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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.

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jung und wird mir auch wahrscheinlich zu hübsch sein,
-- entgegnete die Generalin.

Die Jüngere lachte. Gerade darum wünsche ich
sie Ihnen, weil sie so liebreizend ist. Bei jedem Un¬
wohlsein wird sie Ihnen die angenehmste Gesellschaft
sein; sie kann Ihnen vorlesen, denn sie spricht sehr
hübsch; aber vor allen Dingen -- Sie müssen sie se¬
hen, theuerste Frau!

Die Sprecherin war die Lieutenant von Reisen,
Klärchens besondere Gönnerin. Sie suchte ihr jetzt den
Dienst bei der Generalin zu verschaffen und hatte Klär¬
chen deßhalb hinbestellt; vorher aber bemühte sie sich
sie in das beste Licht zu stellen. Es währte nicht
lange, so wurde Klärchen gemeldet. Sehr nett ange¬
zogen, zugleich aber sehr bescheiden und anspruchslos
stand sie vor den Damen. Die Generalin war wirk¬
lich erstaunt über die Schönheit des Mädchens, aber
die Anmuth in Worten und Wesen machte jedes Be¬
denken verstummen -- und sie schloß den Miethsvertrag.
Vierzig Thaler Gehalt, ein Louisd'or zu Weihnach¬
ten, außerdem Geschenke, das war für Klärchen sehr
erfreulich. Aber nicht allein das: der ganze Haus¬
halt der Frau Generalin entzückte sie, ja so sehr, daß
der Mediziner fast darüber vergessen ward. Die gro¬
ßen Zimmer, prächtigen Teppiche und Meubeln, Equi¬
page und Dienerschaft, so etwas fand man nicht oft
beisammen. In diesem Haus war sie als Kammer¬
jungfer engagirt, so zu sagen als Kammerjungfer, denn
eigentlich -- redete sie sich vor -- sollte sie doch Ge¬
sellschafterin der Dame sein, sie sollte ihr des Abends
vorlesen und in traulichen Zirkeln den Thee serviren.

jung und wird mir auch wahrſcheinlich zu hübſch ſein,
— entgegnete die Generalin.

Die Jüngere lachte. Gerade darum wünſche ich
ſie Ihnen, weil ſie ſo liebreizend iſt. Bei jedem Un¬
wohlſein wird ſie Ihnen die angenehmſte Geſellſchaft
ſein; ſie kann Ihnen vorleſen, denn ſie ſpricht ſehr
hübſch; aber vor allen Dingen — Sie müſſen ſie ſe¬
hen, theuerſte Frau!

Die Sprecherin war die Lieutenant von Reiſen,
Klärchens beſondere Gönnerin. Sie ſuchte ihr jetzt den
Dienſt bei der Generalin zu verſchaffen und hatte Klär¬
chen deßhalb hinbeſtellt; vorher aber bemühte ſie ſich
ſie in das beſte Licht zu ſtellen. Es währte nicht
lange, ſo wurde Klärchen gemeldet. Sehr nett ange¬
zogen, zugleich aber ſehr beſcheiden und anſpruchslos
ſtand ſie vor den Damen. Die Generalin war wirk¬
lich erſtaunt über die Schönheit des Mädchens, aber
die Anmuth in Worten und Weſen machte jedes Be¬
denken verſtummen — und ſie ſchloß den Miethsvertrag.
Vierzig Thaler Gehalt, ein Louisd'or zu Weihnach¬
ten, außerdem Geſchenke, das war für Klärchen ſehr
erfreulich. Aber nicht allein das: der ganze Haus¬
halt der Frau Generalin entzückte ſie, ja ſo ſehr, daß
der Mediziner faſt darüber vergeſſen ward. Die gro¬
ßen Zimmer, prächtigen Teppiche und Meubeln, Equi¬
page und Dienerſchaft, ſo etwas fand man nicht oft
beiſammen. In dieſem Haus war ſie als Kammer¬
jungfer engagirt, ſo zu ſagen als Kammerjungfer, denn
eigentlich — redete ſie ſich vor — ſollte ſie doch Ge¬
ſellſchafterin der Dame ſein, ſie ſollte ihr des Abends
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[30/0036] jung und wird mir auch wahrſcheinlich zu hübſch ſein, — entgegnete die Generalin. Die Jüngere lachte. Gerade darum wünſche ich ſie Ihnen, weil ſie ſo liebreizend iſt. Bei jedem Un¬ wohlſein wird ſie Ihnen die angenehmſte Geſellſchaft ſein; ſie kann Ihnen vorleſen, denn ſie ſpricht ſehr hübſch; aber vor allen Dingen — Sie müſſen ſie ſe¬ hen, theuerſte Frau! Die Sprecherin war die Lieutenant von Reiſen, Klärchens beſondere Gönnerin. Sie ſuchte ihr jetzt den Dienſt bei der Generalin zu verſchaffen und hatte Klär¬ chen deßhalb hinbeſtellt; vorher aber bemühte ſie ſich ſie in das beſte Licht zu ſtellen. Es währte nicht lange, ſo wurde Klärchen gemeldet. Sehr nett ange¬ zogen, zugleich aber ſehr beſcheiden und anſpruchslos ſtand ſie vor den Damen. Die Generalin war wirk¬ lich erſtaunt über die Schönheit des Mädchens, aber die Anmuth in Worten und Weſen machte jedes Be¬ denken verſtummen — und ſie ſchloß den Miethsvertrag. Vierzig Thaler Gehalt, ein Louisd'or zu Weihnach¬ ten, außerdem Geſchenke, das war für Klärchen ſehr erfreulich. Aber nicht allein das: der ganze Haus¬ halt der Frau Generalin entzückte ſie, ja ſo ſehr, daß der Mediziner faſt darüber vergeſſen ward. Die gro¬ ßen Zimmer, prächtigen Teppiche und Meubeln, Equi¬ page und Dienerſchaft, ſo etwas fand man nicht oft beiſammen. In dieſem Haus war ſie als Kammer¬ jungfer engagirt, ſo zu ſagen als Kammerjungfer, denn eigentlich — redete ſie ſich vor — ſollte ſie doch Ge¬ ſellſchafterin der Dame ſein, ſie ſollte ihr des Abends vorleſen und in traulichen Zirkeln den Thee ſerviren.

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Zitationshilfe: Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/36>, abgerufen am 24.11.2024.