Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

daß ich euch gefunden habe, wie das erste
Paar im Garten Eden, eben so wenig
mit Bedürfnissen belastet und darum auch
eben so glücklich, durch keinen mißlichen
Besitz, durch keinen geizigen Wunsch, durch
keine stürmende Begierde gestöhrt, einander
alles in allem zu seyn. Jch habe ein Haus
besucht das Engel Gottes auch schon be-
traten?

Nach diesem empfindsamen Auftritt hieß
mich die Wirthin erst willkommen, tischte
eine patriarchalische Mahlzeit auf, deren
sich der Vater der Gläubigen nicht würde
geschämt haben, eine weitvornehmere Ge-
sellschaft damit zu bewirthen. Mein Ma-
gen war kein Kostverächter, denn er befand
sich eben bey Laune. Kan überhaupt nicht
sagen, daß er sehr diffizil sey, ausser etwan
bey einem spleenischen Anfall, da stellt er
zuweilen die nämlichen Betrachtungen über
die Verdaulichkeit der Speisen an, wie

Herr
S

daß ich euch gefunden habe, wie das erſte
Paar im Garten Eden, eben ſo wenig
mit Beduͤrfniſſen belaſtet und darum auch
eben ſo gluͤcklich, durch keinen mißlichen
Beſitz, durch keinen geizigen Wunſch, durch
keine ſtuͤrmende Begierde geſtoͤhrt, einander
alles in allem zu ſeyn. Jch habe ein Haus
beſucht das Engel Gottes auch ſchon be-
traten?

Nach dieſem empfindſamen Auftritt hieß
mich die Wirthin erſt willkommen, tiſchte
eine patriarchaliſche Mahlzeit auf, deren
ſich der Vater der Glaͤubigen nicht wuͤrde
geſchaͤmt haben, eine weitvornehmere Ge-
ſellſchaft damit zu bewirthen. Mein Ma-
gen war kein Koſtveraͤchter, denn er befand
ſich eben bey Laune. Kan uͤberhaupt nicht
ſagen, daß er ſehr diffizil ſey, auſſer etwan
bey einem ſpleeniſchen Anfall, da ſtellt er
zuweilen die naͤmlichen Betrachtungen uͤber
die Verdaulichkeit der Speiſen an, wie

Herr
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0281" n="273"/>
daß ich euch gefunden habe, wie das er&#x017F;te<lb/>
Paar im Garten Eden, eben &#x017F;o wenig<lb/>
mit Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en bela&#x017F;tet und darum auch<lb/>
eben &#x017F;o glu&#x0364;cklich, durch keinen mißlichen<lb/>
Be&#x017F;itz, durch keinen geizigen Wun&#x017F;ch, durch<lb/>
keine &#x017F;tu&#x0364;rmende Begierde ge&#x017F;to&#x0364;hrt, einander<lb/>
alles in allem zu &#x017F;eyn. Jch habe ein Haus<lb/>
be&#x017F;ucht das Engel Gottes auch &#x017F;chon be-<lb/>
traten?</p><lb/>
        <p>Nach die&#x017F;em empfind&#x017F;amen Auftritt hieß<lb/>
mich die Wirthin er&#x017F;t willkommen, ti&#x017F;chte<lb/>
eine patriarchali&#x017F;che Mahlzeit auf, deren<lb/>
&#x017F;ich der Vater der Gla&#x0364;ubigen nicht wu&#x0364;rde<lb/>
ge&#x017F;cha&#x0364;mt haben, eine weitvornehmere Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft damit zu bewirthen. Mein Ma-<lb/>
gen war kein Ko&#x017F;tvera&#x0364;chter, denn er befand<lb/>
&#x017F;ich eben bey Laune. Kan u&#x0364;berhaupt nicht<lb/>
&#x017F;agen, daß er &#x017F;ehr diffizil &#x017F;ey, au&#x017F;&#x017F;er etwan<lb/>
bey einem &#x017F;pleeni&#x017F;chen Anfall, da &#x017F;tellt er<lb/>
zuweilen die na&#x0364;mlichen Betrachtungen u&#x0364;ber<lb/>
die Verdaulichkeit der Spei&#x017F;en an, wie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S</fw><fw place="bottom" type="catch">Herr</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0281] daß ich euch gefunden habe, wie das erſte Paar im Garten Eden, eben ſo wenig mit Beduͤrfniſſen belaſtet und darum auch eben ſo gluͤcklich, durch keinen mißlichen Beſitz, durch keinen geizigen Wunſch, durch keine ſtuͤrmende Begierde geſtoͤhrt, einander alles in allem zu ſeyn. Jch habe ein Haus beſucht das Engel Gottes auch ſchon be- traten? Nach dieſem empfindſamen Auftritt hieß mich die Wirthin erſt willkommen, tiſchte eine patriarchaliſche Mahlzeit auf, deren ſich der Vater der Glaͤubigen nicht wuͤrde geſchaͤmt haben, eine weitvornehmere Ge- ſellſchaft damit zu bewirthen. Mein Ma- gen war kein Koſtveraͤchter, denn er befand ſich eben bey Laune. Kan uͤberhaupt nicht ſagen, daß er ſehr diffizil ſey, auſſer etwan bey einem ſpleeniſchen Anfall, da ſtellt er zuweilen die naͤmlichen Betrachtungen uͤber die Verdaulichkeit der Speiſen an, wie Herr S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/281
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/281>, abgerufen am 25.11.2024.