188. Der Ehegatte, zu dessen Nachtheil eine zweyte Heirath geschlossen wurde, kann deren Aufhebung verlangen, wenn gleich der Ehegatte noch lebt, welcher mit ihm ver- ehelicht war.
189. Schützen die neuen Ehegatten die Nichtigkeit der ersten Heirath vor, so muß vorläufig über deren Gültigkeit oder Nichtigkeit erkannt werden.
190. In allen Fällen, worauf sich der 184ste Artikel im gegenwärtigen Titel anwenden läßt, kann und soll der königliche Procurator, jedoch unter den im 185sten Artikel enthaltenen Bestimmungen, auf Nichtigkeits-Erklärung der Ehe bey Lebzeiten beyder Ehegatten antragen, und sie zur Scheidung verurtheilen lassen.
191. Jede Heirath, die nicht öffentlich, und vor dem gehörigen öffentlichen Beamten geschlossen wurde, kann so- wohl von den Ehegatten selbst, als von ihren Eltern, ihren Ascendenten, und von allen, die ein wirkliches und schon vorhandenes Interesse haben, wie auch von dem königlichen Procurator angefochten werden.
192. Wenn der Heirath weder die zwey erforderlichen Aufgebote vorhergegangen, noch deshalb die im Gesetze er- laubten Befreyungen ausgewirkt, oder wenn die vorgeschrie- benen Fristen zwischen den Aufgeboten und der Ehe nicht beobachtet worden sind: so soll der königliche Procurator wider den öffentlichen Beamten auf eine Geldbuße, welche die Summe von dreyhundert Francs nicht überschreiten darf, und wider die Contrahenten oder diejenigen, unter deren Gewalt sie bey Eingehung der Ehe gestanden haben, auf eine ihrem Vermögen angemessene Geldstrafe erkennen lassen.
193. Die in dem vorhergehenden Artikel ausgesproche- nen Strafen sollen auch von den daselbst erwähnten Per- sonen wegen einer jeden Uebertretung der im 165sten Arti- kel vorgeschriebenen Regeln verwirkt seyn, selbst wenn diese
I. Buch. 5. Titel. 4. Cap.
188. Der Ehegatte, zu deſſen Nachtheil eine zweyte Heirath geſchloſſen wurde, kann deren Aufhebung verlangen, wenn gleich der Ehegatte noch lebt, welcher mit ihm ver- ehelicht war.
189. Schuͤtzen die neuen Ehegatten die Nichtigkeit der erſten Heirath vor, ſo muß vorlaͤufig uͤber deren Guͤltigkeit oder Nichtigkeit erkannt werden.
190. In allen Faͤllen, worauf ſich der 184ſte Artikel im gegenwaͤrtigen Titel anwenden laͤßt, kann und ſoll der koͤnigliche Procurator, jedoch unter den im 185ſten Artikel enthaltenen Beſtimmungen, auf Nichtigkeits-Erklaͤrung der Ehe bey Lebzeiten beyder Ehegatten antragen, und ſie zur Scheidung verurtheilen laſſen.
191. Jede Heirath, die nicht oͤffentlich, und vor dem gehoͤrigen oͤffentlichen Beamten geſchloſſen wurde, kann ſo- wohl von den Ehegatten ſelbſt, als von ihren Eltern, ihren Aſcendenten, und von allen, die ein wirkliches und ſchon vorhandenes Intereſſe haben, wie auch von dem koͤniglichen Procurator angefochten werden.
192. Wenn der Heirath weder die zwey erforderlichen Aufgebote vorhergegangen, noch deshalb die im Geſetze er- laubten Befreyungen ausgewirkt, oder wenn die vorgeſchrie- benen Friſten zwiſchen den Aufgeboten und der Ehe nicht beobachtet worden ſind: ſo ſoll der koͤnigliche Procurator wider den oͤffentlichen Beamten auf eine Geldbuße, welche die Summe von dreyhundert Francs nicht uͤberſchreiten darf, und wider die Contrahenten oder diejenigen, unter deren Gewalt ſie bey Eingehung der Ehe geſtanden haben, auf eine ihrem Vermoͤgen angemeſſene Geldſtrafe erkennen laſſen.
193. Die in dem vorhergehenden Artikel ausgeſproche- nen Strafen ſollen auch von den daſelbſt erwaͤhnten Per- ſonen wegen einer jeden Uebertretung der im 165ſten Arti- kel vorgeſchriebenen Regeln verwirkt ſeyn, ſelbſt wenn dieſe
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I. Buch. 5. Titel. 4. Cap.
188. Der Ehegatte, zu deſſen Nachtheil eine zweyte
Heirath geſchloſſen wurde, kann deren Aufhebung verlangen,
wenn gleich der Ehegatte noch lebt, welcher mit ihm ver-
ehelicht war.
189. Schuͤtzen die neuen Ehegatten die Nichtigkeit der
erſten Heirath vor, ſo muß vorlaͤufig uͤber deren Guͤltigkeit
oder Nichtigkeit erkannt werden.
190. In allen Faͤllen, worauf ſich der 184ſte Artikel
im gegenwaͤrtigen Titel anwenden laͤßt, kann und ſoll der
koͤnigliche Procurator, jedoch unter den im 185ſten Artikel
enthaltenen Beſtimmungen, auf Nichtigkeits-Erklaͤrung der
Ehe bey Lebzeiten beyder Ehegatten antragen, und ſie zur
Scheidung verurtheilen laſſen.
191. Jede Heirath, die nicht oͤffentlich, und vor dem
gehoͤrigen oͤffentlichen Beamten geſchloſſen wurde, kann ſo-
wohl von den Ehegatten ſelbſt, als von ihren Eltern, ihren
Aſcendenten, und von allen, die ein wirkliches und ſchon
vorhandenes Intereſſe haben, wie auch von dem koͤniglichen
Procurator angefochten werden.
192. Wenn der Heirath weder die zwey erforderlichen
Aufgebote vorhergegangen, noch deshalb die im Geſetze er-
laubten Befreyungen ausgewirkt, oder wenn die vorgeſchrie-
benen Friſten zwiſchen den Aufgeboten und der Ehe nicht
beobachtet worden ſind: ſo ſoll der koͤnigliche Procurator
wider den oͤffentlichen Beamten auf eine Geldbuße, welche die
Summe von dreyhundert Francs nicht uͤberſchreiten darf,
und wider die Contrahenten oder diejenigen, unter deren
Gewalt ſie bey Eingehung der Ehe geſtanden haben, auf
eine ihrem Vermoͤgen angemeſſene Geldſtrafe erkennen laſſen.
193. Die in dem vorhergehenden Artikel ausgeſproche-
nen Strafen ſollen auch von den daſelbſt erwaͤhnten Per-
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Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/98>, abgerufen am 22.11.2024.
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