er in Ansehung des neu erworbenen Rechtes an den vor- herigen Vergleich nicht gebunden.
2051. Der von einem der Interessenten geschlossene Ver- gleich bindet die übrigen nicht, und kann auch von ihnen nicht vorgeschützt werden.
2052. Vergleiche haben unter den Parteyen die Wirkung eines in letzter Instanz ergangenen rechtskräftigen Urtheiles. Sie können so wenig wegen eines Rechtsirrthumes, als wegen Verletzung, angegriffen werden.
2053. Ein Vergleich kann gleichwohl wieder aufgehoben werden, wenn der Irrthum die Person oder den Gegenstand des Streites betraf, wie auch in allen den Fällen, wo Be- trug oder Zwang statt gefunden hat.
2054. Wider einen Vergleich hat ebenfalls die Wie- deraufhebungsklage statt, wenn er in Gemäßheit eines nich- tigen Rechtsgeschäfts eingegangen wurde, es sey dann, daß die Parteyen sich ausdrücklich über die Nichtigkeit verglichen hätten. 2055. Ein Vergleich, der auf Urkunden geschlossen wor- den, die man nachher für falsch erkannt hat, ist gänzlich nichtig.
2056. Ungültig ist auch der Vergleich, welcher über einen Rechtsstreit eingegangen wurde, der durch ein dem einen oder andern Theile unbekannt gewesenes rechtskräfti- ges Urtheil schon entscheiden war. War aber gegen das den Parteyen unbekannte Urtheil noch Appellation zulässig, so soll der Vergleich gültig seyn. 2057. Haben die Parteyen sich über alle Angelegenheiten, die sie mit einander haben möchten, im Allgemeinen ver- glichen: so geben die ihnen damals unbekannten und erst nachher entdeckten Urkunden keinen Grund zur Wiederauf- hebung ab, wenn sie nicht etwa durch die Schuld einer der Parteyen zurückgehalten wurden.
870 III. Buch. 15. Titel.
er in Anſehung des neu erworbenen Rechtes an den vor- herigen Vergleich nicht gebunden.
2051. Der von einem der Intereſſenten geſchloſſene Ver- gleich bindet die uͤbrigen nicht, und kann auch von ihnen nicht vorgeſchuͤtzt werden.
2052. Vergleiche haben unter den Parteyen die Wirkung eines in letzter Inſtanz ergangenen rechtskraͤftigen Urtheiles. Sie koͤnnen ſo wenig wegen eines Rechtsirrthumes, als wegen Verletzung, angegriffen werden.
2053. Ein Vergleich kann gleichwohl wieder aufgehoben werden, wenn der Irrthum die Perſon oder den Gegenſtand des Streites betraf, wie auch in allen den Faͤllen, wo Be- trug oder Zwang ſtatt gefunden hat.
2054. Wider einen Vergleich hat ebenfalls die Wie- deraufhebungsklage ſtatt, wenn er in Gemaͤßheit eines nich- tigen Rechtsgeſchaͤfts eingegangen wurde, es ſey dann, daß die Parteyen ſich ausdruͤcklich uͤber die Nichtigkeit verglichen haͤtten. 2055. Ein Vergleich, der auf Urkunden geſchloſſen wor- den, die man nachher fuͤr falſch erkannt hat, iſt gaͤnzlich nichtig.
2056. Unguͤltig iſt auch der Vergleich, welcher uͤber einen Rechtsſtreit eingegangen wurde, der durch ein dem einen oder andern Theile unbekannt geweſenes rechtskraͤfti- ges Urtheil ſchon entſcheiden war. War aber gegen das den Parteyen unbekannte Urtheil noch Appellation zulaͤſſig, ſo ſoll der Vergleich guͤltig ſeyn. 2057. Haben die Parteyen ſich uͤber alle Angelegenheiten, die ſie mit einander haben moͤchten, im Allgemeinen ver- glichen: ſo geben die ihnen damals unbekannten und erſt nachher entdeckten Urkunden keinen Grund zur Wiederauf- hebung ab, wenn ſie nicht etwa durch die Schuld einer der Parteyen zuruͤckgehalten wurden.
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870 III. Buch. 15. Titel.
er in Anſehung des neu erworbenen Rechtes an den vor-
herigen Vergleich nicht gebunden.
2051. Der von einem der Intereſſenten geſchloſſene Ver-
gleich bindet die uͤbrigen nicht, und kann auch von ihnen
nicht vorgeſchuͤtzt werden.
2052. Vergleiche haben unter den Parteyen die Wirkung
eines in letzter Inſtanz ergangenen rechtskraͤftigen Urtheiles.
Sie koͤnnen ſo wenig wegen eines Rechtsirrthumes, als
wegen Verletzung, angegriffen werden.
2053. Ein Vergleich kann gleichwohl wieder aufgehoben
werden, wenn der Irrthum die Perſon oder den Gegenſtand
des Streites betraf, wie auch in allen den Faͤllen, wo Be-
trug oder Zwang ſtatt gefunden hat.
2054. Wider einen Vergleich hat ebenfalls die Wie-
deraufhebungsklage ſtatt, wenn er in Gemaͤßheit eines nich-
tigen Rechtsgeſchaͤfts eingegangen wurde, es ſey dann, daß
die Parteyen ſich ausdruͤcklich uͤber die Nichtigkeit verglichen
haͤtten.
2055. Ein Vergleich, der auf Urkunden geſchloſſen wor-
den, die man nachher fuͤr falſch erkannt hat, iſt gaͤnzlich
nichtig.
2056. Unguͤltig iſt auch der Vergleich, welcher uͤber
einen Rechtsſtreit eingegangen wurde, der durch ein dem
einen oder andern Theile unbekannt geweſenes rechtskraͤfti-
ges Urtheil ſchon entſcheiden war.
War aber gegen das den Parteyen unbekannte Urtheil
noch Appellation zulaͤſſig, ſo ſoll der Vergleich guͤltig ſeyn.
2057. Haben die Parteyen ſich uͤber alle Angelegenheiten,
die ſie mit einander haben moͤchten, im Allgemeinen ver-
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Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 870. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/882>, abgerufen am 24.11.2024.
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