Mutach, Samuel: Substantzlicher Vnderricht/ Von Gerichts- und Rechts-Sachen. Bern, 1709.Zweytes Buch. Cap. I. Anfänglichwar alles gemein.gantzen Erd-Bodens ware/ und zu den Zeiten/ so nechst darauff erfolget/ wegen damahls geweßter geringer An- zahl Menschen/ der Erdboden und alles so selbiger an Wachsthumb herfürgebracht/ allgemein/ und das Eigen- thumbs-Recht noch unbekannt gewesen; Der Mensch be- nügte sich mit wenigem/ lebte schlecht und gerecht dahar/ der Erdboden schaffte ihme ohne angewendte Pflantzung seine Nahrung zu genügen/ und bedörffte also keiner Vor- sorg für seine und der Seinigen Verpfleg: Nachdeme aber die Nachkommenschafft sich dergestalten vermehret/ daß sie sich nicht mehr auß denen durch die freywillige Erzeugung der Natur herfürgebrachten Früchten gnugsamb zuerneh- ren vermochte/ und dardurch Hunger und Mangel under den Menschen einzureissen begunte/ da ratheten selbige ein/ durch Arbeit und Kunst der Noht zubegegnen/ der Hun- gerleidende hebte an das Erdreich zu arbeiten/ zu bauen und zu pflantzen; Die Zeit/ welche die Mutter der Erfahrung ist/ weisete ihme bald einen bald andern Vortheil/ die Erden fruchtbarer zu machen; Die Vernunfft dictierte daß ein je- der seiner Arbeit genoß werden solte/ damahls erreichte Wie her- nach das Eigenthu angefan- gen.das Erstere Recht der Gemeinschafft aller Sachen seine Endschafft/ und wurde verwechslet durch das Eigen- thumbs-Recht/ dadurch ein jeder sich vernügen möchte mit deme/ so er durch billiche Mittel eroberte; Darauff er- folgte auch der Underscheid under den Menschen/ Reich- thumb und Armuth; Der jenige so von Natur mit herr- lichen Gemüths-und Leibs-Gaaben beseliget/ samblete reichlich für sich und die Seinen die Frücht seiner Embsig- keit und guter Anschlägen/ da hingegen der Träge und Hinlässige mit dem Mangel gestrafft/ von dem Reichen durch Knechtische Dienstbarkeit seine Nahrung auß bitten müßte: Gleich den Nahrungs-Mittlen geriethe auch das Erd-
Zweytes Buch. Cap. I. Anfaͤnglichwar alles gemein.gantzen Erd-Bodens ware/ und zu den Zeiten/ ſo nechſt darauff erfolget/ wegen damahls geweßter geringer An- zahl Menſchen/ der Erdboden und alles ſo ſelbiger an Wachsthumb herfuͤrgebracht/ allgemein/ und das Eigen- thumbs-Recht noch unbekannt geweſen; Der Menſch be- nuͤgte ſich mit wenigem/ lebte ſchlecht und gerecht dahar/ der Erdboden ſchaffte ihme ohne angewendte Pflantzung ſeine Nahrung zu genuͤgen/ und bedoͤrffte alſo keiner Vor- ſorg fuͤr ſeine und der Seinigen Verpfleg: Nachdeme aber die Nachkommenſchafft ſich dergeſtalten vermehret/ daß ſie ſich nicht mehr auß denen durch die freywillige Erzeugung der Natur herfuͤrgebrachten Fruͤchten gnugſamb zuerneh- ren vermochte/ und dardurch Hunger und Mangel under den Menſchen einzureiſſen begunte/ da ratheten ſelbige ein/ durch Arbeit und Kunſt der Noht zubegegnen/ der Hun- gerleidende hebte an das Erdreich zu arbeiten/ zu bauen und zu pflantzen; Die Zeit/ welche die Mutter der Erfahrung iſt/ weiſete ihme bald einen bald andern Vortheil/ die Erden fruchtbarer zu machen; Die Vernunfft dictierte daß ein je- der ſeiner Arbeit genoß werden ſolte/ damahls erꝛeichte Wie her- nach das Eigenthũ angefan- gen.das Erſtere Recht der Gemeinſchafft aller Sachen ſeine Endſchafft/ und wurde verwechslet durch das Eigen- thumbs-Recht/ dadurch ein jeder ſich vernuͤgen moͤchte mit deme/ ſo er durch billiche Mittel eroberte; Darauff er- folgte auch der Underſcheid under den Menſchen/ Reich- thumb und Armuth; Der jenige ſo von Natur mit herꝛ- lichen Gemuͤths-und Leibs-Gaaben beſeliget/ ſamblete reichlich fuͤr ſich und die Seinen die Fruͤcht ſeiner Embſig- keit und guter Anſchlaͤgen/ da hingegen der Traͤge und Hinlaͤſſige mit dem Mangel geſtrafft/ von dem Reichen durch Knechtiſche Dienſtbarkeit ſeine Nahrung auß bitten muͤßte: Gleich den Nahrungs-Mittlen geriethe auch das Erd-
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Zweytes Buch. Cap. I.
