Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

die durch die Kriminalgesetze noch nicht pro-
portionirlich verpönt wären; es ahnde ihm
bereits das Geständniß einer schwarzen
That; iedoch sey er voriezt nicht im Stande,
sich weiter darüber auszulassen. Nahm da-
bey eine mysteriöse Mine an, welche allen
Gerichtsassessoren sonderbare Dinge erwar-
ten ließ, und ersuchte das Gericht um die
Erlaubniß, Jnquisiten auf den Nachmittag
zu einem geheimen Verhör berufen zu lassen,
wobey außer dem Justiziarius, keinem von
den physiognomischen Beysitzern zugegen zu
seyn, wichtiger Ursachen halber gestattet
werden könne. Nachdem seinem Gesuch
war deferiret worden, fand Judicium gut
für diesmal zu adjourniren.

Mich nahm Wunder, mit welcher Zu-
verläßigkeit Freund Spörtler seine physio-
gnomischen Decisa fällete, ohne im gering-
sten zu häsitiren, welches ein sicherer Be-
weiß seiner vollen Ueberzeugung von der

Untrüg-
C 4

die durch die Kriminalgeſetze noch nicht pro-
portionirlich verpoͤnt waͤren; es ahnde ihm
bereits das Geſtaͤndniß einer ſchwarzen
That; iedoch ſey er voriezt nicht im Stande,
ſich weiter daruͤber auszulaſſen. Nahm da-
bey eine myſterioͤſe Mine an, welche allen
Gerichtsaſſeſſoren ſonderbare Dinge erwar-
ten ließ, und erſuchte das Gericht um die
Erlaubniß, Jnquiſiten auf den Nachmittag
zu einem geheimen Verhoͤr berufen zu laſſen,
wobey außer dem Juſtiziarius, keinem von
den phyſiognomiſchen Beyſitzern zugegen zu
ſeyn, wichtiger Urſachen halber geſtattet
werden koͤnne. Nachdem ſeinem Geſuch
war deferiret worden, fand Judicium gut
fuͤr diesmal zu adjourniren.

Mich nahm Wunder, mit welcher Zu-
verlaͤßigkeit Freund Spoͤrtler ſeine phyſio-
gnomiſchen Deciſa faͤllete, ohne im gering-
ſten zu haͤſitiren, welches ein ſicherer Be-
weiß ſeiner vollen Ueberzeugung von der

Untruͤg-
C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="39"/>
die durch die Kriminalge&#x017F;etze noch nicht pro-<lb/>
portionirlich verpo&#x0364;nt wa&#x0364;ren; es ahnde ihm<lb/>
bereits das Ge&#x017F;ta&#x0364;ndniß einer &#x017F;chwarzen<lb/>
That; iedoch &#x017F;ey er voriezt nicht im Stande,<lb/>
&#x017F;ich weiter daru&#x0364;ber auszula&#x017F;&#x017F;en. Nahm da-<lb/>
bey eine my&#x017F;terio&#x0364;&#x017F;e Mine an, welche allen<lb/>
Gerichtsa&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;oren &#x017F;onderbare Dinge erwar-<lb/>
ten ließ, und er&#x017F;uchte das Gericht um die<lb/>
Erlaubniß, Jnqui&#x017F;iten auf den Nachmittag<lb/>
zu einem geheimen Verho&#x0364;r berufen zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wobey außer dem Ju&#x017F;tiziarius, keinem von<lb/>
den phy&#x017F;iognomi&#x017F;chen Bey&#x017F;itzern zugegen zu<lb/>
&#x017F;eyn, wichtiger Ur&#x017F;achen halber ge&#x017F;tattet<lb/>
werden ko&#x0364;nne. Nachdem &#x017F;einem Ge&#x017F;uch<lb/>
war deferiret worden, fand Judicium gut<lb/>
fu&#x0364;r diesmal zu adjourniren.</p><lb/>
        <p>Mich nahm Wunder, mit welcher Zu-<lb/>
verla&#x0364;ßigkeit Freund Spo&#x0364;rtler &#x017F;eine phy&#x017F;io-<lb/>
gnomi&#x017F;chen Deci&#x017F;a fa&#x0364;llete, ohne im gering-<lb/>
&#x017F;ten zu ha&#x0364;&#x017F;itiren, welches ein &#x017F;icherer Be-<lb/>
weiß &#x017F;einer vollen Ueberzeugung von der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Untru&#x0364;g-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0047] die durch die Kriminalgeſetze noch nicht pro- portionirlich verpoͤnt waͤren; es ahnde ihm bereits das Geſtaͤndniß einer ſchwarzen That; iedoch ſey er voriezt nicht im Stande, ſich weiter daruͤber auszulaſſen. Nahm da- bey eine myſterioͤſe Mine an, welche allen Gerichtsaſſeſſoren ſonderbare Dinge erwar- ten ließ, und erſuchte das Gericht um die Erlaubniß, Jnquiſiten auf den Nachmittag zu einem geheimen Verhoͤr berufen zu laſſen, wobey außer dem Juſtiziarius, keinem von den phyſiognomiſchen Beyſitzern zugegen zu ſeyn, wichtiger Urſachen halber geſtattet werden koͤnne. Nachdem ſeinem Geſuch war deferiret worden, fand Judicium gut fuͤr diesmal zu adjourniren. Mich nahm Wunder, mit welcher Zu- verlaͤßigkeit Freund Spoͤrtler ſeine phyſio- gnomiſchen Deciſa faͤllete, ohne im gering- ſten zu haͤſitiren, welches ein ſicherer Be- weiß ſeiner vollen Ueberzeugung von der Untruͤg- C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/47
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/47>, abgerufen am 22.12.2024.