Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Nun Ihr Jüngferchens -- wieder schwitisiren?
sagte er spaßend.

Ei ja, ist man doch nur einmal jung! entgegnete
Klärchen lustig.

Ja ihr Schelme! versetzte Vogler, ich wollte
auch, ich wäre noch jung.

Ach, Sie sind ein Mann in Ihren besten Jahren,
sagte Klärchen schmeichelnd.

Ich denke es auch manchmal; aber wenn ich
denn meine Alte ansehe, wird mir schwarz vor den
Augen, lachte Vogler und sah nach seiner Frau, die
ihm gegenüber blaß und elend im Lehnstuhl saß.

Wenn ich todt bin, heirathest Du wieder, entgeg¬
nete diese bitter und holte dann schwerfällig Athem.

Und so lange Du lebst, lasse ich Dich keifen,
fügte Vogler wieder scherzend hinzu.

Wie ungebildet sind diese Leute, dachte Klärchen;
wie kann ein Mann die Frau so roh behandeln! So
aber hat es der Vater mit der Mutter auch gemacht.
Aber ich, ich werde es einst anders haben, ich nehme
mir einen vornehmen Mann, -- und nun hinaus in
den lachenden Kaffeegarten!

Auguste Vogler hatte sich während der Zeit fertig
gemacht und ging nun etwas schwerfällig neben der
leichtfüßigen Freundin her. Auguste war weder schön,
noch klug, noch fein; sie hatte das plumpe rothe Ge¬
sicht ihres Vaters, grobe Manieren und sprach dabei
unglaublich albern. Aber das war gerade eine Freun¬
din für Klärchen. Sie war fügsam und folgsam,
durchschaute nicht ihre Intriguen, war ganz zufrieden

Nun Ihr Jüngferchens — wieder ſchwitiſiren?
ſagte er ſpaßend.

Ei ja, iſt man doch nur einmal jung! entgegnete
Klärchen luſtig.

Ja ihr Schelme! verſetzte Vogler, ich wollte
auch, ich wäre noch jung.

Ach, Sie ſind ein Mann in Ihren beſten Jahren,
ſagte Klärchen ſchmeichelnd.

Ich denke es auch manchmal; aber wenn ich
denn meine Alte anſehe, wird mir ſchwarz vor den
Augen, lachte Vogler und ſah nach ſeiner Frau, die
ihm gegenüber blaß und elend im Lehnſtuhl ſaß.

Wenn ich todt bin, heiratheſt Du wieder, entgeg¬
nete dieſe bitter und holte dann ſchwerfällig Athem.

Und ſo lange Du lebſt, laſſe ich Dich keifen,
fügte Vogler wieder ſcherzend hinzu.

Wie ungebildet ſind dieſe Leute, dachte Klärchen;
wie kann ein Mann die Frau ſo roh behandeln! So
aber hat es der Vater mit der Mutter auch gemacht.
Aber ich, ich werde es einſt anders haben, ich nehme
mir einen vornehmen Mann, — und nun hinaus in
den lachenden Kaffeegarten!