gantzen Erd-Bodens ware/ und zu den Zeiten/ ſo nechſt
darauff erfolget/ wegen damahls geweßter geringer An-
zahl Menſchen/ der Erdboden und alles ſo ſelbiger an
Wachsthumb herfuͤrgebracht/ allgemein/ und das Eigen-
thumbs-Recht noch unbekannt geweſen; Der Menſch be-
nuͤgte ſich mit wenigem/ lebte ſchlecht und gerecht dahar/
der Erdboden ſchaffte ihme ohne angewendte Pflantzung
ſeine Nahrung zu genuͤgen/ und bedoͤrffte alſo keiner Vor-
ſorg fuͤr ſeine und der Seinigen Verpfleg: Nachdeme aber
die Nachkommenſchafft ſich dergeſtalten vermehret/ daß ſie
ſich nicht mehr auß denen durch die freywillige Erzeugung
der Natur herfuͤrgebrachten Fruͤchten gnugſamb zuerneh-
ren vermochte/ und dardurch Hunger und Mangel under
den Menſchen einzureiſſen begunte/ da ratheten ſelbige ein/
durch Arbeit und Kunſt der Noht zubegegnen/ der Hun-
gerleidende hebte an das Erdreich zu arbeiten/ zu bauen und
zu pflantzen; Die Zeit/ welche die Mutter der Erfahrung iſt/
weiſete ihme bald einen bald andern Vortheil/ die Erden
fruchtbarer zu machen; Die Vernunfft dictierte daß ein je-
der ſeiner Arbeit genoß werden ſolte/ damahls erꝛeichte
das Erſtere Recht der Gemeinſchafft aller Sachen ſeine
Endſchafft/ und wurde verwechslet durch das Eigen-
thumbs-Recht/ dadurch ein jeder ſich vernuͤgen moͤchte mit
deme/ ſo er durch billiche Mittel eroberte; Darauff er-
folgte auch der Underſcheid under den Menſchen/ Reich-
thumb und Armuth; Der jenige ſo von Natur mit herꝛ-
lichen Gemuͤths-und Leibs-Gaaben beſeliget/ ſamblete
reichlich fuͤr ſich und die Seinen die Fruͤcht ſeiner Embſig-
keit und guter Anſchlaͤgen/ da hingegen der Traͤge und
Hinlaͤſſige mit dem Mangel geſtrafft/ von dem Reichen
durch Knechtiſche Dienſtbarkeit ſeine Nahrung auß bitten
muͤßte: Gleich den Nahrungs-Mittlen geriethe auch das
Erd-
Anfaͤnglich
war alles
gemein.
Wie her-
nach das
Eigenthũ
angefan-
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Zitationshilfe: | Mutach, Samuel: Substantzlicher Vnderricht/ Von Gerichts- und Rechts-Sachen. Bern, 1709, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mutach_underricht_1709/52>, abgerufen am 16.07.2024. |