Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.Mediziner sah sie erst verblüfft an und brach dann in Närrchen! sagte er, wie kannst Du ein solcher Klärchen stand auf, sie zitterte an allen Gliedern. Der Student war wieder verblüfft, lachte darauf 4 *
Mediziner ſah ſie erſt verblüfft an und brach dann in Närrchen! ſagte er, wie kannſt Du ein ſolcher Klärchen ſtand auf, ſie zitterte an allen Gliedern. Der Student war wieder verblüfft, lachte darauf 4 *
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0057" n="51"/> Mediziner ſah ſie erſt verblüfft an und brach dann in<lb/> ein helles Lachen aus. Er hatte ſchon viel Lieb¬<lb/> ſchaften gehabt, das aber war ihm noch nie paſſirt.</p><lb/> <p>Närrchen! ſagte er, wie kannſt Du ein ſolcher<lb/> Philiſter ſein! Bei uns iſt wohl von Lieben die Rede,<lb/> aber nicht von Verloben. Wenn die Welt erſt zuſieht,<lb/> hört aller Spaß auf.</p><lb/> <p>Klärchen ſtand auf, ſie zitterte an allen Gliedern.<lb/> Wenn es ſo gemeint iſt, ſind wir geſchiedene Leute,<lb/> ſagte ſie in höchſter Erregung.</p><lb/> <p>Der Student war wieder verblüfft, lachte darauf<lb/> aber nicht. Er merkte, daß er mit dem Mädchen an¬<lb/> ders verfahren müſſe, als er es bisher gewohnt ge¬<lb/> weſen, und da er unglaublich in ſie verliebt war, be¬<lb/> gann er zu kapituliren. Das aber half ihm nichts,<lb/> ſie war zu klug und durchſchaute ſeine gleißenden<lb/> Worte. Dazu liebte ſie ihn eigentlich gar nicht mehr,<lb/> ſie dachte an den Lieutenant, an den Grafen, ſie<lb/> konnte ja nur zugreifen; ja, mit einemmal war es ihr,<lb/> als müſſe ſie ſich von dem Studenten losreißen, um<lb/> einem höheren Geſchicke entgegen zu gehen. Das gab<lb/> ihr Muth, jetzt die Tugendheldin zu ſpielen. Sie<lb/> hielt die ſchönſten Reden; ſelbſt als er verſicherte, Oſtern<lb/> wolle er mit ſeinen Eltern reden und nur bis dahin<lb/> müſſe die Sache geheim bleiben, blieb ſie ſtandhaft,<lb/> — und als er ſie beſtürmen wollte mit ſeiner Liebe<lb/> und ſeinem Unglück, verſchloß ſie ſich in die Kammer.<lb/> Die Mutter ſpielte eine traurige Rolle dabei, ihr Herz<lb/> war weicher, als das der Tochter, ſie hätte den Un¬<lb/> glücklichen gern glücklich gemacht, — dazu die ſchöne<lb/> volle Börſe auf dem Tiſch, — und verſuchte ihn zu<lb/> <fw place="bottom" type="sig">4 *<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [51/0057]
Mediziner ſah ſie erſt verblüfft an und brach dann in
ein helles Lachen aus. Er hatte ſchon viel Lieb¬
ſchaften gehabt, das aber war ihm noch nie paſſirt.
Närrchen! ſagte er, wie kannſt Du ein ſolcher
Philiſter ſein! Bei uns iſt wohl von Lieben die Rede,
aber nicht von Verloben. Wenn die Welt erſt zuſieht,
hört aller Spaß auf.
Klärchen ſtand auf, ſie zitterte an allen Gliedern.
Wenn es ſo gemeint iſt, ſind wir geſchiedene Leute,
ſagte ſie in höchſter Erregung.
Der Student war wieder verblüfft, lachte darauf
aber nicht. Er merkte, daß er mit dem Mädchen an¬
ders verfahren müſſe, als er es bisher gewohnt ge¬
weſen, und da er unglaublich in ſie verliebt war, be¬
gann er zu kapituliren. Das aber half ihm nichts,
ſie war zu klug und durchſchaute ſeine gleißenden
Worte. Dazu liebte ſie ihn eigentlich gar nicht mehr,
ſie dachte an den Lieutenant, an den Grafen, ſie
konnte ja nur zugreifen; ja, mit einemmal war es ihr,
als müſſe ſie ſich von dem Studenten losreißen, um
einem höheren Geſchicke entgegen zu gehen. Das gab
ihr Muth, jetzt die Tugendheldin zu ſpielen. Sie
hielt die ſchönſten Reden; ſelbſt als er verſicherte, Oſtern
wolle er mit ſeinen Eltern reden und nur bis dahin
müſſe die Sache geheim bleiben, blieb ſie ſtandhaft,
— und als er ſie beſtürmen wollte mit ſeiner Liebe
und ſeinem Unglück, verſchloß ſie ſich in die Kammer.
Die Mutter ſpielte eine traurige Rolle dabei, ihr Herz
war weicher, als das der Tochter, ſie hätte den Un¬
glücklichen gern glücklich gemacht, — dazu die ſchöne
volle Börſe auf dem Tiſch, — und verſuchte ihn zu
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