Klärchen war gerührt von dieser Güte. Du meinst es doch wirklich gut! sagte sie herzlich.
Das kannst Du glauben, entgegnete Gretchen treu¬ herzig, und beide Cousinen waren jetzt sehr freundlich auf einander gesonnen.
Am Michaelis-Tage zog Klärchen an. In ihrer Stube stand eine Kommode und ein Kleiderschrank, dahinein wurden ihre Sachen so weitläuftig als mög¬ lich geordnet. Einige Sommerkleider und dünne wol¬ lene Kleider, Mantillen, Mäntelchen, ein Frisuren- Unterrock in den Schrank; in die Kommode, außer der wenigen Wäsche, Bänder, Schleifen, Kragen, Hand¬ schuh, Taschentücher; die sechs leinenen Taschentücher und zwei Paar ganzen Strümpfe von Gretchen bilde¬ ten den guten Grund dieser leichten Gesellschaft Au¬ ßerdem aber stellte sie einige Blumentöpfe in das Fen¬ ster, hing ein Porzelan-Bildchen an die Scheiben, ein anderes Bild unter den Spiegel und eine Blumen¬ vase auf die Kommode. Der Bediente hatte in die Stube gesehen und gegen die Köchin bemerkt: man sähe dem Geschmacke des Mädchens an, daß sie von guter Erziehung und Bildung sei; nur schlimm, daß das Stübchen im Nebenhaus, und der Mediziner ge¬ rade hineinsehen könne, da möcht' es am Ende eine Liebelei im Hause geben. Die Köchin aber nahm Klärchens Partie. Ihre Küche lag gerade gegenüber im anderen Seitenhaus; sie hatte gesehen wie Klär¬ chen das Rouleau niederließ, als der Mediziner mit der langen Pfeife aus dem Fenster sah. Klärchen aber hatte die Köchin gesehen und gedacht: Du mußt dich
Klärchen war gerührt von dieſer Güte. Du meinſt es doch wirklich gut! ſagte ſie herzlich.
Das kannſt Du glauben, entgegnete Gretchen treu¬ herzig, und beide Couſinen waren jetzt ſehr freundlich auf einander geſonnen.
Am Michaelis-Tage zog Klärchen an. In ihrer Stube ſtand eine Kommode und ein Kleiderſchrank, dahinein wurden ihre Sachen ſo weitläuftig als mög¬ lich geordnet. Einige Sommerkleider und dünne wol¬ lene Kleider, Mantillen, Mäntelchen, ein Friſuren- Unterrock in den Schrank; in die Kommode, außer der wenigen Wäſche, Bänder, Schleifen, Kragen, Hand¬ ſchuh, Taſchentücher; die ſechs leinenen Taſchentücher und zwei Paar ganzen Strümpfe von Gretchen bilde¬ ten den guten Grund dieſer leichten Geſellſchaft Au¬ ßerdem aber ſtellte ſie einige Blumentöpfe in das Fen¬ ſter, hing ein Porzelan-Bildchen an die Scheiben, ein anderes Bild unter den Spiegel und eine Blumen¬ vaſe auf die Kommode. Der Bediente hatte in die Stube geſehen und gegen die Köchin bemerkt: man ſähe dem Geſchmacke des Mädchens an, daß ſie von guter Erziehung und Bildung ſei; nur ſchlimm, daß das Stübchen im Nebenhaus, und der Mediziner ge¬ rade hineinſehen könne, da möcht' es am Ende eine Liebelei im Hauſe geben. Die Köchin aber nahm Klärchens Partie. Ihre Küche lag gerade gegenüber im anderen Seitenhaus; ſie hatte geſehen wie Klär¬ chen das Rouleau niederließ, als der Mediziner mit der langen Pfeife aus dem Fenſter ſah. Klärchen aber hatte die Köchin geſehen und gedacht: Du mußt dich
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Klärchen war gerührt von dieſer Güte. Du meinſt
es doch wirklich gut! ſagte ſie herzlich.
Das kannſt Du glauben, entgegnete Gretchen treu¬
herzig, und beide Couſinen waren jetzt ſehr freundlich
auf einander geſonnen.
Am Michaelis-Tage zog Klärchen an. In ihrer
Stube ſtand eine Kommode und ein Kleiderſchrank,
dahinein wurden ihre Sachen ſo weitläuftig als mög¬
lich geordnet. Einige Sommerkleider und dünne wol¬
lene Kleider, Mantillen, Mäntelchen, ein Friſuren-
Unterrock in den Schrank; in die Kommode, außer der
wenigen Wäſche, Bänder, Schleifen, Kragen, Hand¬
ſchuh, Taſchentücher; die ſechs leinenen Taſchentücher
und zwei Paar ganzen Strümpfe von Gretchen bilde¬
ten den guten Grund dieſer leichten Geſellſchaft Au¬
ßerdem aber ſtellte ſie einige Blumentöpfe in das Fen¬
ſter, hing ein Porzelan-Bildchen an die Scheiben,
ein anderes Bild unter den Spiegel und eine Blumen¬
vaſe auf die Kommode. Der Bediente hatte in die
Stube geſehen und gegen die Köchin bemerkt: man
ſähe dem Geſchmacke des Mädchens an, daß ſie von
guter Erziehung und Bildung ſei; nur ſchlimm, daß
das Stübchen im Nebenhaus, und der Mediziner ge¬
rade hineinſehen könne, da möcht' es am Ende eine
Liebelei im Hauſe geben. Die Köchin aber nahm
Klärchens Partie. Ihre Küche lag gerade gegenüber
im anderen Seitenhaus; ſie hatte geſehen wie Klär¬
chen das Rouleau niederließ, als der Mediziner mit
der langen Pfeife aus dem Fenſter ſah. Klärchen aber
hatte die Köchin geſehen und gedacht: Du mußt dich
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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/38>, abgerufen am 16.07.2024.
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