Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.Riegel waren seine Kräfte nicht gewachsen und er be¬ Am andern Morgen selbst konnte Klärchen den Riegel waren ſeine Kräfte nicht gewachſen und er be¬ Am andern Morgen ſelbſt konnte Klärchen den <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0118" n="112"/> Riegel waren ſeine Kräfte nicht gewachſen und er be¬<lb/> gnügte ſich jetzt, ſeine Tobſucht an Gegenſtänden in<lb/> der Stube auszulaſſen. Klärchen ſaß weinend und<lb/> mit blutender Naſe, — dahin gerade war ein Fauſt¬<lb/> ſchlag gefallen. Die Mutter hielt ihr ſchweigend das<lb/> Waſchbecken vor. Dieſe Mißhandlungen wußte ſie<lb/> freilich nicht zu entſchuldigen. Ja ſie mußte es jetzt<lb/> geduldig hören, wie Klärchen ſie mit Vorwürfen über¬<lb/> ſchüttete, das Laſter ihres Mannes ſo beſchönigt zu<lb/> haben. Klärchen machte in ihrer Heftigkeit viele Pläne.<lb/> Jedenfalls wollte ſie von dem Manne, vor deſſen Mi߬<lb/> handlungen ſie keine Minute ſicher ſei. Sie wollte<lb/> wieder Schneiderin werden, wollte lieber Salz und<lb/> Brod eſſen, und ſo weiter. Sie ließ ſich endlich von<lb/> der Mutter bereden, ſich zur Ruhe zu legen, und da<lb/> Günther nebenan laut ſchnarchte, konnten ſie für jetzt<lb/> ruhig ſein.</p><lb/> <p>Am andern Morgen ſelbſt konnte Klärchen den<lb/> Mann nicht ſehen, die Mutter aber wollte neutral<lb/> bleiben und wenigſtens für eine warme Stube und<lb/> für Kaffee ſorgen. Günther ſah ſie mit böſem Gewiſ¬<lb/> ſen an; er hatte wohl eine Ahnung von dem, was<lb/> er geſtern gethan, aber Worte der Verſöhnung wollte<lb/> er nicht ſprechen. Er fand es viel bequemer, die<lb/> Schuld auf beide Frauen zu ſchieben. Künftig ſollten<lb/> ſie ihre Naſe nicht in Sachen ſtecken, die ſie nichts<lb/> angingen, der Rendant hätte ihn ſchändlich beleidigt<lb/> und ſeine Prügel verdient. So ungefähr ſprach er.<lb/> Die Mutter konnte es doch nicht laſſen, ihn an Klär¬<lb/> chens Zuſtand zu erinnern, und außerdem, daß ſie<lb/> ſolche Behandlung nicht gewohnt ſei. Günther aber<lb/></p> </body> </text> </TEI> [112/0118]
Riegel waren ſeine Kräfte nicht gewachſen und er be¬
gnügte ſich jetzt, ſeine Tobſucht an Gegenſtänden in
der Stube auszulaſſen. Klärchen ſaß weinend und
mit blutender Naſe, — dahin gerade war ein Fauſt¬
ſchlag gefallen. Die Mutter hielt ihr ſchweigend das
Waſchbecken vor. Dieſe Mißhandlungen wußte ſie
freilich nicht zu entſchuldigen. Ja ſie mußte es jetzt
geduldig hören, wie Klärchen ſie mit Vorwürfen über¬
ſchüttete, das Laſter ihres Mannes ſo beſchönigt zu
haben. Klärchen machte in ihrer Heftigkeit viele Pläne.
Jedenfalls wollte ſie von dem Manne, vor deſſen Mi߬
handlungen ſie keine Minute ſicher ſei. Sie wollte
wieder Schneiderin werden, wollte lieber Salz und
Brod eſſen, und ſo weiter. Sie ließ ſich endlich von
der Mutter bereden, ſich zur Ruhe zu legen, und da
Günther nebenan laut ſchnarchte, konnten ſie für jetzt
ruhig ſein.
Am andern Morgen ſelbſt konnte Klärchen den
Mann nicht ſehen, die Mutter aber wollte neutral
bleiben und wenigſtens für eine warme Stube und
für Kaffee ſorgen. Günther ſah ſie mit böſem Gewiſ¬
ſen an; er hatte wohl eine Ahnung von dem, was
er geſtern gethan, aber Worte der Verſöhnung wollte
er nicht ſprechen. Er fand es viel bequemer, die
Schuld auf beide Frauen zu ſchieben. Künftig ſollten
ſie ihre Naſe nicht in Sachen ſtecken, die ſie nichts
angingen, der Rendant hätte ihn ſchändlich beleidigt
und ſeine Prügel verdient. So ungefähr ſprach er.
Die Mutter konnte es doch nicht laſſen, ihn an Klär¬
chens Zuſtand zu erinnern, und außerdem, daß ſie
ſolche Behandlung nicht gewohnt ſei. Günther aber
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