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Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808.

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III. Buch. 3. Titel. 6. Cap.

1346. Alle solche Forderungen, auf welchem Rechts-
grunde sie auch beruhen mögen, sollen, wenn sie nicht ganz
durch Urkunden dargethan werden können, in einer und
derselben Vorladung zusammen gefaßt werden. Nachdem diese
erfolgt ist, werden alle übrigen Forderungen, worüber keine
schriftlichen Beweise vorhanden sind, nicht mehr zugelassen.

1347. Die obigen Regeln leiden eine Ausnahme, so bald
der Anfang eines schriftlichen Beweises vorhanden ist.
Hierunter versteht man einen jeden schriftlichen Aufsatz,
welcher die angeführte Thatsache wahrscheinlich macht, und
entweder von demjenigen, wider welchen die Forderung
gerichtet ist, oder von dem, dessen Stelle dieser vertritt,
herrührt.

1348. Sie erleiden ferner eine Ausnahme in allen Fällen,
worin es dem Gläubiger unmöglich war, sich einen schrift-
lichen Beweis der gegen ihn übernommenen Verbindlichkeit
zu verschaffen.
Diese zweyte Ausnahme ist anwendbar:
1) Auf Verbindlichkeiten, die aus vertragsähnlichen
Handlungen (Quasicontracten), aus Vergehungen oder
Handlungen, die diesen gleich geachtet werden ( Quaside-
licten), entspringen;
2) Auf Sachen, die im Nothfalle bey einer Feuersbrunst,
bey dem Einsturze von Gebäuden, bey einem Aufruhre oder
Schiffbruche, oder von Reisenden bey ihrem Aufenthalte in
einem Gasthause in Verwahrung gegeben wurden: dies alles
nach Verschiedenheit der Personen und Umstände;
3) Auf Verbindlichkeiten, die bey unvorhergesehenen
Ereignissen, wo man nicht im Stande war, schriftliche
Aufsätze zu verfassen, eingegangen wurden;
4) Auf den Fall, wo der Gläubiger durch einen unvor-
hergesehenen und unvermeidlichen Zufall die ihm zum
schriftlichen Beweise dienende Urkunde verloren hat.

III. Buch. 3. Titel. 6. Cap.

1346. Alle ſolche Forderungen, auf welchem Rechts-
grunde ſie auch beruhen moͤgen, ſollen, wenn ſie nicht ganz
durch Urkunden dargethan werden koͤnnen, in einer und
derſelben Vorladung zuſammen gefaßt werden. Nachdem dieſe
erfolgt iſt, werden alle uͤbrigen Forderungen, woruͤber keine
ſchriftlichen Beweiſe vorhanden ſind, nicht mehr zugelaſſen.

1347. Die obigen Regeln leiden eine Ausnahme, ſo bald
der Anfang eines ſchriftlichen Beweiſes vorhanden iſt.
Hierunter verſteht man einen jeden ſchriftlichen Aufſatz,
welcher die angefuͤhrte Thatſache wahrſcheinlich macht, und
entweder von demjenigen, wider welchen die Forderung
gerichtet iſt, oder von dem, deſſen Stelle dieſer vertritt,
herruͤhrt.

1348. Sie erleiden ferner eine Ausnahme in allen Faͤllen,
worin es dem Glaͤubiger unmoͤglich war, ſich einen ſchrift-
lichen Beweis der gegen ihn uͤbernommenen Verbindlichkeit
zu verſchaffen.
Dieſe zweyte Ausnahme iſt anwendbar:
1) Auf Verbindlichkeiten, die aus vertragsaͤhnlichen
Handlungen (Quaſicontracten), aus Vergehungen oder
Handlungen, die dieſen gleich geachtet werden ( Quaſide-
licten), entſpringen;
2) Auf Sachen, die im Nothfalle bey einer Feuersbrunſt,
bey dem Einſturze von Gebaͤuden, bey einem Aufruhre oder
Schiffbruche, oder von Reiſenden bey ihrem Aufenthalte in
einem Gaſthauſe in Verwahrung gegeben wurden: dies alles
nach Verſchiedenheit der Perſonen und Umſtaͤnde;
3) Auf Verbindlichkeiten, die bey unvorhergeſehenen
Ereigniſſen, wo man nicht im Stande war, ſchriftliche
Aufſaͤtze zu verfaſſen, eingegangen wurden;
4) Auf den Fall, wo der Glaͤubiger durch einen unvor-
hergeſehenen und unvermeidlichen Zufall die ihm zum
ſchriftlichen Beweiſe dienende Urkunde verloren hat.

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[572/0584] III. Buch. 3. Titel. 6. Cap. 1346. Alle ſolche Forderungen, auf welchem Rechts- grunde ſie auch beruhen moͤgen, ſollen, wenn ſie nicht ganz durch Urkunden dargethan werden koͤnnen, in einer und derſelben Vorladung zuſammen gefaßt werden. Nachdem dieſe erfolgt iſt, werden alle uͤbrigen Forderungen, woruͤber keine ſchriftlichen Beweiſe vorhanden ſind, nicht mehr zugelaſſen. 1347. Die obigen Regeln leiden eine Ausnahme, ſo bald der Anfang eines ſchriftlichen Beweiſes vorhanden iſt. Hierunter verſteht man einen jeden ſchriftlichen Aufſatz, welcher die angefuͤhrte Thatſache wahrſcheinlich macht, und entweder von demjenigen, wider welchen die Forderung gerichtet iſt, oder von dem, deſſen Stelle dieſer vertritt, herruͤhrt. 1348. Sie erleiden ferner eine Ausnahme in allen Faͤllen, worin es dem Glaͤubiger unmoͤglich war, ſich einen ſchrift- lichen Beweis der gegen ihn uͤbernommenen Verbindlichkeit zu verſchaffen. Dieſe zweyte Ausnahme iſt anwendbar: 1) Auf Verbindlichkeiten, die aus vertragsaͤhnlichen Handlungen (Quaſicontracten), aus Vergehungen oder Handlungen, die dieſen gleich geachtet werden ( Quaſide- licten), entſpringen; 2) Auf Sachen, die im Nothfalle bey einer Feuersbrunſt, bey dem Einſturze von Gebaͤuden, bey einem Aufruhre oder Schiffbruche, oder von Reiſenden bey ihrem Aufenthalte in einem Gaſthauſe in Verwahrung gegeben wurden: dies alles nach Verſchiedenheit der Perſonen und Umſtaͤnde; 3) Auf Verbindlichkeiten, die bey unvorhergeſehenen Ereigniſſen, wo man nicht im Stande war, ſchriftliche Aufſaͤtze zu verfaſſen, eingegangen wurden; 4) Auf den Fall, wo der Glaͤubiger durch einen unvor- hergeſehenen und unvermeidlichen Zufall die ihm zum ſchriftlichen Beweiſe dienende Urkunde verloren hat.

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Zitationshilfe: Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/584>, abgerufen am 24.11.2024.