Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.schnell. Klärchen aber räumte den Frühstückstisch ab, Doch der Morgen kam, Klärchen heitzte eine halbe "Wenn ich Dir, theuerste Mutter, Sorge machte, Jetzt regte es sich im Nebenzimmer, Klärchen fuhr ſchnell. Klärchen aber räumte den Frühſtückstiſch ab, Doch der Morgen kam, Klärchen heitzte eine halbe „Wenn ich Dir, theuerſte Mutter, Sorge machte, Jetzt regte es ſich im Nebenzimmer, Klärchen fuhr <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0062" n="56"/> ſchnell. Klärchen aber räumte den Frühſtückstiſch ab,<lb/> ordnete hier, wiſchte dort, und warf dabei manchen<lb/> forſchenden Blick auf die Leſerin, deren Züge erſt ſehr<lb/> ernſt waren, aber immer freundlicher wurden und ſich<lb/> endlich in eine fröhliches Lächeln auflöſten. Dies<lb/> Lächeln war ein Dolchſtoß in Klärchens Herz, und<lb/> noch nie war ihr ein Tag ſo lang geworden als die¬<lb/> ſer, denn vor dem anderen Morgen konnte ſie daß<lb/> Kunſtſtück mit der Eröffnung des Tiſches nicht wieder¬<lb/> holen.</p><lb/> <p>Doch der Morgen kam, Klärchen heitzte eine halbe<lb/> Stunde früher als gewöhnlich ein, die Generalin lag<lb/> noch im ruhigen Schlummer. Klärchen nahm den<lb/> Schlüſſel, der Brief lag ganz oben in der Mappe, ſie<lb/> öffnete ſchnell und las:</p><lb/> <p>„Wenn ich Dir, theuerſte Mutter, Sorge machte,<lb/> ſo thut es mir herzlich leid, ich kann Dir aber mit<lb/> feſtem Herzen verſichern, daß es unnöthig war. Ich<lb/> leugne nicht, daß mich im Anfange das hübſche Mäd¬<lb/> chen intereſſirte und ich neugierig war, ob wirklich<lb/> hinter der ſchönen Hülle das verborgen ſei, was man<lb/> wünſchen und vermuthen mußte. Ich ſtimme aber<lb/> ganz mit Dir im Urtheil über ihren Charakter ein;<lb/> in den letzten Tagen habe ich Blicke in ihr Weſen ge¬<lb/> than, die mich von einem gemeinen und koquetten<lb/> Sinn überzeugten. Ich fürchte faſt, es wird Dir<lb/> ſchwer werden, ſie zu überwachen. Graf Bründel iſt<lb/> ernſtlich verliebt und wird nicht Geld und Mühe ſpa¬<lb/> ren, ein Verhältniß anzuknüpfen,“ —</p><lb/> <p>Jetzt regte es ſich im Nebenzimmer, Klärchen fuhr<lb/> erſchrocken zuſammen. Sie lauſchte, es ſchien ihr wie¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [56/0062]
ſchnell. Klärchen aber räumte den Frühſtückstiſch ab,
ordnete hier, wiſchte dort, und warf dabei manchen
forſchenden Blick auf die Leſerin, deren Züge erſt ſehr
ernſt waren, aber immer freundlicher wurden und ſich
endlich in eine fröhliches Lächeln auflöſten. Dies
Lächeln war ein Dolchſtoß in Klärchens Herz, und
noch nie war ihr ein Tag ſo lang geworden als die¬
ſer, denn vor dem anderen Morgen konnte ſie daß
Kunſtſtück mit der Eröffnung des Tiſches nicht wieder¬
holen.
Doch der Morgen kam, Klärchen heitzte eine halbe
Stunde früher als gewöhnlich ein, die Generalin lag
noch im ruhigen Schlummer. Klärchen nahm den
Schlüſſel, der Brief lag ganz oben in der Mappe, ſie
öffnete ſchnell und las:
„Wenn ich Dir, theuerſte Mutter, Sorge machte,
ſo thut es mir herzlich leid, ich kann Dir aber mit
feſtem Herzen verſichern, daß es unnöthig war. Ich
leugne nicht, daß mich im Anfange das hübſche Mäd¬
chen intereſſirte und ich neugierig war, ob wirklich
hinter der ſchönen Hülle das verborgen ſei, was man
wünſchen und vermuthen mußte. Ich ſtimme aber
ganz mit Dir im Urtheil über ihren Charakter ein;
in den letzten Tagen habe ich Blicke in ihr Weſen ge¬
than, die mich von einem gemeinen und koquetten
Sinn überzeugten. Ich fürchte faſt, es wird Dir
ſchwer werden, ſie zu überwachen. Graf Bründel iſt
ernſtlich verliebt und wird nicht Geld und Mühe ſpa¬
ren, ein Verhältniß anzuknüpfen,“ —
Jetzt regte es ſich im Nebenzimmer, Klärchen fuhr
erſchrocken zuſammen. Sie lauſchte, es ſchien ihr wie¬
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