361. Wer das funfzigste Jahr zurückgelegt, und keine ehelichen Kinder oder Abkömmlinge hat, kann, wenn er auf gesetzliche Weise einen Minderjährigen in ein näheres Ver- hältniß mit sich zu bringen wünscht, sein Pfleger werden, wenn er hierzu die Einwilligung der Eltern des Kindes, oder des Ueberlebenden von ihnen, oder, in deren Erman- gelung, die des Familienrathes, oder endlich, wenn das. Kind keine bekannten Verwandten hat, die Zustimmung der Verwalter des Waisenhauses, worin dasselbe aufgenommen ist, oder der Municipalität seines Aufenthaltsortes, erhalten hat.
362. Ein Ehegatte kann nur mit Bewilligung des andern der Pfleger eines Kindes werden.
363. Der Friedensrichter des Ortes, wo das Kind seinen Wohnsitz hat, nimmt ein Protocoll über die das pflegel- terliche Verhältniß betreffenden Gesuche und Einwilligun- gen auf.
364. Nur zum Vortheile solcher Kinder, die noch nicht funfzehn Jahre alt sind, kann diese Pflege statt finden. Sie führt, mit Vorbehalt jeder besondern Uebereinkunft, die Verbindlichkeit mit sich, den Pflegling zu ernähren, zu erziehen und in den Stand zu setzen, sich seinen Le- bensunterhalt zu erwerben.
365. Wenn der Pflegling einiges Vermögen hat, und vorher unter Vormundschaft stand, so geht die Verwal- tung seines Vermögens eben so, wie die Aufsicht über seine Person, auf den Pfleger über, der jedoch die Erziehungs- kosten von den Einkünften des Pfleglings nicht abziehen darf.
I. Buch. 8. Titel. 2. Cap.
Zweytes Capitel.
Von dem pflegelterlichen Verhaͤltniſſe.
361. Wer das funfzigſte Jahr zuruͤckgelegt, und keine ehelichen Kinder oder Abkoͤmmlinge hat, kann, wenn er auf geſetzliche Weiſe einen Minderjaͤhrigen in ein naͤheres Ver- haͤltniß mit ſich zu bringen wuͤnſcht, ſein Pfleger werden, wenn er hierzu die Einwilligung der Eltern des Kindes, oder des Ueberlebenden von ihnen, oder, in deren Erman- gelung, die des Familienrathes, oder endlich, wenn daſ. Kind keine bekannten Verwandten hat, die Zuſtimmung der Verwalter des Waiſenhauſes, worin daſſelbe aufgenommen iſt, oder der Municipalitaͤt ſeines Aufenthaltsortes, erhalten hat.
362. Ein Ehegatte kann nur mit Bewilligung des andern der Pfleger eines Kindes werden.
363. Der Friedensrichter des Ortes, wo das Kind ſeinen Wohnſitz hat, nimmt ein Protocoll uͤber die das pflegel- terliche Verhaͤltniß betreffenden Geſuche und Einwilligun- gen auf.
364. Nur zum Vortheile ſolcher Kinder, die noch nicht funfzehn Jahre alt ſind, kann dieſe Pflege ſtatt finden. Sie fuͤhrt, mit Vorbehalt jeder beſondern Uebereinkunft, die Verbindlichkeit mit ſich, den Pflegling zu ernaͤhren, zu erziehen und in den Stand zu ſetzen, ſich ſeinen Le- bensunterhalt zu erwerben.
