aber hat ein Berliner Konstabel einen Schuß dagegen gewagt, der das ganze Phönomenon auf einmal zerstöret hat. Will das so viel sagen, ein kalter philoso- phischer Kopf, an dem aber eine feine zart- fühlende Nase hervorragen mag, hat in ei- nem sonderbaren Traktätlein gar anschau- lich dargethan, daß Einige der Zürcher Feu- erköpf, bey der vermeinten Abendmahlwein Vergiftung, nach ihrer Gewohnheit zu früh Lerm geblasen, eine Katz' für einen Meer- wolf, einen Schatten für ein Nachtgespenst, ein Stücklein Faulholz für eine Todtenker- ze ausgeschrieen haben. Denn wer das abentheuerliche liebe, dem fehl es nie an Abentheuern, und da könn es leicht begeg- nen, daß sich einer an einer Windmühl verstoß und sie für einen großmächtigen Riesen anseh. Die ganze Sach lauf' nach genauer Erwägung aller Umständ' auf ein Glaukom hinaus, und das Wahre an der
Zürcher
aber hat ein Berliner Konſtabel einen Schuß dagegen gewagt, der das ganze Phoͤnomenon auf einmal zerſtoͤret hat. Will das ſo viel ſagen, ein kalter philoſo- phiſcher Kopf, an dem aber eine feine zart- fuͤhlende Naſe hervorragen mag, hat in ei- nem ſonderbaren Traktaͤtlein gar anſchau- lich dargethan, daß Einige der Zuͤrcher Feu- erkoͤpf, bey der vermeinten Abendmahlwein Vergiftung, nach ihrer Gewohnheit zu fruͤh Lerm geblaſen, eine Katz’ fuͤr einen Meer- wolf, einen Schatten fuͤr ein Nachtgeſpenſt, ein Stuͤcklein Faulholz fuͤr eine Todtenker- ze ausgeſchrieen haben. Denn wer das abentheuerliche liebe, dem fehl es nie an Abentheuern, und da koͤnn es leicht begeg- nen, daß ſich einer an einer Windmuͤhl verſtoß und ſie fuͤr einen großmaͤchtigen Rieſen anſeh. Die ganze Sach lauf’ nach genauer Erwaͤgung aller Umſtaͤnd’ auf ein Glaukom hinaus, und das Wahre an der
Zuͤrcher
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aber hat ein Berliner Konſtabel einen
Schuß dagegen gewagt, der das ganze
Phoͤnomenon auf einmal zerſtoͤret hat.
Will das ſo viel ſagen, ein kalter philoſo-
phiſcher Kopf, an dem aber eine feine zart-
fuͤhlende Naſe hervorragen mag, hat in ei-
nem ſonderbaren Traktaͤtlein gar anſchau-
lich dargethan, daß Einige der Zuͤrcher Feu-
erkoͤpf, bey der vermeinten Abendmahlwein
Vergiftung, nach ihrer Gewohnheit zu fruͤh
Lerm geblaſen, eine Katz’ fuͤr einen Meer-
wolf, einen Schatten fuͤr ein Nachtgeſpenſt,
ein Stuͤcklein Faulholz fuͤr eine Todtenker-
ze ausgeſchrieen haben. Denn wer das
abentheuerliche liebe, dem fehl es nie an
Abentheuern, und da koͤnn es leicht begeg-
nen, daß ſich einer an einer Windmuͤhl
verſtoß und ſie fuͤr einen großmaͤchtigen
Rieſen anſeh. Die ganze Sach lauf’ nach
genauer Erwaͤgung aller Umſtaͤnd’ auf ein
Glaukom hinaus, und das Wahre an der
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/87>, abgerufen am 25.11.2024.
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