Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.zu trinken, hatte es mit Gottes Gnade und der Liebe 2 *
zu trinken, hatte es mit Gottes Gnade und der Liebe 2 *
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0025" n="19"/> zu trinken, hatte es mit Gottes Gnade und der Liebe<lb/> ſeines Heilandes gehalten. Das bewahrte ihn vor<lb/> manchem Elend und manchem Unheil des Wanderle¬<lb/> bens. Es führte ihn nie dahin, wo wilde Gelage<lb/> und Raufereien waren, er ſuchte nie ſeine Freunde<lb/> unter dergleichen Geſellen; ſo blieb er an Leib und<lb/> Seele rein, hatte auch immer Geld im Beutel, denn<lb/> weil er ein braver Geſelle war, fand er auch immer<lb/> gute Meiſter. Und auch Freunde fand er, die mit<lb/> ihm dieſelbe Straße zogen, die mit ihm den Herrn<lb/> lieb hatten; ſelten verließ er eine Stadt, daß er nicht<lb/> mit Wehmuth darauf zurück ſah, weil er Freunde für<lb/> ſein Herz und ſeine Fürbitte darin gewonnen. Und<lb/> kam er zu Leuten, die ihn nicht verſtanden, die ſei¬<lb/> ner ſpotteten, ihn zu verführen ſuchten, ſo waren<lb/> auch das heilſame Tage für ihn, Tage des Kummers<lb/> und der Prüfung, in denen er noch mehr die Nähe<lb/> des Tröſters, ſeine Liebe und Gnade fühlte. So<lb/> ward ſeine Seele immer feſter, ſeine Erfahrung im¬<lb/> mer reicher, ſeine Hände immer geſchickter. Und wie<lb/> war es mit ſeinem Herzen? Das durfte ſich auch zu¬<lb/> weilen regen. Wenn er an einem ſchönen Sommer¬<lb/> abend auf der Höhe am Rand des Waldes ſaß, die<lb/> Sonne legte ihr Gold über die Gegend hin, Duft<lb/> zog über Städte und Dörfer, die Abendluft wehte<lb/> weich in den Zweigen und in den Blumen rund um,<lb/> am Grasrain dort zog der Schäfer langſam mit der<lb/> Heerde, und die Schwalben hoch oben am lichtblauen<lb/> Himmel: — da ward es ihm ſo wunderbar ſehnſuchts¬<lb/> voll zu Sinne, und durch Abendgold und Duft und<lb/> Schönheit und Stille ſchauten ihn die dunkelblauen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">2 *<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [19/0025]
zu trinken, hatte es mit Gottes Gnade und der Liebe
ſeines Heilandes gehalten. Das bewahrte ihn vor
manchem Elend und manchem Unheil des Wanderle¬
bens. Es führte ihn nie dahin, wo wilde Gelage
und Raufereien waren, er ſuchte nie ſeine Freunde
unter dergleichen Geſellen; ſo blieb er an Leib und
Seele rein, hatte auch immer Geld im Beutel, denn
weil er ein braver Geſelle war, fand er auch immer
gute Meiſter. Und auch Freunde fand er, die mit
ihm dieſelbe Straße zogen, die mit ihm den Herrn
lieb hatten; ſelten verließ er eine Stadt, daß er nicht
mit Wehmuth darauf zurück ſah, weil er Freunde für
ſein Herz und ſeine Fürbitte darin gewonnen. Und
kam er zu Leuten, die ihn nicht verſtanden, die ſei¬
ner ſpotteten, ihn zu verführen ſuchten, ſo waren
auch das heilſame Tage für ihn, Tage des Kummers
und der Prüfung, in denen er noch mehr die Nähe
des Tröſters, ſeine Liebe und Gnade fühlte. So
ward ſeine Seele immer feſter, ſeine Erfahrung im¬
mer reicher, ſeine Hände immer geſchickter. Und wie
war es mit ſeinem Herzen? Das durfte ſich auch zu¬
weilen regen. Wenn er an einem ſchönen Sommer¬
abend auf der Höhe am Rand des Waldes ſaß, die
Sonne legte ihr Gold über die Gegend hin, Duft
zog über Städte und Dörfer, die Abendluft wehte
weich in den Zweigen und in den Blumen rund um,
am Grasrain dort zog der Schäfer langſam mit der
Heerde, und die Schwalben hoch oben am lichtblauen
Himmel: — da ward es ihm ſo wunderbar ſehnſuchts¬
voll zu Sinne, und durch Abendgold und Duft und
Schönheit und Stille ſchauten ihn die dunkelblauen
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