einen Physiognomisten fragte: wie viel Thaler sein Gesicht werth sey? Als nun dieser antwortete: Das wäre schwer zu sa- gen, sprach der Fragende: funfzehn hun- dert Thaler, denn so viel lieh mir einer, dem ich gänzlich unbekannt war, auf mein bloßes Gesicht. Diese Anekdote mag auf Jhre Frage zur Antwort dienen. Auf ihr Gesicht, ehrlicher Mann, zahl ich, wenn ichs im Seckel trüg, funfzehn hundert baare Thaler hier auf diesen Tisch.
Er. Zu viel! zu viel! Nein mein Herr, was recht ist. Jm vorletzten Krieg war mein Kopf seine tausend Thaler werth, den ietzigen Preißcourrant weiß ich nicht so ge- nau; eine Waare steigt und fällt nach dem sie gesucht wird.
Jch. Ey mit Jhrem Kopf! Jch höre wohl Sie sind kein Kunstgenoß, auf den Kopf borgt kein Mensch einen Pfennig werth, sonst würden unsre guten Köpfe, die
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einen Phyſiognomiſten fragte: wie viel Thaler ſein Geſicht werth ſey? Als nun dieſer antwortete: Das waͤre ſchwer zu ſa- gen, ſprach der Fragende: funfzehn hun- dert Thaler, denn ſo viel lieh mir einer, dem ich gaͤnzlich unbekannt war, auf mein bloßes Geſicht. Dieſe Anekdote mag auf Jhre Frage zur Antwort dienen. Auf ihr Geſicht, ehrlicher Mann, zahl ich, wenn ichs im Seckel truͤg, funfzehn hundert baare Thaler hier auf dieſen Tiſch.
Er. Zu viel! zu viel! Nein mein Herr, was recht iſt. Jm vorletzten Krieg war mein Kopf ſeine tauſend Thaler werth, den ietzigen Preißcourrant weiß ich nicht ſo ge- nau; eine Waare ſteigt und faͤllt nach dem ſie geſucht wird.
Jch. Ey mit Jhrem Kopf! Jch hoͤre wohl Sie ſind kein Kunſtgenoß, auf den Kopf borgt kein Menſch einen Pfennig werth, ſonſt wuͤrden unſre guten Koͤpfe, die
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einen Phyſiognomiſten fragte: wie viel
Thaler ſein Geſicht werth ſey? Als nun
dieſer antwortete: Das waͤre ſchwer zu ſa-
gen, ſprach der Fragende: funfzehn hun-
dert Thaler, denn ſo viel lieh mir einer,
dem ich gaͤnzlich unbekannt war, auf mein
bloßes Geſicht. Dieſe Anekdote mag auf
Jhre Frage zur Antwort dienen. Auf ihr
Geſicht, ehrlicher Mann, zahl ich, wenn
ichs im Seckel truͤg, funfzehn hundert baare
Thaler hier auf dieſen Tiſch.
Er. Zu viel! zu viel! Nein mein Herr,
was recht iſt. Jm vorletzten Krieg war
mein Kopf ſeine tauſend Thaler werth, den
ietzigen Preißcourrant weiß ich nicht ſo ge-
nau; eine Waare ſteigt und faͤllt nach dem
ſie geſucht wird.
Jch. Ey mit Jhrem Kopf! Jch hoͤre
wohl Sie ſind kein Kunſtgenoß, auf den
Kopf borgt kein Menſch einen Pfennig
werth, ſonſt wuͤrden unſre guten Koͤpfe, die
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/273>, abgerufen am 25.11.2024.
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