Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.lange, daß Klärchen unwiderstehlich seinen Worten Klärchen war ergriffen, so etwas hatte sie noch lange, daß Klärchen unwiderſtehlich ſeinen Worten Klärchen war ergriffen, ſo etwas hatte ſie noch <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0112" n="106"/> lange, daß Klärchen unwiderſtehlich ſeinen Worten<lb/> folgen mußte. — „Wie groß und unausſprechlich iſt<lb/> die Gnade für uns arme Sünder, die wir ſo elend<lb/> und ſo bloß, die wir im Dunkel des Todes ſitzen und<lb/> bangen vor dem ewigen Gericht, — unſer Gewiſſen<lb/> ſagt es uns, daß das Geſetz den Stab über uns ge¬<lb/> brochen, daß wir dem Zorne der Verdammung zuge¬<lb/> hören. Da erſcheint ein Licht in der Finſterniß, ein<lb/> Troſt in der Angſt, der liebe Heiland kommt, verkün¬<lb/> digt uns Freiheit von allen Sünden, Erlöſung von<lb/> Tod und Hölle, giebt uns die Hoffnung der ewigen<lb/> Seligkeit. O wie iſt doch die Liebe ſo groß, o wie<lb/> müſſen wir ihr entgegen jauchzen! O du liebliches<lb/> Kind in der Krippe, du kömmſt in unſere armſelige<lb/> Welt, nimmſt auf Dich alle unſere Schmerzen, ſtirbſt<lb/> für uns den bittern Tod, den Tod am Kreuze. Du<lb/> kommſt, Du ſuchſt mich, Du kannſt es nicht laſſen,<lb/> mich armen elenden Sünder an Dein Herz zu nehmen.<lb/> O ſo nimm mich denn hin, umfaſſe mich, halte mich,<lb/> ich will Dein ſein auf ewig!“ —</p><lb/> <p>Klärchen war ergriffen, ſo etwas hatte ſie noch<lb/> nie gehört. Oder hatte ſie nicht hören wollen? war<lb/> ihr Herz hart geweſen, und hatte der Herr es jetzt<lb/> weich gemacht? Ja, der Herr kann Gnade geben, wie<lb/> es ihm beliebt, und aus Gnaden ſollen wir ſelig wer¬<lb/> den. — Doch beſtürmten heut auch heiße Fürbitten<lb/> ſeinen Thron. Fritz Buchſtein hatte oben vom Chor<lb/> Klärchen erkannt, und hatte Segen für ſie, für dieſen<lb/> Gang vom Himmel herab gefleht. Gretchen und ihre<lb/> Mutter ſaßen auch nicht fern und mit brünſtigem Ge¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [106/0112]
lange, daß Klärchen unwiderſtehlich ſeinen Worten
folgen mußte. — „Wie groß und unausſprechlich iſt
die Gnade für uns arme Sünder, die wir ſo elend
und ſo bloß, die wir im Dunkel des Todes ſitzen und
bangen vor dem ewigen Gericht, — unſer Gewiſſen
ſagt es uns, daß das Geſetz den Stab über uns ge¬
brochen, daß wir dem Zorne der Verdammung zuge¬
hören. Da erſcheint ein Licht in der Finſterniß, ein
Troſt in der Angſt, der liebe Heiland kommt, verkün¬
digt uns Freiheit von allen Sünden, Erlöſung von
Tod und Hölle, giebt uns die Hoffnung der ewigen
Seligkeit. O wie iſt doch die Liebe ſo groß, o wie
müſſen wir ihr entgegen jauchzen! O du liebliches
Kind in der Krippe, du kömmſt in unſere armſelige
Welt, nimmſt auf Dich alle unſere Schmerzen, ſtirbſt
für uns den bittern Tod, den Tod am Kreuze. Du
kommſt, Du ſuchſt mich, Du kannſt es nicht laſſen,
mich armen elenden Sünder an Dein Herz zu nehmen.
O ſo nimm mich denn hin, umfaſſe mich, halte mich,
ich will Dein ſein auf ewig!“ —
Klärchen war ergriffen, ſo etwas hatte ſie noch
nie gehört. Oder hatte ſie nicht hören wollen? war
ihr Herz hart geweſen, und hatte der Herr es jetzt
weich gemacht? Ja, der Herr kann Gnade geben, wie
es ihm beliebt, und aus Gnaden ſollen wir ſelig wer¬
den. — Doch beſtürmten heut auch heiße Fürbitten
ſeinen Thron. Fritz Buchſtein hatte oben vom Chor
Klärchen erkannt, und hatte Segen für ſie, für dieſen
Gang vom Himmel herab gefleht. Gretchen und ihre
Mutter ſaßen auch nicht fern und mit brünſtigem Ge¬
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