In Erwägung, daß, wenn gleich das Gesetz keine zurück- wirkende Kraft haben darf, und nur für die Zukunft ver- bietende Vorschriften enthält, es gleichwohl auf der andern Seite gewiß ist, daß ein neues Gesetz die Folgen eines vor- hergehenden verändern kann, ohne jedoch wohl erworbene Rechte zu kränken;
Daß folglich das Verbot solcher Substitutionen jeden Anfall und jede künftige Vollziehung derselben verhindert, wenn nicht schon wirklich ein Recht erworben ist;
Daß daher die Frage entsteht: ob vor dem Tode des mit dem Fideicommiß Belasteten ein Recht erworben sey?
Daß man wohl sagen könnte, es hätten bey Lebzeiten des Belasteten die Fideicommißerben nur bloß eine Hoffnung, ein bedingtes Recht, abhängig theils von verschiedenen Ereignissen, welche die Substitutionen vereiteln können, theils von ihrem Ueberleben, woraus es sich dann folgern ließe, daß sie kein so begründetes Recht haben, um nicht der Wirkung eines, vor dem Ereignisse, wodurch sie in den Besitz gesetzt werden, erlassenen Gesetzes unterworfen zu seyn;
Daß man dagegen aber auch einwenden kann, es habe sich der vor dem 1sten Januar 1808 geborne Fideicommiß- erbe auf die Substitution, zu welcher er berufen war, Rech- nung gemacht; er sey aus einer in Rücksicht auf das Fideicommiß eingegangenen Ehe geboren; er habe, wenn er volljährig war, in der wahrscheinlichen Erwartung, das Fideicommiß zu erhalten, Verbindlichkeiten übernommen, oder es hätten, im Falle er minderjährig war, seine Eltern Verfügungen in Beziehung auf das Fideicommiß treffen können, so daß, wenn man diejenigen, welche zunächst
Anhang.
In Erwaͤgung, daß, wenn gleich das Geſetz keine zuruͤck- wirkende Kraft haben darf, und nur fuͤr die Zukunft ver- bietende Vorſchriften enthaͤlt, es gleichwohl auf der andern Seite gewiß iſt, daß ein neues Geſetz die Folgen eines vor- hergehenden veraͤndern kann, ohne jedoch wohl erworbene Rechte zu kraͤnken;
Daß folglich das Verbot ſolcher Subſtitutionen jeden Anfall und jede kuͤnftige Vollziehung derſelben verhindert, wenn nicht ſchon wirklich ein Recht erworben iſt;
Daß daher die Frage entſteht: ob vor dem Tode des mit dem Fideicommiß Belaſteten ein Recht erworben ſey?
Daß man wohl ſagen koͤnnte, es haͤtten bey Lebzeiten des Belaſteten die Fideicommißerben nur bloß eine Hoffnung, ein bedingtes Recht, abhaͤngig theils von verſchiedenen Ereigniſſen, welche die Subſtitutionen vereiteln koͤnnen, theils von ihrem Ueberleben, woraus es ſich dann folgern ließe, daß ſie kein ſo begruͤndetes Recht haben, um nicht der Wirkung eines, vor dem Ereigniſſe, wodurch ſie in den Beſitz geſetzt werden, erlaſſenen Geſetzes unterworfen zu ſeyn;
Daß man dagegen aber auch einwenden kann, es habe ſich der vor dem 1ſten Januar 1808 geborne Fideicommiß- erbe auf die Subſtitution, zu welcher er berufen war, Rech- nung gemacht; er ſey aus einer in Ruͤckſicht auf das Fideicommiß eingegangenen Ehe geboren; er habe, wenn er volljaͤhrig war, in der wahrſcheinlichen Erwartung, das Fideicommiß zu erhalten, Verbindlichkeiten uͤbernommen, oder es haͤtten, im Falle er minderjaͤhrig war, ſeine Eltern Verfuͤgungen in Beziehung auf das Fideicommiß treffen koͤnnen, ſo daß, wenn man diejenigen, welche zunaͤchſt
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Anhang.
In Erwaͤgung, daß, wenn gleich das Geſetz keine zuruͤck-
wirkende Kraft haben darf, und nur fuͤr die Zukunft ver-
bietende Vorſchriften enthaͤlt, es gleichwohl auf der andern
Seite gewiß iſt, daß ein neues Geſetz die Folgen eines vor-
hergehenden veraͤndern kann, ohne jedoch wohl erworbene
Rechte zu kraͤnken;
Daß folglich das Verbot ſolcher Subſtitutionen jeden
Anfall und jede kuͤnftige Vollziehung derſelben verhindert,
wenn nicht ſchon wirklich ein Recht erworben iſt;
Daß daher die Frage entſteht: ob vor dem Tode des
mit dem Fideicommiß Belaſteten ein Recht erworben ſey?
Daß man wohl ſagen koͤnnte, es haͤtten bey Lebzeiten
des Belaſteten die Fideicommißerben nur bloß eine Hoffnung,
ein bedingtes Recht, abhaͤngig theils von verſchiedenen
Ereigniſſen, welche die Subſtitutionen vereiteln koͤnnen,
theils von ihrem Ueberleben, woraus es ſich dann folgern
ließe, daß ſie kein ſo begruͤndetes Recht haben, um nicht
der Wirkung eines, vor dem Ereigniſſe, wodurch ſie in
den Beſitz geſetzt werden, erlaſſenen Geſetzes unterworfen
zu ſeyn;
Daß man dagegen aber auch einwenden kann, es habe
ſich der vor dem 1ſten Januar 1808 geborne Fideicommiß-
erbe auf die Subſtitution, zu welcher er berufen war, Rech-
nung gemacht; er ſey aus einer in Ruͤckſicht auf das
Fideicommiß eingegangenen Ehe geboren; er habe, wenn er
volljaͤhrig war, in der wahrſcheinlichen Erwartung, das
Fideicommiß zu erhalten, Verbindlichkeiten uͤbernommen,
oder es haͤtten, im Falle er minderjaͤhrig war, ſeine Eltern
Verfuͤgungen in Beziehung auf das Fideicommiß treffen
koͤnnen, ſo daß, wenn man diejenigen, welche zunaͤchſt
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Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 1018. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/1030>, abgerufen am 24.11.2024.
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