Auguſte Vogler hatte ſich während der Zeit fertig
gemacht und ging nun etwas ſchwerfällig neben der
leichtfüßigen Freundin her. Auguſte war weder ſchön,
noch klug, noch fein; ſie hatte das plumpe rothe Ge¬
ſicht ihres Vaters, grobe Manieren und ſprach dabei
unglaublich albern. Aber das war gerade eine Freun¬
din für Klärchen. Sie war fügſam und folgſam,
durchſchaute nicht ihre Intriguen, war ganz zufrieden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0019" n="13"/>
      <p>Nun Ihr Jüngferchens &#x2014; wieder &#x017F;chwiti&#x017F;iren?<lb/>
&#x017F;agte er &#x017F;paßend.</p><lb/>
      <p>Ei ja, i&#x017F;t man doch nur einmal jung! entgegnete<lb/>
Klärchen lu&#x017F;tig.</p><lb/>
      <p>Ja ihr Schelme! ver&#x017F;etzte Vogler, ich wollte<lb/>
auch, ich wäre noch jung.</p><lb/>
      <p>Ach, Sie &#x017F;ind ein Mann in Ihren be&#x017F;ten Jahren,<lb/>
&#x017F;agte Klärchen &#x017F;chmeichelnd.</p><lb/>
      <p>Ich denke es auch manchmal; aber wenn ich<lb/>
denn meine Alte an&#x017F;ehe, wird mir &#x017F;chwarz vor den<lb/>
Augen, lachte Vogler und &#x017F;ah nach &#x017F;einer Frau, die<lb/>
ihm gegenüber blaß und elend im Lehn&#x017F;tuhl &#x017F;aß.</p><lb/>
      <p>Wenn ich todt bin, heirathe&#x017F;t Du wieder, entgeg¬<lb/>
nete die&#x017F;e bitter und holte dann &#x017F;chwerfällig Athem.</p><lb/>
      <p>Und &#x017F;o lange Du leb&#x017F;t, la&#x017F;&#x017F;e ich Dich keifen,<lb/>
fügte Vogler wieder &#x017F;cherzend hinzu.</p><lb/>
      <p>Wie ungebildet &#x017F;ind die&#x017F;e Leute, dachte Klärchen;<lb/>
wie kann ein Mann die Frau &#x017F;o roh behandeln! So<lb/>
aber hat es der Vater mit der Mutter auch gemacht.<lb/>
Aber ich, ich werde es ein&#x017F;t anders haben, ich nehme<lb/>
mir einen vornehmen Mann, &#x2014; und nun hinaus in<lb/>
den lachenden Kaffeegarten!</p><lb/>
      <p>Augu&#x017F;te Vogler hatte &#x017F;ich während der Zeit fertig<lb/>
gemacht und ging nun etwas &#x017F;chwerfällig neben der<lb/>
leichtfüßigen Freundin her. Augu&#x017F;te war weder &#x017F;chön,<lb/>
noch klug, noch fein; &#x017F;ie hatte das plumpe rothe Ge¬<lb/>
&#x017F;icht ihres Vaters, grobe Manieren und &#x017F;prach dabei<lb/>
unglaublich albern. Aber das war gerade eine Freun¬<lb/>
din für Klärchen. Sie war füg&#x017F;am und folg&#x017F;am,<lb/>
durch&#x017F;chaute nicht ihre Intriguen, war ganz zufrieden<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0019] Nun Ihr Jüngferchens — wieder ſchwitiſiren? ſagte er ſpaßend. Ei ja, iſt man doch nur einmal jung! entgegnete Klärchen luſtig. Ja ihr Schelme! verſetzte Vogler, ich wollte auch, ich wäre noch jung. Ach, Sie ſind ein Mann in Ihren beſten Jahren, ſagte Klärchen ſchmeichelnd. Ich denke es auch manchmal; aber wenn ich denn meine Alte anſehe, wird mir ſchwarz vor den Augen, lachte Vogler und ſah nach ſeiner Frau, die ihm gegenüber blaß und elend im Lehnſtuhl ſaß. Wenn ich todt bin, heiratheſt Du wieder, entgeg¬ nete dieſe bitter und holte dann ſchwerfällig Athem. Und ſo lange Du lebſt, laſſe ich Dich keifen, fügte Vogler wieder ſcherzend hinzu. Wie ungebildet ſind dieſe Leute, dachte Klärchen; wie kann ein Mann die Frau ſo roh behandeln! So aber hat es der Vater mit der Mutter auch gemacht. Aber ich, ich werde es einſt anders haben, ich nehme mir einen vornehmen Mann, — und nun hinaus in den lachenden Kaffeegarten! Auguſte Vogler hatte ſich während der Zeit fertig gemacht und ging nun etwas ſchwerfällig neben der leichtfüßigen Freundin her. Auguſte war weder ſchön, noch klug, noch fein; ſie hatte das plumpe rothe Ge¬ ſicht ihres Vaters, grobe Manieren und ſprach dabei unglaublich albern. Aber das war gerade eine Freun¬ din für Klärchen. Sie war fügſam und folgſam, durchſchaute nicht ihre Intriguen, war ganz zufrieden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/19
Zitationshilfe: Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/19>, abgerufen am 23.11.2024.