mich von einer Wärme durchdrungen, dem nachzustreben, was rühmlich und wohllau- tend ist; fühlte mich stark und wacker zu ieder edlen That. Glaub sicherlich, daß ein Mensch, der einer Engelerscheinung ge- würdiget wird, ungefähr in die nämliche Stimmung seiner Seel mag versetzet wer- den. Jch wurde von dem Gesicht derge- stalt begeistert, daß ich plötzlich ausrief: Jhre Hand, braver Mann! Jhre Hand! Danck sey dem guten Glück, das mir den herzerquickenden Anblick Jhres ehrlichen bie- dern Angesichts verliehen hat. Der Mann schien über diese unerwartete Herzensergies- sung im ersten Augenblick etwas frappirt zu seyn; aber er war gleich wieder gefaßt, blickte mich freundlich an, drückte mir die Hand: Ha, wohl mein Herr! sprach er, wie viel Thaler meinen Sie, daß dieser Kopf wohl werth sey? Sie fragen mich bald, gegenredet' ich, wie iener Unbekannte
einen
mich von einer Waͤrme durchdrungen, dem nachzuſtreben, was ruͤhmlich und wohllau- tend iſt; fuͤhlte mich ſtark und wacker zu ieder edlen That. Glaub ſicherlich, daß ein Menſch, der einer Engelerſcheinung ge- wuͤrdiget wird, ungefaͤhr in die naͤmliche Stimmung ſeiner Seel mag verſetzet wer- den. Jch wurde von dem Geſicht derge- ſtalt begeiſtert, daß ich ploͤtzlich ausrief: Jhre Hand, braver Mann! Jhre Hand! Danck ſey dem guten Gluͤck, das mir den herzerquickenden Anblick Jhres ehrlichen bie- dern Angeſichts verliehen hat. Der Mann ſchien uͤber dieſe unerwartete Herzensergieſ- ſung im erſten Augenblick etwas frappirt zu ſeyn; aber er war gleich wieder gefaßt, blickte mich freundlich an, druͤckte mir die Hand: Ha, wohl mein Herr! ſprach er, wie viel Thaler meinen Sie, daß dieſer Kopf wohl werth ſey? Sie fragen mich bald, gegenredet’ ich, wie iener Unbekannte
einen
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mich von einer Waͤrme durchdrungen, dem
nachzuſtreben, was ruͤhmlich und wohllau-
tend iſt; fuͤhlte mich ſtark und wacker zu
ieder edlen That. Glaub ſicherlich, daß
ein Menſch, der einer Engelerſcheinung ge-
wuͤrdiget wird, ungefaͤhr in die naͤmliche
Stimmung ſeiner Seel mag verſetzet wer-
den. Jch wurde von dem Geſicht derge-
ſtalt begeiſtert, daß ich ploͤtzlich ausrief:
Jhre Hand, braver Mann! Jhre Hand!
Danck ſey dem guten Gluͤck, das mir den
herzerquickenden Anblick Jhres ehrlichen bie-
dern Angeſichts verliehen hat. Der Mann
ſchien uͤber dieſe unerwartete Herzensergieſ-
ſung im erſten Augenblick etwas frappirt zu
ſeyn; aber er war gleich wieder gefaßt,
blickte mich freundlich an, druͤckte mir die
Hand: Ha, wohl mein Herr! ſprach er,
wie viel Thaler meinen Sie, daß dieſer
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/272>, abgerufen am 25.11.2024.
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