeitet, geplaudert und geſungen. Auch<lb/> Benjamin ſchaute zum Fenſter hinaus, der Matz ſaß<lb/> ihm auf der Schulter und rief: „Jungfer Gretchen,<lb/> ſo recht.“ Gretchen rief: er ſolle ſchweigen, ſeine<lb/> häßliche Stimme paſſe nicht zum Frühling. Benjamin<lb/> aber flüſterte dem Vogel etwas zu, und der ſchnarrte<lb/> ſein „Racker, Spitzbub“ mit ſo vielem Eifer, daß<lb/> ſelbſt Fritz Buchſtein das Fenſter ſeiner Werkſtatt auf¬<lb/> machte und Ruhe gebot. Doch er trat auch in den<lb/> Garten und ſah über das Staket hinüber, Gretchen<lb/></p> </body> </text> </TEI> [75/0081]
hat die Blumen in ſeiner Stube zur Blüthe gebracht
und ſie mir dann geſchenkt. Und ſieh nur die weißen
Blümchen, wie ſie ſo rein und zart daſtehen und ihre
Köpfchen ſo ſtill niederbeugen. Ich mag keine Blumen
lieber, als die Schneeglöckchen, und Benjamin hätte
mich durch nichts mehr erfreuen können.
Klärchen ſtimmte mit Worten ein, aber ihr Herz
war matt, ſie konnte ſich nicht über Blumen freuen.
Jetzt bin ich fertig! ſagte Gretchen fröhlich, nun
hilf mir, Klärchen, Erbſen legen und Salat ſäen.
Ein Hauptſpaß iſt es, die Sachen alle recht früh zu
haben. — Sie ſetzte einen Nankinghut auf, nahm
den bereit ſtehenden Samen und ging der Tante und
Klärchen voran.
Der Himmel war lichtblau, weiße Frühlings¬
wölkchen zogen daran, der Erdboden war braun und
friſch, die Veilchen legten ihre ſeidenen Blättchen aus¬
einander, die Stachelbeerbüſche hatten einen grünen
Schimmer, der Buchfink ſchlug, Spatzen lärmten, Tau¬
ben girrten auf den Dächern, und in den Nachbars¬
gärten ward gearbeitet, geplaudert und geſungen. Auch
Benjamin ſchaute zum Fenſter hinaus, der Matz ſaß
ihm auf der Schulter und rief: „Jungfer Gretchen,
ſo recht.“ Gretchen rief: er ſolle ſchweigen, ſeine
häßliche Stimme paſſe nicht zum Frühling. Benjamin
aber flüſterte dem Vogel etwas zu, und der ſchnarrte
ſein „Racker, Spitzbub“ mit ſo vielem Eifer, daß
ſelbſt Fritz Buchſtein das Fenſter ſeiner Werkſtatt auf¬
machte und Ruhe gebot. Doch er trat auch in den
Garten und ſah über das Staket hinüber, Gretchen
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