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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.

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konnte und nach dem armen Benjamin nicht einmal
fragen.

Eben fiel ein feiner Sonnenblick durch eine thauende
Fensterscheibe und auch ein Lichtblick fiel in Fritzens
Herz. -- Herr, dein Wille geschehe! -- Gretchen
stand vor ihm so frisch und hold und rein, mit so
versöhnlichem Blick. Fritz fühlte seine Zukunft ent¬
schieden, er fühlte, wohin der Herr ihn haben wollte
und wo er seinen Frieden suchen sollte. Die wilden
Ranken seines Herzens mußte er abschneiden. Schade
um die Zeit, die er sie hatte wuchern lassen!

Gretchen nahm Abschied von ihrem alten Freunde,
mußte aber das Versprechen geben, wieder zu kommen.

Ja, darum bitte ich Dich auch, sagte Fritz, Du
sollst nicht kommen, um Benjamin zu pflegen, nein,
Du sollst Dich nur überzeugen, daß ich meinen Fehler
gut gemacht habe.

Benjamin machte Scherz aus der Sache, Gret¬
chen stimmte ein und die jungen Leute verließen ihn.
Unten in der Werkstatt sagte Fritz noch in aller Eile,
um doch etwas zu sagen: Ich habe schon längst ein¬
mal zu Euch kommen wollen, -- aber das böse Wet¬
ter, -- man ist so eingeschneit.

Bei uns wird jeden Tag gekehrt, entgegnete
Gretchen.

Ja, es ist auch meine Schuld, fuhr Fritz fort;
und als nun Gretchen im Vorbeigehen ihre Finger
auf einen halb vertrockneten und vernachlässigten Ge¬
ranientopf legte, ward er noch verlegener. -- Den
armen Topf habe ich auch vergessen, aber ich will
ihn doch begießen. -- Gretchens Hand fuhr erschrocken

konnte und nach dem armen Benjamin nicht einmal
fragen.

Eben fiel ein feiner Sonnenblick durch eine thauende
Fenſterſcheibe und auch ein Lichtblick fiel in Fritzens
Herz. — Herr, dein Wille geſchehe! — Gretchen
ſtand vor ihm ſo friſch und hold und rein, mit ſo
verſöhnlichem Blick. Fritz fühlte ſeine Zukunft ent¬
ſchieden, er fühlte, wohin der Herr ihn haben wollte
und wo er ſeinen Frieden ſuchen ſollte. Die wilden
Ranken ſeines Herzens mußte er abſchneiden. Schade
um die Zeit, die er ſie hatte wuchern laſſen!

Gretchen nahm Abſchied von ihrem alten Freunde,
mußte aber das Verſprechen geben, wieder zu kommen.

Ja, darum bitte ich Dich auch, ſagte Fritz, Du
ſollſt nicht kommen, um Benjamin zu pflegen, nein,
Du ſollſt Dich nur überzeugen, daß ich meinen Fehler
gut gemacht habe.

Benjamin machte Scherz aus der Sache, Gret¬
chen ſtimmte ein und die jungen Leute verließen ihn.
Unten in der Werkſtatt ſagte Fritz noch in aller Eile,
um doch etwas zu ſagen: Ich habe ſchon längſt ein¬
mal zu Euch kommen wollen, — aber das böſe Wet¬
ter, — man iſt ſo eingeſchneit.

Bei uns wird jeden Tag gekehrt, entgegnete
Gretchen.

Ja, es iſt auch meine Schuld, fuhr Fritz fort;
und als nun Gretchen im Vorbeigehen ihre Finger
auf einen halb vertrockneten und vernachläſſigten Ge¬
ranientopf legte, ward er noch verlegener. — Den
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ihn doch begießen. — Gretchens Hand fuhr erſchrocken

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[61/0067] konnte und nach dem armen Benjamin nicht einmal fragen. Eben fiel ein feiner Sonnenblick durch eine thauende Fenſterſcheibe und auch ein Lichtblick fiel in Fritzens Herz. — Herr, dein Wille geſchehe! — Gretchen ſtand vor ihm ſo friſch und hold und rein, mit ſo verſöhnlichem Blick. Fritz fühlte ſeine Zukunft ent¬ ſchieden, er fühlte, wohin der Herr ihn haben wollte und wo er ſeinen Frieden ſuchen ſollte. Die wilden Ranken ſeines Herzens mußte er abſchneiden. Schade um die Zeit, die er ſie hatte wuchern laſſen! Gretchen nahm Abſchied von ihrem alten Freunde, mußte aber das Verſprechen geben, wieder zu kommen. Ja, darum bitte ich Dich auch, ſagte Fritz, Du ſollſt nicht kommen, um Benjamin zu pflegen, nein, Du ſollſt Dich nur überzeugen, daß ich meinen Fehler gut gemacht habe. Benjamin machte Scherz aus der Sache, Gret¬ chen ſtimmte ein und die jungen Leute verließen ihn. Unten in der Werkſtatt ſagte Fritz noch in aller Eile, um doch etwas zu ſagen: Ich habe ſchon längſt ein¬ mal zu Euch kommen wollen, — aber das böſe Wet¬ ter, — man iſt ſo eingeſchneit. Bei uns wird jeden Tag gekehrt, entgegnete Gretchen. Ja, es iſt auch meine Schuld, fuhr Fritz fort; und als nun Gretchen im Vorbeigehen ihre Finger auf einen halb vertrockneten und vernachläſſigten Ge¬ ranientopf legte, ward er noch verlegener. — Den armen Topf habe ich auch vergeſſen, aber ich will ihn doch begießen. — Gretchens Hand fuhr erſchrocken

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Zitationshilfe: Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/67>, abgerufen am 21.11.2024.