waren sie den glücklichsten Erdenbürgern gleich, hielt mich daher noch eine gute Weile still. Wie sie mir aber die Zeit zu lang machten, schob ich den Fensterladen auf, griff nach meiner Uhr, zu sehn wie hoch es am Tage sey; -- konnt die Uhr nirgendwo ansichtig werden. Das schien mir bedenklich, visitirt daher meinen Man- telsack, ob er gleich von aussen ein unver- dächtig Ansehn hatte, wunderte mich bas, als ich ein Bündel Heu hervor zog; aber weder Wäsche, Kleider, noch die Dukaten, an welchen Balthasar Kochs Seufzer hin- gen, darinnen fand. Da vermerkt' ich Unrath, brach mit Ungestüm in die Kam- mer um die Wirthsleute aus dem Schlaf zu stöhren: aber das Nest war ledig, und das Diebsgesindel hatte sich mit Sack und Pack durchs Fenster davon gemacht.
Weiß nicht was mir weher that, mein Verlust oder das abermalige physiognomi-
sche
waren ſie den gluͤcklichſten Erdenbuͤrgern gleich, hielt mich daher noch eine gute Weile ſtill. Wie ſie mir aber die Zeit zu lang machten, ſchob ich den Fenſterladen auf, griff nach meiner Uhr, zu ſehn wie hoch es am Tage ſey; — konnt die Uhr nirgendwo anſichtig werden. Das ſchien mir bedenklich, viſitirt daher meinen Man- telſack, ob er gleich von auſſen ein unver- daͤchtig Anſehn hatte, wunderte mich bas, als ich ein Buͤndel Heu hervor zog; aber weder Waͤſche, Kleider, noch die Dukaten, an welchen Balthaſar Kochs Seufzer hin- gen, darinnen fand. Da vermerkt’ ich Unrath, brach mit Ungeſtuͤm in die Kam- mer um die Wirthsleute aus dem Schlaf zu ſtoͤhren: aber das Neſt war ledig, und das Diebsgeſindel hatte ſich mit Sack und Pack durchs Fenſter davon gemacht.
Weiß nicht was mir weher that, mein Verluſt oder das abermalige phyſiognomi-
ſche
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waren ſie den gluͤcklichſten Erdenbuͤrgern
gleich, hielt mich daher noch eine gute
Weile ſtill. Wie ſie mir aber die Zeit zu
lang machten, ſchob ich den Fenſterladen
auf, griff nach meiner Uhr, zu ſehn wie
hoch es am Tage ſey; — konnt die Uhr
nirgendwo anſichtig werden. Das ſchien
mir bedenklich, viſitirt daher meinen Man-
telſack, ob er gleich von auſſen ein unver-
daͤchtig Anſehn hatte, wunderte mich bas,
als ich ein Buͤndel Heu hervor zog; aber
weder Waͤſche, Kleider, noch die Dukaten,
an welchen Balthaſar Kochs Seufzer hin-
gen, darinnen fand. Da vermerkt’ ich
Unrath, brach mit Ungeſtuͤm in die Kam-
mer um die Wirthsleute aus dem Schlaf
zu ſtoͤhren: aber das Neſt war ledig, und
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/294>, abgerufen am 25.11.2024.
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