365. Wenn der Pflegling einiges Vermoͤgen hat, und vorher unter Vormundſchaft ſtand, ſo geht die Verwal- tung ſeines Vermoͤgens eben ſo, wie die Aufſicht uͤber ſeine Perſon, auf den Pfleger uͤber, der jedoch die Erziehungs- koſten von den Einkuͤnften des Pfleglings nicht abziehen darf.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0170"n="158"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">I</hi>. Buch. 8. Titel. 2. Cap.</fw><lb/><divn="3"><head><hirendition="#g">Zweytes Capitel.</hi></head><lb/><argument><p>Von dem pflegelterlichen Verhaͤltniſſe.</p></argument><lb/><p>361. Wer das funfzigſte Jahr zuruͤckgelegt, und keine<lb/>
ehelichen Kinder oder Abkoͤmmlinge hat, kann, wenn er auf<lb/>
geſetzliche Weiſe einen Minderjaͤhrigen in ein naͤheres Ver-<lb/>
haͤltniß mit ſich zu bringen wuͤnſcht, ſein Pfleger werden,<lb/>
wenn er hierzu die Einwilligung der Eltern des Kindes,<lb/>
oder des Ueberlebenden von ihnen, oder, in deren Erman-<lb/>
gelung, die des Familienrathes, oder endlich, wenn daſ.<lb/>
Kind keine bekannten Verwandten hat, die Zuſtimmung der<lb/>
Verwalter des Waiſenhauſes, worin daſſelbe aufgenommen<lb/>
iſt, oder der Municipalitaͤt ſeines Aufenthaltsortes, erhalten<lb/>
hat.<lb/></p><p>362. Ein Ehegatte kann nur mit Bewilligung des<lb/>
andern der Pfleger eines Kindes werden.<lb/></p><p>363. Der Friedensrichter des Ortes, wo das Kind ſeinen<lb/>
Wohnſitz hat, nimmt ein Protocoll uͤber die das pflegel-<lb/>
terliche Verhaͤltniß betreffenden Geſuche und Einwilligun-<lb/>
gen auf.<lb/></p><p>364. Nur zum Vortheile ſolcher Kinder, die noch<lb/>
nicht funfzehn Jahre alt ſind, kann dieſe Pflege ſtatt finden.<lb/>
Sie fuͤhrt, mit Vorbehalt jeder beſondern Uebereinkunft,<lb/>
die Verbindlichkeit mit ſich, den Pflegling zu ernaͤhren,<lb/>
zu erziehen und in den Stand zu ſetzen, ſich ſeinen Le-<lb/>
bensunterhalt zu erwerben.<lb/></p><p>365. Wenn der Pflegling einiges Vermoͤgen hat, und<lb/>
vorher unter Vormundſchaft ſtand, ſo geht die Verwal-<lb/>
tung ſeines Vermoͤgens eben ſo, wie die Aufſicht uͤber ſeine<lb/>
Perſon, auf den Pfleger uͤber, der jedoch die Erziehungs-<lb/>
koſten von den Einkuͤnften des Pfleglings nicht abziehen<lb/>
darf.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[158/0170]
I. Buch. 8. Titel. 2. Cap.
Zweytes Capitel.
Von dem pflegelterlichen Verhaͤltniſſe.
361. Wer das funfzigſte Jahr zuruͤckgelegt, und keine
ehelichen Kinder oder Abkoͤmmlinge hat, kann, wenn er auf
geſetzliche Weiſe einen Minderjaͤhrigen in ein naͤheres Ver-
haͤltniß mit ſich zu bringen wuͤnſcht, ſein Pfleger werden,
wenn er hierzu die Einwilligung der Eltern des Kindes,
oder des Ueberlebenden von ihnen, oder, in deren Erman-
gelung, die des Familienrathes, oder endlich, wenn daſ.
Kind keine bekannten Verwandten hat, die Zuſtimmung der
Verwalter des Waiſenhauſes, worin daſſelbe aufgenommen
iſt, oder der Municipalitaͤt ſeines Aufenthaltsortes, erhalten
hat.
362. Ein Ehegatte kann nur mit Bewilligung des
andern der Pfleger eines Kindes werden.
363. Der Friedensrichter des Ortes, wo das Kind ſeinen
Wohnſitz hat, nimmt ein Protocoll uͤber die das pflegel-
terliche Verhaͤltniß betreffenden Geſuche und Einwilligun-
gen auf.
364. Nur zum Vortheile ſolcher Kinder, die noch
nicht funfzehn Jahre alt ſind, kann dieſe Pflege ſtatt finden.
Sie fuͤhrt, mit Vorbehalt jeder beſondern Uebereinkunft,
die Verbindlichkeit mit ſich, den Pflegling zu ernaͤhren,
zu erziehen und in den Stand zu ſetzen, ſich ſeinen Le-
bensunterhalt zu erwerben.
365. Wenn der Pflegling einiges Vermoͤgen hat, und
vorher unter Vormundſchaft ſtand, ſo geht die Verwal-
tung ſeines Vermoͤgens eben ſo, wie die Aufſicht uͤber ſeine
Perſon, auf den Pfleger uͤber, der jedoch die Erziehungs-
koſten von den Einkuͤnften des Pfleglings nicht abziehen
darf.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: ignoriert;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: gekennzeichnet;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
Vollständigkeit: teilweise erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/170>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.